Megan Boudreaux war kurz nach dem verheerenden Erdbeben 2010 zu einem Hilfseinsatz in Haiti. Was als kurzfristige Aktion geplant war, führte zu ihrem langfristigen Engagement. Berührt von der Verwüstung des Landes und der Verzweiflung der Menschen, gründete Boudreaux ihr eigenes Hilfswerk und blieb.
Megan Boudreaux mit einem haiitischen Mädchen
Am 12. Januar 2010 erschütterte ein Erdbeben der Stärke 7,0 den karibischen Inselstaat. Um die 300'000 Menschen starben, weit über eine Million Haitianer verloren ihr Zuhause, zehntausende von ihnen haben auch heute noch keine dauerhafte Bleibe gefunden. Ungefähr ein Viertel der haitianischen Schulen wurde beim Erdbeben zerstört – und damit für viele junge Menschen der Weg in eine bessere Zukunft verbaut.
Auf dem Voodoo-Berg
Das Buch von Megan Boudreaux
Die damals 24-jährige Megan Boudreaux engagierte sich bei ihrem Hilfseinsatz in Gressier, einer Stadt nahe bei Port-au-Prince. Bald schon fand sie heraus, dass der Bellevue-Berg («Schöne Aussicht»), auf dem sie im Schatten einer Tamarinde ab und zu eine Verschnaufpause einlegte, ein berüchtigter Voodoo-Ort war. Während sie manchmal im Baumschatten Erholung suchte, gingen ihr die Bilder von Hunger, Krankheit und traumatisierten Menschen nicht aus dem Kopf. Oft dachte sie an die Kinder, die in der Mittagshitze schwere Wasserkrüge auf ihren Köpfen über die gewundenen Pfade des Bellevue-Berges trugen. «Irgendjemand muss herkommen, um ihnen zu helfen», dachte sie damals oft. Bald sollte sie herausfinden, dass dieser «irgendjemand» sie war.
Ein Traum wird wahr
Als Boudreaux wieder daheim in Louisiana war, begann sie zu träumen. «Ich träumte weder von den Frauen, die ich kennengelernt hatte, noch von den Kindern in zerlumpten Kleidern oder den staubigen Zelten – ich sah immer den Baum vor mir. Ich wollte unbedingt wieder dorthin. Es war, als würde ich nach Haiti zurückgerufen, als würde mein Geist angezogen.» Kein Jahr später war sie wieder dort, ganz dicht beim Bellevue Mountain und der Tamarinde, unter der sie damals so oft über die Nöte um sie herum nachgedacht hatte. Sie gründete ein kleines Hilfswerk – «Respire Haiti» steht für das Luftholen und Durchatmen, wozu sie den Menschen helfen will.
Kampf gegen die Finsternis
Wieder in Haiti, versuchte Megan Boudreaux, mit helfenden Einrichtungen in ihrer Umgebung zusammenzuarbeiten. Dabei entdeckte sie, dass die Finsternis im Schatten des Voodoo-Berges viel eher mit handfesten finanziellen Interessen zu tun hatte. Ein angeblich christlich geführtes Waisenhaus in der Region entpuppte sich als Umschlagplatz für Kindersklaven: Entwurzelte oder von ihren Eltern verkaufte Kinder wurden von hier aus als «Restavecs», als Kindersklaven, in Haushalte verkauft. Boudreaux begann mit «Respire Haiti», diese Kinder in Waisenhäuser aufzunehmen, ihnen zu einer Schulbildung zu helfen, sie mit ihren Familien in Ernährungsprogramme hineinzunehmen und medizinisch zu versorgen. Inzwischen hat allein die Schule 500 Schüler. Ausserdem beschäftigt Boudreaux um die 100 Einheimische mit verschiedensten Aufgaben. Die nächsten geplanten Schritte sind der Bau eines Gemeindehauses, eines Begegnungszentrums und das Einrichten einer Bibliothek.
Geheimwaffe Gebet
In ihrem Buch «Miracle on Voodoo Mountain» (Wunder auf dem Voodoo-Berg) erzählt sie weiter: «Seit ich hier in Haiti bin, habe ich vielfältige Zusammenstösse mit dem Bösen gehabt. Ich bin in eine ausgewachsene Voodoo-Zeremonie hineingegangen, um sie zu beenden, habe Kinderhandel öffentlich gemacht und bekämpft und trete gegen den Missbrauch von Kindern als «Restavecs» an.» Die jetzt 28-Jährige ergänzt: «Gebet und Anbetung sind meine Geheimwaffen, ob ich mich mit einem Voodoo-Priester auseinandersetzen muss, einem korrupten Pastor, der vortäuscht, ein Waisenhaus zu leiten, oder einem Diener des 'kopflosen Reiters'. Ich lerne hier, was es heisst, Gott für mich kämpfen zu lassen.»
Persönliches Glück
In einem Interview von «Christian Post» wird Boudreaux gefragt, wann sie gedenkt, wieder in die Annehmlichkeiten der Zivilisation zurückzukehren. Sie lächelt, unterstreicht, dass sie schon gerne mal bei Starbucks vorbeigehen würde, um einen Kaffee zu trinken und auch warmes Wasser aus der Leitung zu schätzen wüsste, aber an eine Rückkehr denke sie noch nicht. Neben den ganzen Aufgaben, die Megan Boudreaux noch in Haiti halten, ist es auch ihre Familie: Sie hat vor kurzem geheiratet und mit ihrem Mann zwei verwaiste Zwillingspaare adoptiert. Langweilig wird es ihr in nächster Zeit jedenfalls nicht werden...
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