Wie kann man heute von Jesus reden? Wie spricht man von der Wahrheit, wenn jeder
seine eigene Wahrheit hat? Was passiert mit der Sündenvergebung, wenn sich
keiner mehr schuldig fühlt? Wie spricht man vom Himmel, wenn viele das für eine
kindische Spinnerei halten?
Unsere
Welt entwickelt sich unglaublich rasant. Die gesellschaftliche Landschaft hat
sich in den letzten 20 bis 30 Jahren drastisch verändert und ist in vielen
Bereichen kaum wiedererkennbar. Nur ein Beispiel ist die Digitalisierung fast
aller Bereiche des Daseins: Vor dreissig Jahren hat niemand den Computer
vermisst. Heute hingegen läuft ohne superschnelle Prozessoren, permanenten
Webzugang und Cloud-Services fast gar nichts mehr. Wer in diesen Veränderungen
den Anschluss nicht hält, fühlt sich bald wie ein Reisender, der mit völlig
veralteten Landkarten unterwegs ist, welche die Realität nicht annähernd
abbilden und deshalb keine Orientierung mehr bieten.
Diese Entwicklung macht
auch vor der Sprache nicht halt. Und weil das Evangelium u.a. durch Worte
verkündet wird, stellt sich die Frage, wie wir heute vom Evangelium sprechen
können: Welche Worte werden überhaupt noch verstanden? Und wie werden sie
gefüllt? Hat sich das Verständnis im Lauf der Zeit verändert oder gar
verfälscht? Welche Emotionen lösen diese Worte aus? Und welche Erfahrungen?
«Bekehrung»
Ein gutes Beispiel ist das häufig verwendete Wort
«Bekehrung». Dieses stammt vom griechischen Metanoia und heisst so viel wie umdenken, neu denken, seinen Sinn ändern, einen neuen (Lebens-)Weg
gehen usw. Hinter diesem Wort ist also ein ganzes Konzept verborgen. Luther
übersetzte Metanoia mit «Busse», die Einheitsübersetzung mit «Umkehr» und die
Gute Nachricht mit «Lebensänderung».
Heute ist das Wort «Bekehrung» völlig
anders und vor allem extrem negativ besetzt. Bekehren tut man sich nicht
selber, man wird bekehrt – von Sekten und ähnlichen dubiosen Gruppen unter
Anwendung von Manipulation oder gar Gewalt. Dieses Wort löst beim
Otto-Normalverbraucher sofort einen starken Abwehr-Reflex aus, egal wie
spannend das Zeugnis oder wie inspiriert die Predigt ist, in der es vorkommt.
Wir müssen dieses Wort also unbedingt vermeiden. Doch wie können wir denn sonst
von dem sprechen, was Jesus meint, wenn er Metanoia sagt? Wie können wir zur
«Bekehrung» aufrufen? Im 16. Jh. hatte Martin Luther ein
ähnliches Problem: Wie sollte er die Bibel aus dem Hebräischen und Griechischen
ins Deutsche übersetzen? Sein Ziel war nämlich, dass alle Menschen die Bibel
lesen und verstehen können. Deshalb ist er zu den Leuten gegangen und hat ihnen
«auf’s Maul geschaut». Das heisst, er hat die Bibel in die Sprache übersetzt,
welche die gewöhnlichen Menschen von damals benutzten.
Überzeugungsarbeit
Dieselbe
Übersetzungsarbeit muss jeder Jesus-Nachfolger heute leisten,wenn er jemandem vom Evangelium
berichtet! Und deshalb ist es wichtig, dass wir nicht nur einfach die
althergebrachten Schlagworte benutzen, sondern Gott und seine Bibel so genau
kennen, dass wir das Evangelium in immer wieder anderen Worten ausdrücken
können, je nachdem welche Sprache unser Gegenüber versteht.
Kürzlich kam ein
junger Mann zu mir und sagte: «Seit ich die Volxbibel lese, verstehe ich, was
Gott mirdurch die Bibel sagen
will.» Genau das meine ich! Und Luther hätte sich von Herzen gefreut!
Evangelisation muss folglich über die
Wortverkündigung hinausgehen. Es spielt eine ganz zentrale Rolle, was die
Menschen bei uns sehen, wie sie uns erleben und ob unser Leben mit dem
übereinstimmt, was wir sagen. Die entscheidenden Schritte (Metanoia) passieren
nicht aufgrund von Vorträgen, Grossveranstaltungen oder guten Argumenten,
sondern aufgrund von Beziehungen, freundschaftlicher Hilfe, von der «Norm»
abweichendem Verhalten (z. B. Feindesliebe oder Treue) oder von Festhalten an
Gott in schweren Lebenslagen. Es muss Fleisch an den Knochen!
Reich Gottes sichtbar machen
Das
heisst, dass Gottes Herrschaft nicht nur etwas sein darf, von dem wir werbend
reden, sondern etwas, das man an unserem Leben sehen und erleben kann. Wir
sollen Gottes Reich nicht bloss verkündigen, sondern es mit unserem Leben
verkörpern und einen angenehmen Vorgeschmack auf Gottes neuen Himmel und seine
neue Erde verbreiten. Und das gilt nicht nur für uns alsIndividuen, sondern ganz zentral auch
für uns als Gemeinschaften!
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