«Taufe
ist die schönste Art, wie die Kirche 'Willkommen' sagen kann.» Das hört sich
freundlich und einladend an. Doch was ist Taufe eigentlich ganz konkret? Wer
hat sie erfunden? Warum wird sie bis heute praktiziert? Was sagt die Bibel dazu?
Und warum gibt es so viele verschieden Meinungen dazu, wie Taufe «richtig»
geschieht?
Als Philippus, einer der Freunde von Jesus, mit
einem äthiopischen Finanzbeamten ins Gespräch kommt, erklärt er diesem den
Glauben. Der Beamte erkennt, dass Gott ihn unendlich liebt. Spontan reagiert er
beim Vorbeifahren an einem Teich: «Siehe, hier ist Wasser! Was hindert mich,
getauft zu werden?» (Apostelgeschichte, Kapitel 8, Vers 34).
Philippus sieht seinen Glauben und tauft ihn direkt.
Die meisten Taufen heute finden nicht mehr so
spontan statt, doch zwei Dinge unterstreicht die Geschichte bis heute: Taufe
ist ein einschneidendes Ereignis im Glaubensleben, und sie ist das Normalste
der Welt. Warum geht es dabei eigentlich?
Untergetaucht
Taufen heisst zunächst einmal nichts Anderes als
«untertauchen». Das griechische Wort dafür, baptizein,
findet man bis heute in Begriffen wie «Baptisten» wieder. Praktisch alle Weltreligionen
kennen solch ein Untertauchen, Waschen oder rituelles Reinigen. Dies wird meist
regelmässig wiederholt. Das Besondere bei der christlichen Taufe ist nun, dass
sie eine einmalige Aktion ist. So wird heute unter dem Begriff Taufe fast nur
noch die christliche Handlung verstanden.
Die verschiedenen Kirchen haben dabei im Laufe der
Jahrhunderte unterschiedliche Formen der Taufe entwickelt. Allen gemeinsam ist,
dass die Taufe quasi den Eingang ins Gemeindeleben darstellt, dass sie ein
starkes Bild für Gottes Bund mit dem einzelnen Menschen ist und – welche
Überraschung – dass dies mit Wasser verdeutlicht wird. Dabei hat das Wasser
allerdings keine magische Wirkung. Schon Martin Luther stellte klar: «Wie
kann Wasser solch grosse Dinge tun? Wasser tut's freilich nicht, sondern das
Wort Gottes, das mit und bei dem Wasser ist, und der Glaube, der solchem Worte
Gottes im Wasser traut. Denn ohne Gottes Wort ist das Wasser schlicht Wasser
und keine Taufe.»
Biblisch
Szene aus «Son of God», wo Jesus getauft wird.
Jesus selbst wurde übrigens auch getauft. Johannes
der Täufer zog zu seiner Zeit durch Israel und forderte die Menschen auf, sich
taufen zu lassen: «Tut Busse, denn das Reich der Himmel ist nahe
herbeigekommen!» (Matthäus, Kapitel 3, Vers 2).
Im Gegensatz zur christlichen Taufe war dies eine reine Umkehrtaufe, bei der
die Menschen ihre Bereitschaft zu einem Neuanfang unterstrichen. Jesus liess
sich ebenfalls taufen, weil er sich mit den Menschen solidarisierte.
Die Taufe, wie wir sie heute kennen, wurde erst nach
Pfingsten bekannt. Nach seiner berühmten Pfingstpredigt wurde Petrus von seinen
Zuhörern gefragt, was sie nun tun sollten. Und er antwortete: «Tut Busse, und
jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung der
Sünden; so werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen»
(Apostelgeschichte, Kapitel 2, Vers 38).
Dieses erste tatsächliche Vorkommen einer Taufe unterstreicht drei wichtige
Komponenten: Busse oder die Umkehr von falschen Wegen; die eigentliche Taufe,
die in Zusammenhang mit Sündenvergebung steht; den Empfang des Heiligen Geistes,
durch den ein Leben mit Gott erst möglich wird. Wer aus diesen drei Elementen
allerdings einen Ablaufplan oder eine feste Reihenfolge ableiten möchte, der
muss scheitern: In der weiteren Apostelgeschichte ist noch von etlichen Taufen
die Rede – und alle verlaufen unterschiedlich.
Klarer ist die theologische Bedeutung der Taufe. Paulus
fasste sie in seinem Brief an die Gemeinde in Rom (Kapitel 6, Verse 3-5)
zusammen: «Oder wisst ihr nicht, dass wir alle, die wir in Christus Jesus
hinein getauft sind, in seinen Tod getauft sind? Wir sind also mit ihm begraben
worden durch die Taufe in den Tod, damit, gleichwie Christus durch die
Herrlichkeit des Vaters aus den Toten auferweckt worden ist, so auch wir in
einem neuen Leben wandeln. Denn wenn wir mit ihm einsgemacht und ihm gleich
geworden sind in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich
sein.» Sie steht also für das Ende des alten und den Beginn des neuen Lebens
mit Christus. Und Paulus ergänzte in anderen Briefen, wie eng Taufe mit
Vergebung zusammenhängt (Kolosser, Kapitel 2, Vers 12-14)
und mit der Zugehörigkeit zur Kirche (1. Korinther, Kapitel 12, Vers 13).
Aufgetragen
Gemeinsam mit dem Abendmahl hat die Taufe noch ein
besonderes Merkmal: Jesus selbst hat seinen Nachfolgern den Auftrag gegeben,
sie zu praktizieren. Damit ist Taufe mehr als ein Ritual, das früher einmal
eingesetzt wurde. Sie gilt heute: «So geht nun hin und macht zu Jüngern alle
Völker, und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen
Geistes…» (Matthäus, Kapitel 28, Vers 19).
Wirkungsvoll
Viele Christen bezeichnen Taufe als Sakrament, weil
sie direkt von Gott eingesetzt wurde. Andere gehen weiter und sehen darin eine
Handlung, durch die Gott auf geheimnisvolle Weise wirkt und uns seine Liebe und
Treue spüren lässt. Das alltägliche Element des Wassers verbindet sich dabei
mit Gottes besonderen Versprechen. Alle Christen gemeinsam rechnen damit, dass
Gott ihnen durch Sakramente wie die Taufe besonders nah kommt. Oder wie es
jemand ausgedrückt hat: «Ein Sakrament ist, wo sich Himmel und Erde berühren.»
Umkämpft
Bei aller Gemeinsamkeit gibt es unter den Christen
aber auch grosse Unterschiede, wie Taufe wahrgenommen und praktiziert wird. Die
einen taufen Säuglinge, die anderen nur Jugendliche oder Erwachsene. Die einen
besprengen mit Wasser, die anderen tauchen unter. Die einen taufen im Namen
Jesu, die anderen im Namen des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes. Besonders
die Glaubens- bzw. Säuglingstaufe ist hierbei ein Grund für Kontroversen.
Die Anhänger der jeweiligen Taufpraxis argumentieren
mit der Bibel, der Geschichte und mit der seelsorgerlichen Auswirkung heute.
Trotzdem kommen sie offensichtlich nicht zusammen. Das liegt daran, dass man
die Taufe aus zwei Perspektiven wahrnehmen kann: Sie ist Gottes Ja zum
Menschen. Und sie ist das Ja des Menschen zu Gott.
Wer nun Gottes Handeln am Menschen betont, die
unverdiente Rettung, Gottes Entscheidung für uns, noch bevor wir uns für ihn
entscheiden konnten, der wird eher die Säuglingstaufe wählen. Wer dagegen
unterstreicht, dass Gott unsere Zustimmung erwartet, unser Bekenntnis und
unseren Glauben, unsere Zuwendung, der wird sich eher für die
Glaubenstaufe entscheiden. Tatsächlich gibt es für beide Taufformen durchaus
vertretbare Gründe. Wichtig ist es, beide Seiten im Blick zu behalten, denn zu
einem Leben als Christ – und zur Taufe – gehört unser Ja zu Gott genauso wie
sein Ja zu uns.
Eingeladen
Wer Taufe als Streitthema sieht, der hat nicht verstanden,
warum Jesus seine Nachfolger dazu aufgefordert hat. Wer sein Kind aber Gott
hinhält und ihn bittet: «Kümmere dich darum. Zieh es zu dir. Bewahre es. Segne
es und setze es anderen zum Segen», der erlebt, was Taufe bedeutet. Auch wer
zum Glauben gekommen ist und das für sich und andere deutlich machen will und
Gott sagt: «Ich will von jetzt an mit dir leben», der erlebt, was Taufe
bedeutet. Taufe sind Gottes offene Arme. Taufe ist die schönste Art, wie die
Kirche «Willkommen» sagen kann.
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