Geistliche in Uniform

Schweizer Armeeseelsorge im Umbruch

Die Umstrukturierungen der Schweizer Armee und die gesellschaftlichen Veränderungen haben bei der Armeeseelsorge Spuren hinterlassen: Die ehemaligen "Feldprediger" müssen heute ökumenisch näher zusammenarbeiten und für Seelsorge über die Konfessionsgrenzen hinweg sorgen. Gleichzeitig beklagen sie Nachwuchsprobleme.

In Zweisimmen im Berner Oberland findet derzeit der dreiwöchige Technische Lehrgang für Armeeseelsorger statt, der noch bis am 30. Juni dauert. Im Rahmen der dreiwöchigen "Feldpredigerschule", die nur alle zwei Jahre stattfindet, lassen sich 18 Theologen zum Armeeseelsorger ausbilden. An der Ausbildung nehmen auch zwei ausländische Militärpfarrer teil. Der Lehrgang endet mit der Beförderung der Aspiranten zum Hauptmann.

Angehörige der beiden grossen christlichen Konfessionen

In der Schweiz gibt es rund 250 Armeeseelsorger und eine Armeeseelsorgerin. Die Armee würde jedoch 600 benötigen, sagt Hauptmann Robin Heizmann, Kanzleichef des Lehrgangs. Die Schweizer Armee rekrutiert die Armeeseelsorger aus der römisch-katholischen Kirche und den evangelisch-reformierten Kirchen. Absolvieren können die Ausbildung: reformierte Pfarrer und Theologen mit akademischer oder gleichwertiger theologischer Ausbildung sowie katholische Priester, Diakone und Pastoralassistenten. Voraussetzung ist eine bestandene Rekrutenschule, Militärdiensttauglichkeit und eine Empfehlung durch die jeweilige Kirchenbehörde.

An dem Grundsatz, nur Angehörige der beiden grossen christlichen Konfessionen der Schweiz zum seelsorgerischen Dienst der Armee zuzulassen, wolle der Bundesrat und die Armee auch in Zukunft festhalten, meint Brigadier Dominique Andrey, Kommandant des Armeeseelsorger-Lehrgangs. Anregungen anderer Glaubenskreise gegenüber sei man zwar offen, bisher seien es aber vor allem Sekten, die sich an der Armeeseelsorge beteiligen wollten.

Nur noch ein Seelsorger pro Brigade: Zwangsläufig ökumenisch arbeiten

Jeder Armeeseelsorger hat neu auch Soldaten seelsorgerlich zu betreuen, die einer anderen Konfession angehören als er selbst. Die laufende Umstrukturierung der Armee im Zuge der Reform "Armee XXI" führte dazu, dass die Armeeseelsorger zwangsläufig über die Konfessionsgrenzen hinaus arbeiten müssen. Vor der Armee XXI gab es pro Regiment sowohl einen römisch-katholischen wie einen evangelisch-reformierten Feldprediger. In der Armee XXI gibt es jedoch je Brigade nur noch einen Armeeseelsorger.

Die in der Schweiz wachsende Zahl von Konfessionslosen, von Anhängern nicht-christlicher Religionen und von Christen, die nur selten oder nie in die Kirche gehen, wirkt sich auch auf die Arbeit der Armeeseelsorge aus. Vor diesem Hintergrund ist offenbar der mit der Armee XXI vollzogene Namenswechsel von Feldprediger zu Armeeseelsorger zu betrachten. Die Arbeit als "Militärpfarrer" bestehe heute vor allem aus Seelsorge und selten aus Predigt, erklären die Armeeseelsorger.

Laut einem offiziellen Porträt muss der Armeeseelsorger die persönlichen Anliegen, die dienstlichen Schwierigkeiten und die Probleme, die die Angehörigen der Armee aus dem zivilen Alltag in den Militärdienst mitnehmen, "erspüren, heraushören, sehen und feststellen". In Krisenfällen begleitet er die Betroffenen und berät den zuständigen Kommandanten.

Nur Präzisionsschiessen, kein Gefechtsschiessen

Während des Technischen Lehrgangs werden die Aspiranten im Rahmen von Übungen auf mögliche Krisensituationen vorbereitet. Diese umfassen unter anderem das Vorgehen bei einem Fahrzeugunfall, einer Überschwemmung oder einem Suizid. Neben Übungen enthält der Ausbildungsplan viel Theorie: Formelle Ausbildung, Kartenlehre, Kriegsvölkerrecht, Geschichtliches zum Amt des Armeeseelsorgers, "Politik und Militär", Militärethik, Militärjustiz und weitere Fächer.

Auch Sport und Pistolenschiessen stehen auf dem Programm. Dass ein Teilnehmer des Lehrgangs die Pistolenausbildung und das Schiessen ablehne, komme nur in Ausnahmefällen vor, sagt Hauptmann Robin Heizmann. Das liege wohl daran, dass die Aspiranten nur im Präzisionsschiessen und nicht im Gefechtsschiessen ausgebildet würden.

Unabhängig und ohne Einmischung

Nach absolvierter Ausbildung werden die Armeeseelsorger zum Hauptmann ernannt. Dieser Offiziersrang hat einen praktischen Grund. Er ist nicht als Anreiz gedacht, um Nachwuchs zu gewinnen. Der Armeeseelsorger muss seine Betreuungsaufgaben unabhängig und ohne Einmischung erbringen können. Der Hauptmannsgrad ermögliche dem Armeeseelsorger, sich in der militärischen Hierarchie nach oben und unten behaupten zu können, erklärt Brigadier Andrey.

Im Gegensatz zu den Schweizer Teilnehmern des Lehrgangs haben die ausländischen Teilnehmer ihre Ausbildung bereits abgeschlossen. Für sie ist der Lehrgang in der Schweiz Weiterbildung. Laut Hauptmann Heizmann nehmen an dem Lehrgang durchschnittlich zwei bis drei ausländische Militärpfarrer teil. Meist stammten sie aus Deutschland, Österreich oder Frankreich. Die durchschnittliche Zahl der Schweizer Teilnehmer liege zwischen 20 und 25, meint Brigadier Andrey.

Teilzeit-Stellen für Armeeseelsorger

Dass am laufenden Lehrgang nur 18 Aspiranten teilnehmen, belegt das Nachwuchsproblem bei der Armeeseelsorge. Bisher wird das Armeeseelsorgeramt ausschliesslich von freiwilligem Milizpersonal ausgeübt. Das könnte sich aber in absehbarer Zeit ändern. Es ist geplant, Armeeseelsorger in Teilzeit anzustellen. Laut Hauptmann Heizmann wird die Anstellung an die Bedingung geknüpft, dass die betreffenden Armeeseelsorger Pfarrer mit eigener Gemeinde sind und sie diese Arbeit nicht auslastet. Das Theologie-Studium allein reiche nicht aus.

Zum Thema:
Der Armeeseelsorger (Webseite der Armee)

Autor: Marco Pfoster

Datum: 24.06.2006
Quelle: Kipa

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