Same der Versöhnung gesät

Türkische Christen bitten Armenier um Vergebung

Über 20 türkische Christen haben Armenier um Vergebung für den Völkermord gebeten, den ihre Vorfahren vor 100 Jahren begangen haben. Bei einem Besuch in der armenischen Hauptstadt Eriwan legten sie einen Kranz an der Gedenkstätte nieder und beteten zusammen mit armenischen Christen.

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Türkische und armenische Christen beten gemeinsam vor der Gedenkstätte in Eriwan.
«Wir flehen euch an, wenn ihr könnt, uns und unseren Vorfahren für diese Verbrechen zu vergeben», erklärten die türkischen Christen in Anwesenheit von armenischen Evangelikalen. Diese bildeten mit ihnen einen Kreis um die Gedenkstätte, hielten sich an den Händen und beteten laut in türkisch und armenisch für ihre Völker.

Rund 1,5 Millionen Christen waren 1915 und 1916 Opfer von Massenmord, Deportation und Vertreibung im Osmanischen Reich geworden, dem die heutige Türkei entstammt. Die offizielle Türkei leugnet den Völkermord bis heute.

«Heute habt ihr Geschichte geschrieben»

Der Besuch in Eriwan war Teil einer Versöhnungsinitiative von türkischen und armenischen Evangelikalen. Sie war von türkischen Pastoren, meist mit muslimischem Hintergrund, und Exil-Armeniern in den USA gestartet worden, wie der Informationsdienst World Watch Monitor berichtet. «Heute habt ihr hier in Eriwan Geschichte geschrieben», hielt ein armenischer Pastor fest. Zum ersten Mal sei an der Gedenkstätte in türkisch und armenisch gemeinsam gebetet worden.

«Same der Versöhnung ist gesät»

Ein kurdischer Pastor, der an der Aktion teilnahm, berichtete: «In den Herzen vieler Armenier ist ein tiefer Schmerz, der geheilt werden muss. Sie nehmen ihre Kinder zur Gedenkstätte in Eriwan mit, und das vertieft ihren Hass oft noch. Bis in kleine Details setzt sich ihr Trauma fort. Wenn das nicht geheilt wird, wird es schlimmer.» Er betonte, dass die Lösung eine geistliche sein müsse, gebaut auf ehrliche persönliche Beziehungen. «Wir gingen als Einzelpersonen, nicht im Namen unserere Kirchen. Wir wollten unsere armenischen Brüder und Schwestern von Angesicht zu Angesicht sehen und mit ihnen um Heilung auf beiden Seiten beten. Der Same der Versöhnung ist gesät, jetzt kann er wachsen und sich ausbreiten.» Und ein anderer ergänzte: «Die Politik kann das nicht. Die UN und die USA haben versucht, die Beziehungen zwischen Türken und Armeniern zu heilen, aber es ist nicht gelungen.»

Völkermord hatte auch religiöse Ursachen

Der Völkermord, in den auch Deutschland als Verbündeter des Osmanischen Reiches verwickelt war, hatte nicht nur politische und ethnische Ursachen, sondern auch religiöse. Das armenische Reich hatte als erstes im Jahr 301 das Christentum zur Staatsreligion erhoben.

In der Türkei bilden Christen heute eine kleine Minderheit. Von den rund 75 Millionen Einwohnern sind 95 Prozent Muslime; die Zahl der Christen liegt bei 120'000. Von den 3'000 bis 5'000 evangelischen Christen hat die Mehrheit einen muslimischen Hintergrund. Armenien hat rund drei Millionen Einwohner. Davon gehören etwa 94 Prozent der orthodoxen Kirche an. Die übrigen sind Mitglieder anderer christlicher Konfessionen sowie Jesiden und Muslime.

Evangelische Allianz: Der Völkermord wiederholt sich heute

Die Weltweite Evangelische Allianz (WEA) gedenkt ebenfalls des Völkermordes an Aramäern, Armeniern und Griechen, der am 24. April 1915 begann. Der Generalsekretär der Dachorganisation von mehr als 600 Millionen Evangelikalen, Bischof Efraim Tendero (Manila/Philippinen), forderte in einem Offenen Brief die Türkei auf, ihre Archive zu öffnen, damit Historiker die Vorgänge von vor 100 Jahren angemessen untersuchen könnten.

Tendero verglich die damaligen Massaker ebenfalls mit der heutigen Verfolgung von tausenden Christen im Nahen und Mittleren Osten. Man trauere mit allen nicht-muslimischen Minderheiten im Irak, in Syrien und deren Nachbarländern, die von islamischen Terroristen vertrieben und getötet werden. Heute wiederhole sich der Völkermord von vor 100 Jahren, so Tendero.

Zum Thema:
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Datum: 28.04.2015
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet

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