Der Schweizer Theologe Johannes Pflaum warnt vor
Verschwörungstheorien. Er werde in christlichen Gemeinden immer häufiger mit
solchen befremdenden Theorien konfrontiert, die jeglicher Grundlage entbehren.
Vor der Übernahme von Verschwörungstheorien in so
genannten «bibeltreuen» Kreisen hat der evangelische Theologe Johannes Pflaum
aus Neu St. Johann (Kanton St. Gallen) gewarnt. Er werde in christlichen
Gemeinden immer häufiger mit solchen Theorien konfrontiert, die «angeblich die
Erfüllung der endzeitlichen Prophetie sein sollen», schreibt er in der
Zeitschrift des deutschen Bibelbunds (Berlin). So werde etwa behauptet, dass
hinter den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA, der
Schweinegrippe oder der Weltfinanzkrise Geheimbünde wie die Freimaurer und die
Illuminaten steckten, die die Vereinten Nationen, die Weltpolitik und die
Massenmedien für ihre Zwecke benutzten. Die meisten Verschwörungstheorien
stammen laut Pflaum aus fünf Quellen: von Sozialisten, Rechtsextremisten,
Esoterikern, Islamisten und erzkatholischen Kreisen. Als Hauptschuldige der
Weltverschwörung würden zum einen die USA als «Abgrund allen Bösen» genannt
sowie das Weltjudentum oder der Staat Israel, die die USA und das Freimaurertum
steuerten.
Halbwahrheiten und Spekulationen
Pflaum zufolge
enthalten Verschwörungstheorien einzelne wahre Fakten, die mit unbeweisbaren
Spekulationen, Halbwahrheiten und Wahrheitsverdrehungen kombiniert würden.
Daraus entstehe ein Gebilde, das sich nicht beweisen und widerlegen lasse. So
stimme es, dass eine Reihe von US-Präsidenten Freimaurer waren: «Aus diesem
wahren Kern wird dann die völlig unbeweisbare Aussage kombiniert, dass die USA
von jeher und die Weltpolitik seit langer Zeit von den Freimaurern nach
Belieben gesteuert werden.» Ein Christ habe ihm – Pflaum – auch weismachen
wollen, dass – wenn man die auf dem Ein-Dollar-Schein abgebildete Pyramide
vergrößere – auf einem Stein der Name CVJM zu lesen wäre und diese Organisation
deshalb auch zum Weltfreimaurertum zähle. In Wirklichkeit sei kein einziger
dieser Steine beschriftet. Pflaum: «Es ist manchmal erschreckend, wie gerade
unter Gläubigen leichtfertig irgendwelche Dinge übernommen werden, nur weil sie
scheinbar in das eigene System passen, ohne nachzufragen, aus welchen Quellen
sie stammen.»
Gott hat das Heft in der Hand
Pflaum hält es von
der Bibel her «für immer wahrscheinlicher, dass all diese Verschwörungstheorien
selbst ein Teil der endzeitlichen Verführung sind». Die Theorien zögen die
Christen in eine falsche Richtung: «Es ist nicht mehr Gott, der aktiv handelt
und seine Absichten entgegen allen menschlichen Verschwörungstheorien und
Plänen durchführt, sondern plötzlich hat das angebliche Weltfreimaurertum oder
sonst jemand das Heft in der Hand.» Nach der Bibel gebe es jedoch im Vorfeld
des antichristlichen Reiches keine Spur einer jahrzehntelangen Verschwörung
oder eines Gesamtplans irgendwelcher Geheimbruderschaften: «Gott bleibt der
souverän Handelnde, auch in dem Abfall und all dem Einfluss der
Finsternismächte, welche dem Auftreten des Antichristus vorausgehen.» Pflaum
gehört zum Vorstand des schweizerischen Bibelbunds. Er lehrt Bibelkunde und
Homiletik am „Europäischen Bibel Trainings Centrum“ in Zürich. Der 1894 in
Pommern gegründete Bibelbund tritt für eine «schriftgebundene christliche
Lehre» ein und wendet sich gegen Bibelkritik und eine Liberalisierung der
Theologie.
Zitat zum
Thema:
«Wenn im Glauben Ebbe ist, steigt beim Aberglauben die Flut.» (Peter Hahne,
deutscher TV-Moderator und Buchautor)