Strassburg verlangt Regeln für Suizidhilfe – zu Recht?
Die rechtlichen Regelungen zur Sterbehilfe in der Schweiz sind nach einem Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs unzureichend. Gleichzeitig anerkennt Pro Senectute das Recht auf Suizidhilfe.
Die Gesetzgeber müssten die Bedingungen für den Erwerb grundsätzlich erlaubter tödlicher Präparate genauer fassen, befanden die Richter in Strassburg. Man darf wohl annehmen, dass sie sich der Tragweite dieser Forderung bewusst sind. In den letzten Jahren haben sich mehrere Bundesräte und Bundesrätinnen mit dem Thema auseinandergesetzt. Der Schluss der Bemühungen und der politischen und öffentlichen Debatte lautete schliesslich, dass man auf eine Regelung verzichtete.
Einerseits schränkte man so den Spielraum der bestehenden Suizidhilfeorganisationen nicht ein, die sich massiv gegen gesetzliche Auflagen oder gar ein Verbot ihrer Tätigkeit wehrten. Und man trug der Tatsache Rechnung, dass Suizidhilfe in der Schweizer Bevölkerung schon einen grossen Rückhalt hat. Andererseits hätte man mit einer Regelung riskiert, dass die Suizidhilfe zur gesetzlich anerkannten Option für das Lebensende geworden wäre.
Indessen führen die Organisationen ihre Tätigkeit weiter, als ob Suizidhilfe bereits Courant normal wäre. Und sie erhalten jetzt von Pro Senectute, einer Organisation, die ältere Menschen unterstützt, Support. Inzwischen hinterfragen bald nur noch konfessionelle Parteien und die Kirchen die gängige Praxis. Sie verlangen stattdessen eine landesweite Abdeckung mit Palliativangeboten. Doch das Gesundheitswesen reagiert darauf nur träge.
Letztlich steht unser Land hier in einem Wertekonflikt. Welcher Wert soll höher stehen: Das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen – auch über das Lebensende? Oder die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens?
Christliche Organisationen, Kirchen und werteorientierte Parteien sind gefordert. Wenn es ein Recht auf Suizidhilfe geben soll, wird es auch bald den Druck auf kranke Menschen geben, davon Gebrauch zu machen. Das darf nicht zur Realität der alten und kranken Menschen werden.
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