Der
Rat des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK) unterstützt die
Erweiterung der Ehe auf homosexuelle Paare. Seine Empfehlung enthält allerdings
einige Differenzierungen.
Gottfried Locher, Präsident der EKS
Nachdem sich SEK-Ratspräsident Gottfried Locher medienwirksam für
ein Ja der reformierten Kirche für die Ehe für alle ausgesprochen hat, ist ihm
jetzt auch der Rat darin gefolgt und empfiehlt der Abgeordnetenversammlung im
November ein Ja zur Vernehmlassung für die vorgesehene Gesetzesänderung.
Gleichzeitig empfiehlt er den Mitgliedskirchen, eine Trauung von Paaren
vorzunehmen, die aufgrund der Erweiterung des neuen Ehebegriffs heiraten und
danach auch eine kirchliche Trauung wünschen.
Kompromissvorschlag des Rates von der AV zurückgewiesen
An der letzten Abgeordnetenversammlung (AV) im Juni 2019 war
der SEK-Rat mit seiner Haltung auf lautstarken Widerstand gestossen. Eine vom
Rat eingesetzte Arbeitsgruppe hatte festgehalten, dass es in der reformierten
Kirche unterschiedliche Haltungen zur «Ehe für alle» gebe, dass sich beide Haltungen
auf die Bibel berufen würden und dass beide «unverzichtbar zum innerkirchlichen
Gespräch über die Ehe gehören». Die Auseinandersetzung mit dieser Frage werfe
darüber hinaus «Konflikte auf, die unsere Kirchengemeinschaft ernsthaft
herausfordern».
Die AV, angefeuert zum Beispiel vom Zürcher
Kirchenratspräsidenten Michel Müller oder der Vertreterin der Frauenkonferenz,
Miriam Neubert, wollte nichts von dieser neutralen Haltung wissen und wies den Rat
an, über die Bücher zu gehen. Sie kritisierte Reformierte, die die Bibel in der
Frage der Homosexualität wörtlich nehmen wollen. Der SEK Rat hat daher seine
Position überarbeitet und schlägt jetzt ein grundsätzliches Ja der Reformierten
zur Ehe für alle vor.
Eine problematische theologische Aussage
Der Rat nimmt einerseits die von der AV formulierte Position
auf, «dass sich in der Vielfalt der sexuellen Orientierung die Fülle des
göttlichen Schöpfungshandelns widerspiegelt: 'wir sind von Gott gewollt, so wie
wir geschaffen sind. Unsere sexuelle Orientierung ... nehmen wir als Ausdruck
geschöpflicher Fülle wahr'.» Eine Position, die sich leicht hinterfragen lässt,
wenn man zum Beispiel an problematische sexuelle Prägungen wie die Pädophilie
denkt. Der Rat machte aber auch einige Einschränkungen.
Freiheit für die Kantonalkirchen
Zwar soll den Pfarrpersonen empfohlen werden, homosexuelle
Ehepaare zu trauen und sie liturgisch gleich zu gestalten wie diejenige von
heterosexuellen Paaren. Allerdings soll die Gewissensfreiheit der Pfarrpersonen
geschützt werden, soweit diese in den Reglementen der Mitgliedkirchen
festgehalten wird. Fragen wie die Adoption und die Reproduktionsmedizin sollen
ein separates Thema sein. Der Rat hält auch fest, dass «das christliche
Bekenntnis ... innerhalb der evangelisch-reformierten Kirche unterschiedliche
Positionen und Ehebilder zulässt».
Bekenntnis zu unterschiedlichen theologischen Strömungen
Er macht schliesslich auch klar, dass «Entscheide zur
kirchlichen Trauung in der Kompetenz der Kantonalkirchen» liegen. Ausserdem sei
die Einheit in der Vielfalt Teil des reformierten Selbstverständnisses. Die
Medienmitteilung zitiert Gottfried Locher mit den Worten: «Zur reformierten
Kirche gehören unterschiedliche theologische Strömungen. Diese verschiedenen
Stimmen sind wichtig für das Ringen um Wahrhaftigkeit.»
Ein Schaden für das Miteinander
Man kann davon ausgehen, dass Locher damit auch Rücksicht auf
Stimmen innerhalb des Rates genommen hat. Die Stellungnahme für Ehe für alle
droht einerseits Gräben innerhalb der Kirche, aber auch innerhalb der Ökumene
und gegenüber der Evangelischen Allianz und den Freikirchen aufzureissen. Das
ist tragisch in einer Zeit, wo sich viele traditionelle Vorurteile und
Abgrenzungen aufgelöst und einem verstärkten Miteinander Platz gemacht haben.
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