Der Weg von Rita und Jürgen Kullmann führte über China,
England, die Mongolei bis in die Schweiz nach Aeschi (BE). Im Dienst für
Migranten kommt hier zur Anwendung, was sie auf ihrem Lebensweg gelernt haben.
Rita und Jürgen Kullmann
Jürgen Kullmanns Vorfahren
flüchteten während des Zweiten Weltkriegs aus Moldawien über Polen nach
Deutschland. Mit 13 kam der oft als «Flüchtlingskind» bezeichnete Jürgen zum
Glauben und bald schon in Berührung mit Migranten. «Mein Pastor nahm mich mit,
um Ausländern zu begegnen.» In ihm wuchs das Anliegen, unerreichten Völkern das
Evangelium zu bringen. Während seiner Bibelschulzeit wurde ihm die Mongolei
wichtig.
Rita kam mit 18 nach
jahrelanger spiritueller Suche zum Glauben an Jesus. Von da an wollte sie den
Menschen von Jesus erzählen. Dass viele Menschen auf der Welt noch nie von ihm
gehört haben, weckte ihr Interesse. Im Geschichtsunterricht des Lehrerseminars hörte
sie von China und dessen 55 Volksgruppen. In der Inneren Mongolei lernte sie 1984
Jürgen kennen.
Gott als Versorger kennenlernen
Während der Zeit in China
verlobten sich Jürgen und Rita. Sie hatten zwar die gemeinsame Berufung für die
Mongolei, aber keine konkreten Pläne für ihre Zukunft. Während der
Flitterwochen öffnete sich die Türe für ein Übersetzungsprojekt in England für
eine mongolische Bibel. In diesen dreieinhalb Jahren wurden ihre zwei Söhne
geboren.
In England lernte die junge
Familie, ohne festes Einkommen, im alleinigen Vertrauen auf Gott zu leben. «Wir
haben erlebt, wie Gott uns versorgte», berichtet Rita. Ihre Erfahrungen schilderte
sie in ihrer Biografie «Mongolische Antworten». 1991 fanden sie in WEC
(Weltweiter Einsatz für Christus) eine Organisation, welche sie in die Mongolei
aussandte.
Gott in allem vertrauen
Im Laufe der Jahre sahen sich
Kullmanns grossen Herausforderungen gegenüber. Als Rita 1993 mit einem
geplatzten Blinddarm in der Wüste festsass, war es ein Wunder, dass sie
überlebte. Auch die multikulturelle Zusammenarbeit mit Christen verschiedener
Nationen war herausfordernd, so wie auch das Erhalten von Visa.
In unzähligen Situationen fühlte sich die Familie in einer Sackgasse und erlebte,
wie Gott einen Weg bereithielt – auch für die Ausbildung ihrer Kinder.
Auch Jürgen hatte Kämpfe. «Ich hatte oft
Zweifel. Wegen Sprachdefiziten kam ich mir oft wie ein kleines Kind vor. Die Mongolen suchten zwar Kontakt, aber manche nur
des Geldes wegen. Das tat weh.» Gefühle der Unzulänglichkeit nagten an ihm. Immer
wieder brauchte er eine göttliche Motivationsspritze, um zu erkennen, wirklich
am rechten Ort zu sein.
Zurück in der Schweiz
2003 kamen Kullmanns in die
Schweiz, wo sie ihren Dienst unter Ausländern aufnahmen. Rita meint: «Nach der
Rückkehr in die Schweiz wollten wir die Abhängigkeit von Gott nicht verlieren,
sondern uns weiterhin auf ihn verlassen.» Dieser Entscheid prägte den weiteren Weg. «Gott zu vertrauen besteht aus vielen kleinen
Schritten, die wir im Alltag gehen», hält Rita fest.
2014 wurde dem Ehepaar
Kullmann das Haupthaus des ehemaligen Hotel Friedegg in Aeschi für ein
christliches Projekt angeboten. «Es war unser Hauptanliegen, für Migranten
Wohngelegenheiten zu schaffen und Integration zu fördern», erzählt Rita. «Wir
hatten erfahren, wie schwierig es für manche Flüchtlinge ist, in der Schweiz Zimmer
oder Freunde zu finden», ergänzt Jürgen. «Sie brauchen oft eine neue Art Grossfamilie.
Solche Menschen wollen wir in unsere Wohngemeinschaft einladen und sie – falls
sie das wünschen – auch in der Jesus-Nachfolge begleiten.»
Peace Corner – neuer Glaubensschritt
Das Haus «Peace Corner»
Die Miete des Hauses – heute
«Peace Corner» genannt – bedeutete für Kullmanns einen grossen Glaubensschritt. Und
das nötige Arbeitspensum brachte sie an die Grenzen ihrer Kräfte. In dieser
Zeit hatte Rita starke Zweifel: «Wegen der immensen Arbeitsbelastung habe ich
mein Theologie-Masterstudium unterbrochen, das grosse Haus mit Umschwung forderte
all unsere Kräfte. Ich war frustriert mit den schweizerischen Gesetzen und
verstand Gott oft nicht.»
Peace Corner – ein Haus mit zwei Beinen
Heute wird der Peace Corner als
Einzelfirma geführt. So können Leute für den Unterhalt angestellt,
Räumlichkeiten vermietet und
interkulturelle Dienste angeboten werden. «Aber die Firma ist nur Mittel zum
Zweck», sagt Firmenchefin Rita. «Wir wollen mit diesem Haus Migranten auf eine
ganzheitliche Weise dienen.» Kullmanns verstehen den Peace Corner als «Business
as Mission».
Neben der Einzelfirma ist das
WEC-Projekt Come to be sent (CTBS) das zweite Standbein. Hier wird Migranten ermöglicht,
zu kommen, mitzuleben und dann verändert weiterzuziehen. CTBS ist vernetzt mit
andern Projekten, welche im Peace Corner Heimat finden. Eines davon ist die
Immigrantenschulung &Cultures,
die monatlich im Peace Corner durchgeführt wird. Durch die Firma werden die
nötigen Zimmer zur Verfügung gestellt, welche zwischenzeitlich auch an Air
B&B Gäste aus aller Welt vermietet werden.
Die vielen Jahre, in welchen
Kullmanns gelernt haben, auf Gott zu vertrauen, erweisen sich heute als ideales
Training, um Migranten in ihrer Lebenssituation zu begegnen. An Herausforderungen
mangelt es Rita und Jürgen weiterhin nicht: Ehrenamtliche Mitarbeiter sind
gefragt, um alle geplanten Seminarwochen durchzuführen. Die beiden erfahren aber
immer
wieder neu, dass Gott sich durch ihre Mängel und Probleme nicht beschränken
lässt.
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