Wenn Gott klein wird

Gnade, die gross macht

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Wer auf Gnade angewiesen ist, der wird bedauert. Er ist arm dran und verdient Mitleid. Ist das etwa gemeint, wenn es heisst, dass Jesus dem Menschen mit Gnade begegnet?

In manchen älteren Advent- und Weihnachtsliedern ist das Wort Gnade noch zu finden. Ansonsten wird es heute eher selten verwendet. Mit dem Wort verbindet man einen armseligen Menschen, der auf den Knien inständig darum fleht, von einer Strafe verschont zu werden oder Hilfe zu bekommen. Die Bitte um Gnade ist sein letzter Strohhalm, an den er sich verzweifelt klammert.

Klein, mies und mickrig?

Ist dies das Verständnis von Gnade, das uns die Bibel vermittelt? Gnade geht weit darüber hinaus, und zwar in zweierlei Richtung: Zu ihr gehört, dass Gott sich klein macht und der Mensch zugleich Würde und auch Grösse erlangt.

Es heisst also nicht, dass wir uns erst schäbig und schwach fühlen müssen, um zu erleben, dass Gott uns annimmt. Das ist keine Voraussetzung. Obwohl es nicht so selten ist, dass Menschen gerade dann Gott erleben, wenn sie verzweifelt und in einer Krise sind. Das liegt aber weniger an Gott, als an den Menschen, weil sie oft erst in einer Krise nach Gott fragen und zu ihm rufen.

Gott drückt den Menschen nicht zuerst in den Dreck, sondern er hebt ihn hoch. Ja, Gnade bedeutet zwar durchaus, von Gott abhängig zu sein. Denn wo sonst sollte jemand mit seinen Fehlern und mit seiner Sünde hin? Aber nicht mit dem Ziel, dass ein Mensch sich permanent klein, mies und mickrig fühlt.

Gott wird klein

Denn nicht der Mensch wird klein und erniedrigt, sondern Gott selbst macht sich klein. Das passierte, als er seinen Sohn Jesus Mensch werden liess. Und Jesus hätte nicht kleiner und machtloser in diese Welt kommen können denn als Säugling. Hilfloser und schwächer ging es nicht. Darum geht es bei Weihnachten.

Und Jesus verzichtete auch während seines ganzen Lebens als Mensch auf göttliche Kraft und Möglichkeiten, die er jederzeit hätte haben können. Das wird besonders deutlich, als er gefangengenommen, gefoltert und schliesslich sogar ans Kreuz geschlagen wird.

Freier Zugang

Paulus, ein Lehrer und Missionar der frühen Kirche, machte sich viele Gedanken über die Gnade Gottes. Das hat einen Grund: Als Jude verstand er Frömmigkeit so, dass es vor allem darum geht, die Regeln Gottes (seine Gebote) unbedingt einzuhalten. In diesem Verständnis gab es keinen Raum für Gnade. Diese Sicht verändert sich radikal bei Paulus als er Jesus begegnet.

In der Bibel stammen die meisten Aussagen zu Gnade von diesem Paulus. In einem Brief an die Christen in Rom schrieb er: «Durch ihn haben wir freien Zugang zu der Gnade bekommen, die jetzt die Grundlage unseres Lebens ist, und im Glauben nehmen wir das auch in Anspruch.» (Römerbrief, Kapitel 5, Vers 2)

Nur annehmen

«Durch ihn», damit ist Jesus gemeint. Er ermöglichte durch seinen Tod und seine Auferstehung, dass jeder Mensch Gott erfahren kann, seine Liebe, seine Annahme und seine Vergebung. Und zwar ohne, dass man dazu etwas beitragen könnte. Das bekommt jeder Mensch unverdient oder, wie man es auch ausdrücken könnte, aus Gnade. Er muss es nur annehmen.

Während Gnade in unserem Verständnis eher etwas für bedauernswerte Geschöpfe zu sein scheint, ist es aus Gottes Sicht ein starkes «Ja» Gottes zu jedem Menschen. In dem bereits erwähnten Brief drückt es Paulus so aus: «Denn der Geist, den ihr empfangen habt, macht euch nicht zu Sklaven, sodass ihr von neuem in Angst und Furcht leben müsstet; er hat euch zu Söhnen und Töchtern gemacht... Ja, der Geist selbst bezeugt es uns in unserem Innersten, dass wir Gottes Kinder sind. Wenn wir aber Kinder sind, sind wir auch Erben – Erben Gottes und Miterben mit Christus.»  (Römerbrief, Kapitel 8, Verse 15.17) So sieht uns Gott.

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Autor: Norbert Abt
Quelle: Jesus.ch

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