Unser Körper widerspiegelt unser Wesen, meine Haltung verrät vieles über mich. Jemand mit einer Depression geht nicht aufrecht, eine stolze Person nicht gebückt. Wohl sagt man: «Kleider machen Leute», doch unter den Kleidern stecke ich. Ganz nackt, ganz bloss, ganz arm.
Psychosomatische Erscheinungen sind schwierig in der persönlichen Deutung. Meist reagiert der Körper, weil wir selbst nicht von anderen Reaktionsmöglichkeiten Gebrauch machen wollten. Meine «Kleider» beherrschen mich. In meiner Arbeit erlebe ich Patienten mit psychosomatischen Leiden als ausgesprochen hartnäckig im Angehen der psychischen Probleme.
Das Leiden wird von ihnen oft nur auf den Körper bezogen. Heilung wird immer wieder neuen und noch spezialisierteren Ärzten delegiert. So hat man immer wieder neu einen Schuldigen, wenn es nicht besser wird. Die eigene Verantwortung grenzt der psychosomatisch Leidende meist aus. Doch gerade hier würde die persönliche Reflektion der Situation sehr ertragreich sein: Was wollen mir diese Schmerzen sagen? Wozu kann das für mich gut sein?
Es wäre jedoch falsch, vom jeweiligen Symptom sofort auf die Probleme zu schliessen. Unterschiedliche Menschen reagieren auf unterschiedliche Probleme logischerweise auch anders.
Steine im Bauch
Ich selbst hatte vor Anlässen, bei denen ich Verantwortung trug, öfter Bauchschmerzen. Manchmal litt ich mehr als eine Woche im Voraus, manchmal nur am Vortag. Hie und da suchte ich den Arzt auf, weil die Schmerzen in der Magengegend recht stark waren. Etwa fünf Jahre nachdem ich diese Schmerzen deutlicher festgestellt habe, sagte mir ein befreundeter Arzt, dass ich ruhig über meine Angst reden dürfte. Im ersten Augenblick habe ich mich über diese Person sehr geärgert. In meinem Kopf war keine Angst, ich wusste, dass mir gar nichts geschehen konnte, auch wenn ich in meinen Aufgaben versagen würde. Ich hatte so viele Argumente gegen die Angst, dass sie auf meine Magengegend ausweichen musste. Ich lernte die Empfehlung des Freundes ernst zu nehmen und über die Angst «meines Bauches» zu reden. Die Bauchschmerzen vor Anlässen nahmen ab und sind heute kaum mehr da.
Opfer oder Täter?
Sehr häufig ist das Symptom des Engegefühls und des dazugehörigen hastigen Atmens (Hyperventilation), das in der Folge zu kurzer Bewusstlosigkeit führen kann. Es ist zu beobachten, dass viele dieser Personen Mühe haben, sich abzugrenzen. Sie können nicht Nein sagen und haben immer wieder den Eindruck, sie müssen alles machen, was an sie herangetragen wird. Weil sie das nicht tun können, brauchen sie unbewusst eine Form, bei der man deutlich sieht, dass sie im Moment ausser Stande sind, den Forderungen nachzukommen.
Fordern oder Überfordern?
Markus klagte über starke Kopfschmerzen. Diese Schmerzen prägten seine Situation. Der Druck von Arbeit, Familie und seinen Freizeitverpflichtungen empfand er als Verkrampfung seiner Hirnmuskulatur und dadurch als massive Schmerzen. Markus zog sich immer mehr zurück und fiel in eine Depression. Doch lernte er mit der Zeit, seine Klage wahrzunehmen und auch loszuwerden. Besonders befreiend wirkte für ihn das Aufschreiben seiner Überforderungsgefühle. Empfindet Markus heute Kopfschmerzen, so steht dies oft im Zusammenhang mit einer Überforderungssituation. Heute kann er bedeutend besser damit umgehen, indem er sich abgrenzt oder seine Gefühle zum Ausdruck bringt.
Auszug aus dem Buch von Stefan Peter
«Sich selber besser kennen lernen»
Körperliche Leiden
Welche körperlichen Leiden kenne ich von mir?
Treten sie möglicherweise in bestimmten Situationen auf?
Mit welchen Situationen könnte theoretisch ein Zusammenhang bestehen?
Was sagt mein Arzt bei diesen Leiden über mögliche psychosomatische Zusammenhänge?