Christliche Inhalte kommen im Entwurf zum Lehrplan 21 nicht vor. Das stösst auf Unverständnis. Ein Podium in Bern brachte Verantwortliche und Kritiker zusammen.
Der neue St. Galler Kirchenratspräsident Martin Schmidt mit dem Berner Regierungsrat Bernhard Pulver und der Zürcher Bildungsdirektorin Regine Aeppli.
Wie wird der Religionsunterricht in der Deutschschweiz vereinheitlicht? 400 Personen kamen am 21. Januar ins Hotel National in Bern, um die Diskussion zum Lehrplan 21 zwischen Bildungspolitikern und Vertretern der Kirchen und der Freidenker zu verfolgen.
Scharfe Kritik bei den Kirchen und der Schweizerischen Evangelischen Allianz – und andererseits Applaus von Freidenkern – hat die konsequente Nicht-Nennung von christlichen Inhalten im Lehrplanentwurf ausgelöst. Ohne Basiswissen über christliche Überlieferungen und Werte sei ein Verständnis unserer Kultur «schlicht nicht möglich», sagte Rita Famos, Präsidentin der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in der Schweiz, in der Begrüssung.
Dem Lehrer überlassen?
Der Berner Erziehungsdirektor Bernhard Pulver warb auf dem Podium um Verständnis für die Kompetenzorientierung des Entwurfs. Dieser schliesse die Vermittlung christlicher Inhalte im Unterricht nicht aus. Pulver plädierte für Vertrauen in die Lehrpersonen: Gut ausgebildet, würden sie es schon recht machen und der christlich-jüdischen Tradition angemessen Raum geben. Bei der Überarbeitung des Entwurfs könne man Befürchtungen Rechnung tragen, dann habe der Lehrplan halt noch eine Seite mehr...
Die Zürcher Bildungsdirektorin Regine Aeppli pries wortreich das obligatorische religionskundliche Fach «Religion und Kultur», welches der urbane Kanton unter dem Druck einer Volksinitiative mit grosser Mühe eingerichtet hat. Aeppli machte deutlich, dass der Unterricht, der die fünf Weltreligionen prinzipiell auf dieselbe Stufe stellt, auf Integration zielt.
Religion und Identität
Felix Gmür, Bischof von Basel, verwies dagegen auf die Muttersprache, die jedes Kind zuerst lernt und die zu seiner Identität gehört. Es gelte, primär die angestammte Religion zu thematisieren. Der Pädagogikdozent und gewählte St. Galler Kirchenratspräsident Martin Schmidt befand, das Konzept im Lehrplan 21 sei nicht zu Ende gedacht und mutlos. Schüler müssten in der ersten Person von Religion reden können, nicht bloss in der distanzierten dritten Person.
Die Hauptfrage ist für Schmidt, was die Schule zur guten religiösen Bildung beiträgt, nicht wie viel Christentum sie verträgt (Titel des Berner Podiums). Der Zürcher EVP-Bildungspolitiker Hanspeter Amstutz erwähnte Bonhoeffers Gedicht «Von guten Mächten wunderbar geborgen» und verdeutlichte an ihm, dass existentielle Fragen Kinder verschiedener Religionen unmittelbar berühren.
Religion im Geschichtsunterricht?
Reta Caspar von der Freidenker-Vereinigung Schweiz kritisierte dagegen die Zürcher Religionskunde, da sie auf die fünf Weltreligionen fixiert sei. Mit dem Entwurf zum Lehrplan 21, der die Inhalte offenlässt und für die Primarschule kein Fach Religion vorsieht, zeigte sich Caspar in Bern zufrieden: Religionen gehörten in den Geschichtsunterricht.
Meghan und Harry sorgten mit einer «Netflix»-Doku für mächtig Wirbel. Die Autorin und «Woman Alive»-Chefredaktorin Tola Doll Fisher machte sich dazu...