«Sie sind da. Flieht.» Nach Warnungen wie dieser haben sich im Irak in den letzten Wochen Hunderttausende auf die Flucht begeben. Oft sind die Kleider am Leib das einzige, was sie mitnehmen konnten. Ihr Ziel: die autonome Region Kurdistan. Ihre Hoffnung: Überleben. Auch Christen stehen ihnen zur Seite. Sie bringen Kleider, Decken, Nahrungsmittel und Hoffnung.
Holger und Henri gehören zu einem ehrenamtlichen Einsatzteam für Katastrophenhilfe von GAiN (Global Aid Network). Sie engagieren sich beim Verteilen von Hilfsgütern im kurdischen Erbil.
Die Situation im Land ist nach wie vor schwer einschätzbar. Wird die irakische Regierung einen Neustart schaffen und damit die islamischen Gruppierungen der Sunniten und Schiiten gemeinsam in die Verantwortung einbinden können? Kann man den Kämpfern der ISIS («Islamischer Staat im Irak und Syrien») noch Einhalt gebieten? Wo sind politische Verhandlungen gefragt und wo militärische Verteidigung? All diese Fragen sind wichtig, doch sie gehen an der momentanen Realität von über 1 Million Flüchtlingen vorbei. Diese suchen erst einmal Rettung, Hilfe, Schutz, etwas zum Essen und einen Platz zum Schlafen.
Die Hilfe läuft an …
Die UN unterhält bereits ein Flüchtlingscamp in Khasair an der Verbindungsstrasse zwischen Mosul und Erbil, doch das Lager ist längst über seine Kapazitäten hinaus überfüllt. Mit so vielen Flüchtlingen in so kurzer Zeit hat niemand gerechnet.
Auch christliche Hilfsorganisationen engagieren sich bereits im Irak. Da ist zum Beispiel GAiN (Global Aid Network), ein Hilfswerk mit Sitz im deutschen Giessen. Bereits nach dem Irakkrieg waren sie in humanitärer Mission im Zweistromland unterwegs. Nach wie vor bestehen enge Kontakte dorthin. Nachdem GAiN-Leiter Klaus Dewald sich bei einer Vorabreise ein Bild von der aktuellen Situation im Land gemacht hatte, war ihm klar: «Hier sind wir gefragt. Wir müssen helfen.» Die ersten Hilfsgüter werden in Zusammenarbeit mit Partnern vor Ort bereits verteilt, weitere sind unterwegs. Dazu ist ein Soforthilfeteam mit einem Jeep über Land nach Kurdistan gefahren. Henri, ein niederländischer Feuerwehrmann, Holger, ein deutscher Pflegedienstleiter, und Johanna, eine estnische Sozialarbeiterin, bilden das erste ehrenamtliche Helferteam – weitere werden folgen.
… und sie ist bitter nötig
Louis Sako, Patriarch der chaldäisch-katholischen Kirche im Irak, hat kaum Hoffnung, dass sich die Teilung des Irak verhindern lässt. Er fürchtet, dass nach der Flucht innerhalb des Landes eine Auswanderungswelle folgt, durch die der Irak praktisch entchristlicht wird. Resigniert stellt er fest: «Insgesamt tut der Westen überhaupt nichts. Wir sind sehr enttäuscht. Fussball interessiert dort mehr als die Lage hier oder in Syrien.»
Die Mitarbeiter von GAiN und die der anderen Hilfsorganisationen im Land wissen, dass ihre Hilfe nur der sprichwörtliche Tropfen auf den heissen Stein ist. Doch sie wissen, dass sie als Christen im Irak mehr tun, als einigen hundert Familien zu helfen: Sie leben Gottes Liebe und sie geben Hoffnung weiter.
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