Eigentlich ist
es nichts Neues: Menschen erwarten von Verantwortlichen und Leitungspersonen,
dass sie vorangehen. Aber was tun, wenn diese selbst «die Hand nicht vor Augen
sehen»? Keine Politikerin, kein Pfarrer, kein sonst irgendwo verantwortlicher
Mensch kann momentan im vollen Durchblick weitreichende Entscheidungen treffen.
Aber Abwarten ist auch keine Lösung. Der alttestamentliche König Josaphat
bietet hier einen interessanten Ansatz.
Die
Bibel berichtet von einer katastrophalen Lage für Josaphat und das Volk in
Juda. Wir befinden uns im 9. Jahrhundert vor Christus und die
nachbarschaftlichen Beziehungen im alten Israel sind nicht immer die besten. Ab
und zu kommt es deshalb zu kleinen Auseinandersetzungen oder einem wirklichen
Krieg mit einzelnen von ihnen. Aber die Meldung, die Josaphat diesmal erhält,
hat eine ganz andere Dimension: Ammoniter, Moabiter und ein weiterer Volksstamm
vom Gebirge Seir haben sich verbündet und ziehen gemeinsam mit drei grossen
Armeen gegen Juda. Die Chancen stehen – vorsichtig ausgedrückt – nicht
besonders gut. Es ist aussichtslos.
Von
allen Seiten angegriffen
Der US-Pastor Louie Giglio
sieht in dieser Situation Parallelen zur aktuellen Covid-19-Pandemie: Die «drei
Armeen» sind heute die Krisen in der weltweiten Gesundheit, der Weltwirtschaft
und den persönlichen Ängsten. Ohne das jetzt absolut zu übertragen: Ein Gefühl
zwischen Ohnmacht und Orientierungslosigkeit ist beiden Situationen gemeinsam.
Und lebensbedrohlich sind sie ebenfalls. Kein Boden, auf dem Leiterinnen und
Leiter wachsen und gedeihen können...
Josaphat,
der judäische König, reagiert mit einer besonderen Aussage darauf. Er betet:
«Wir wissen nicht, was wir tun sollen, sondern auf dich sind unsere Augen
gerichtet!» (2 Chronik, Kapitel 20, Vers 12).
Von
Demut bestimmt
Mit
dieser Reaktion verletzt Josaphat ein Prinzip, das für sehr viele Menschen in
Verantwortung entscheidend ist. Sie denken: «Zeig niemals Schwäche – das wird
gegen dich ausgelegt werden.» Und Josaphat? Er tut genau das. Zunächst einmal
ruft er auch alle anderen um sich herum zum Beten auf. Und dann legt er für
alle sichtbar und verständlich seine eigene Ohnmacht offen: «Wir wissen nicht,
was wir tun sollen.»
Ein
visionärer Leiter hört sich anders an, oder? Der würde jetzt von einem
gewaltigen Sieg faseln, den er in weiter Ferne sieht. Ein verwaltender Leiter
würde erklären, dass der Weg zwar schwierig ist, man aber Schrittchen für
Schrittchen gehen sollte. Josaphat tut nichts davon. Er ergreift gleichzeitig
die Initiative und erklärt seinen Bankrott! «Wir wissen nicht, was wir tun
sollen, sondern auf dich sind unsere Augen gerichtet!», sagt er zu Gott. Das
ist keine Schwäche, das ist Demut. Und die steht nicht nur Königen im Alten
Testament gut zu Gesicht. Solche Demut hilft genauso heutigen Führungspersonen,
mit der aktuellen Krise umzugehen.
Apropos
Führungspersonen. Sie wissen ja, dass es in normalen Zeiten in unserer Nation
Zehntausende von Fussballtrainern gibt, die alles wissen. Genauso gibt es jetzt
Hunderttausende von politisch weitsichtigen Virologen, die man nur mal an die
Macht lassen müsste … Wie gesagt: Demut ist hilfreich.
Von
Gott beschenkt
Das
Ergebnis von Josaphats Gebet ist eine besondere Antwort Gottes und ein Sieg,
den man nur als Wunder bezeichnen kann. Das Volk erhält die Zusage, dass Gott
sich um alles kümmern wird: «Aber es ist nicht an euch, dort zu kämpfen. Tretet
nur hin und bleibt stehen und seht die Rettung des HERRN, der mit euch ist!» (2
Chronik, Kapitel 20, Vers 17).
Um
das noch einmal zu unterstreichen: Es ist kein Aufruf zur Passivität. Das Volk
soll «hinabziehen», «hintreten», «stehen» und Gottes Handeln «sehen». Das tun
sie singend und betend. Und währenddessen wenden sich die feindlichen Heere
gegeneinander und schalten sich gegenseitig aus. Einerseits ist dieser Text
einer der vielen, bei denen Blut fliesst. Andererseits ist das hier nicht im
Fokus. Es geht dem Chronisten vielmehr um das Wissen: Die Probleme sind gross,
aber Gott kümmert sich darum und er ist grösser.
Ist
dieser Bibeltext nun eine Verheissung dafür, dass auch die Coronakrise gut
enden muss? Nein. Wir stecken noch mitten darin und noch ist keine echte Lösung
in Sicht. Und den vielen betroffenen Menschen gegenüber – egal ob Christen oder
nicht – wäre es zynisch, die Parole «alles wird gut!» auszugeben. Doch wie
Josaphat können wir uns an Gott wenden: «Wir wissen nicht, was wir tun sollen,
sondern auf dich sind unsere Augen gerichtet!»
Über dieses Thema wurde auch in einem Livenet-Talk gesprochen:
Meghan und Harry sorgten mit einer «Netflix»-Doku für mächtig Wirbel. Die Autorin und «Woman Alive»-Chefredaktorin Tola Doll Fisher machte sich dazu...