Gibt es eigentlich Wunder? In der Bibel ist jedenfalls
häufiger die Rede vom übernatürlichen Eingreifen Gottes. Manche Christinnen und
Christen sind überzeugt: In biblischen Zeiten gab es Wunder – heute kommen sie
(fast) nicht mehr vor. Andere dagegen rechnen auch heute damit und scheinen sie
fast täglich zu erleben. Eine persönliche Erfahrung.
Wir hatten gerade unser
drittes Kind bekommen. Durch mein Studium waren wir finanziell allerdings sehr
knapp dran. Wir hatten gerade genug zum Leben und keinerlei Spielraum für
irgendwelche Extras. Und solch ein Extra war auch ein Auto. Meistens kamen
meine Frau und ich gut mit unseren Fahrrädern zurecht, aber es gab diese
Momente, wo wir uns ein Auto wünschten und auch dafür beteten. Wenn wir im
Winter bei Schneeregen mit den Kindern in Fahrradsitzen in den Gottesdienst
fuhren, erlebten wir immer wieder, dass liebe Gemeindeglieder sagten: «Wir
bewundern euch, dass ihr bei solch einem Wetter mit dem Fahrrad fahrt…» Na
ja. Wir waren keine Glaubenshelden. Wir hatten nur keine Alternative, ausser zu
Hause zu bleiben.
Ein
Auto fällt vom Himmel
Hauke Burgarth
In dieser Zeit bot uns ein
Freund seinen alten VW-Transporter günstig zum Kauf an. Er wollte nur einen
Freundschaftspreis dafür, doch auch der überstieg unsere Möglichkeiten. Als
meine Schwiegereltern davon erfuhren, liehen sie uns das Geld, damit wir
mobiler würden und sie auch wieder besuchen könnten. Von Rückzahlung war erst
einmal keine Rede. Ich hatte zwar zunächst Bedenken, aber schliesslich kauften
wir den Bus.
An einem Montagvormittag
fuhr ich zur Zulassungsstelle und meldete ihn auf uns an. Am selben Abend gab
es in der Region ein Unwetter. Hagelkörner so gross wie Tischtennisbälle
entlaubten Bäume, zerschlugen Gewächshäuser und beschädigten Autos. Auch unseres.
Wenn ich mich in die Schiebetür stellte und aufs Autodach schaute, konnte ich
in dem massiven Blech des alten Busses leichte Dellen erkennen. Uns störte das
nicht weiter. Und die Versicherung erstattete uns den Schaden mit genau dem
Betrag, den wir für den Bus bezahlt hatten. Wir hatten ihn also
wunderbarerweise geschenkt bekommen.
Freuen,
nicht fragen
Damals war das für mich ein
echtes Wunder. Es war zwar keine Spontanheilung von Krebs und liesse sich auch
«ganz natürlich» erklären, aber ich freute mich über dieses Geschenk. Ich freue
mich immer noch darüber. Und selbst mit dem Abstand von Jahren ist es so etwas
wie ein typisches Wunder für mich geworden: So etwas passiert mir ab und zu.
Mal bete ich dafür, mal nicht. Es stärkt mein Vertrauen in Gott und
gleichzeitig ist es mir unmöglich, daraus Regeln abzuleiten.
Hat Gott hier auf mein Gebet
gehört? Warum hat er dann in anderen Situationen nicht eingegriffen? Warum war
der Segen für mich gleichzeitig ein Schaden für viele andere? Würde ich mehr
Wunder sehen, wenn ich mehr glauben würde? Oder handelt Gott einfach zu seiner
Zeit so, wie er es will? Ich merke, dass ich kaum Antworten auf diese Fragen
finde. Offensichtlich lässt sich Gottes Handeln mit meinen Fragen nicht
greifbarer machen. Aber was habe ich bei einem Wunder auch erwartet?
Erfahrung,
aber Erfahrung vieler
Was bleibt als Fazit? Ich
habe zu viele Wunder erlebt, um sie zu ignorieren. Und ich habe zu wenige
erlebt, um daraus ein System zu machen. Aber mit dieser Erfahrung scheine ich nicht
allein zu sein. Evelyne Baumberger berichtete kürzlich bei RefLab von
einem Heilungswunder, bei dem sie ähnliches erlebte. Ihre Schlussfolgerung kann
ich gut nachvollziehen: «Mir hilft das Erlebnis, einen Funken Hoffnung sogar
dann zu bewahren, wenn etwas aussichtslos scheint. Und es hilft mir, zu
glauben, dass da mehr ist als rational zu erfassen ist. Aber das ist sehr
persönlich und lässt sich nicht auf andere übertragen… Es gibt keine Garantie
für Wunder.»