Als Kind gedemütigt und geschlagen, hat sich Pascal Brawand ganz nach oben gekämpft. Der dreifache Schweizermeister ist heute Box-Trainer. Mit seiner Boxschule will er nebst der Fitness auch die Persönlichkeit stärken und seinen Glauben vorleben. Ein Porträt von Thomas Feuz.
Pascal Brawand mit Fiona Wyss
Die Boxschule «Boxen zur Bildung» befindet sich mitten in Bern. An der Wand des 200 m2 grossen Raums steht der Satz «Kämpfe den guten Kampf». Es gibt zahlreiche Boxsäcke, aus der Musikanlage tönt sanfter Blues. «Weil man hier den Blues des Lebens noch kennt», schmunzelt Pascal Brawand. Die Bibliothek besteht aus einschlägiger Boxliteratur, aber auch aus Studienbibeln und theologischen Büchern. Das Auffallendste aber ist der «Ring».
Im Ring mit dem Meister
Im Viereck gehts rund: Pascal Brawand trainiert mit Fiona Wyss (Bild), einer 16-jährigen Sportgymnasiastin. «Links, rechts, links», kommandiert er. Fiona setzt ihre Schläge gezielt, der Meister pariert. «Und gleich nochmals; Haken diesmal von rechts.» Fiona ist Junioren-Schweizermeisterin. Ihren Erfolg verdanke sie Pascal Brawand, sagt sie. Brawand lächelt: «Ich habe Fiona zum Gespräch eingeladen. Damit sie von meiner Vergangenheit erfährt und versteht, warum ihr Trainer so denkt.»
Der 44-Jährige erzählt. Von seiner Kindheit, der Vaterlosigkeit und einem Mann, der nicht sein Vater war. Vom Geschlagenwerden, von Demütigungen und davon, dass er mit acht Jahren Gott verflucht hat. Von seiner Mutter, den Tageseltern und den Menschen, die da waren, als er sie brauchte. Vom ersten Kontakt mit dem Christsein, der ersten Liebe. Davon, dass er vom Glauben zuerst die Finger lassen wollte. Und wie jenes Mädchen später seine Frau wurde und er merkte: «Jetzt ist es Zeit, mich für diesen Jesus Christus zu entscheiden!» Brawand beschönigt nichts. Denn: «Ich bin ein Kind Gottes und ein Kind meiner Historie. Beides formt meine heutige Philosophie.»
Vom Opfer zum Präventionsfachmann
Im Boxsport fand Pascal Brawand ein Ventil: Wut und Frust loswerden, sich bestätigen, Anerkennung bekommen. Während längerer Zeit bewegte der frühere Maurer und Spengler zusammen mit seiner Frau Karin den Gedanken, eine eigene Boxschule zu gründen. 2011 war es soweit: Brawand und seine Frau eröffneten «Boxen zur Bildung», das die Identität und Persönlichkeit fördern will. Die «edle Kunst des Faustfechtens» engagiert sich in den Bereichen Fitness-Boxen, Leicht-Kontakt-Boxen, Elite-Boxen, Coaching-Boxen und in sozialer Integrationsarbeit. Brawand definiert «Boxen zur Bildung» als ein grosses Haus, das allen offensteht. «Die Menschen sollen spüren, dass jemand da ist, der sie gern hat: Gott.» Als Coach führt er Menschen wie Fiona Wyss an die Spitze, als Seelsorger engagiert er sich in Settings für Freiheit und gegen Gewalt.
Vom höchsten Coach begleitet
Pascal Brawand
Brawand stammt aus einer Pfingstkirche und wirkte in einer EMK-Gemeinde. «Ich glaube an die Wirkung des Gebets. Und ich bin überzeugt davon, dass Christen etwas zu sagen haben – aber nur, wenn sie selbst auf die Menschen zugehen. Schüsch isch es nüt!» Mein Gegenüber trägt seine Haare lang. Er möchte authentisch leben, auch bezüglich seines christlichen Glaubens. Die frommen Bücher im Gestell sind Ausdruck dafür. Auf der Webseite finden sich nebst Zitaten und Hinweisen auf ehemalige Boxgrössen auch Bibelverse. Braucht Brawand Zeit für einen Entscheid, sagt er gewöhnlich: «Ich muss mit Jesus darüber reden. Mal schauen, was er sagt.» Ohne dieses «göttliche Coaching» möchte Pascal Brawand nicht mehr leben. Er hat sich mit Gott, dem er als kleiner Junge einst abgeschworen hatte, versöhnt. Und er will verbunden bleiben mit der Quelle des Lebens. Denn: «Ich kann nur das weitergeben, was ich bekomme. Ich habe mehr erhalten, als ich mir je erträumen konnte!»
Pascal Brawand ist dreifacher Schweizermeister im Boxen. Heute ist er Trainer Swiss Boxing, Berufstrainer Leistungssport mit eidgenössischem Fachausweis und ausgebildeter Box-Instruktor für die professionelle Gewaltprävention. Er absolvierte ein Theologie-Fernstudium und wird demnächst den Master machen. Im Herbst erscheint sein erstes Buch.
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