In Deutschland machen «Querdenker» mit
Anti-Corona-Demonstrationen von sich reden. Aber nicht erst seit 2020 gibt es
sie – Menschen, die sich nicht vom Mainstream treiben lassen. Wo schwimmen Sie?
Die «Frankfurter
Allgemeine Zeitung» gab Entwarnung: Die sogenannte «Querdenker»-Bewegung speist
sich nicht in hohem Maße aus Evangelikalen und Pietisten, schreibt die FAZ am
Sonntag. Auch deren Dachorganisationen würden sich gegen die «Querdenker»
stellen. Weiter schreibt die FAZ, dass die «evangelikalen und
fundamentalistischen Christen» unter den Querdenkern «masslos überschätzt»
würden. Der Basler Soziologe Oliver Nachtwey habe in einer repräsentativen
Umfrage unter anderem festgestellt, dass nur zwölf Prozent der «Querdenker» in
den vergangenen Monaten mindestens einmal eine Kirche besucht hätten.
Evangelikale Christen besuchten deutlich häufiger Gottesdienste (Quelle: pro
Medienmagazin).
Gegen eine fade Gesellschaft
So viel zur Entlastung
der Frommen in Bezug auf Corona-Kritiker. Gleichzeitig muss festgehalten
werden: Dass die Nachfolger des Mannes aus Nazareth quer zum gesellschaftlichen
Mainstream denken und – hoffentlich auch – handeln, wird jedes Jahr mehr zur Herausforderung,
zum Problem – und zur grossen Chance des Christentums und unserer Gesellschaft.
«Passt euer Denken nicht der Welt an», mahnte einer ihrer Urväter namens Paulus.
Warum? «Weil ihr das Salz der Erde seid», begründete Jesus selbst. Das bedeutet:
weil ihr nur so die Gesellschaft, in der wir leben, geniessbar macht. «Wenn das
Salz seine Salzkraft verliert, ist es für nichts mehr gut als nur weggeworfen
zu werden», fügte er hinzu.
Salz für sich allein
gegessen ist relativ ungeniessbar – in der Suppe oder in einem feinen Steak
entwickelt es eine wunderbare geschmackliche Veränderung (natürlich nur in der
richtigen Dosierung).
Querdenken und querhandeln
Die paar Handvoll von
ersten Christen entwickelten sich in nur zwei Jahrhunderten zur stärksten
Minderheit im Römischen Reich, obwohl ihre Werte in vielem quer zur
Gesellschaft standen. Sie waren von Anfang an multikulturell, überschritten
nationale, ethnische, religiöse und kulturelle Grenzen, teilten ihr Gut mit
anderen, lebten gewaltlos, schützten das ungeborene und retteten das geborene
menschliche Leben (vor allem weibliche Babies) und lebten eine revolutionäre sexuelle
Moral. Sie wurden bewundert und gehasst, verfolgt und den Löwen vorgeworfen –
und doch erwies sich ihr Lebensentwurf, der oft quer zum Mainstream stand, als
kulturell stärker, lebensfreundlicher und lebenstüchtiger als die
griechisch-römische Moral. Sie beteten nur einen Gott an, liebten ihn aber über
alles, und ihre Taten der Nächstenliebe überzeugten oft auch ihre härtesten
Kritiker.
Innerhalb
von zwei Generationen ist unsere westliche Kultur in eine nachchristliche
Gesellschaft umgekippt. Überzeugte Christen müssen heute Querdenker sein –
nicht in allen Fragen und beileibe nicht aus einem prinzipiellen
«Dagegen-Sein». Jenseits des rechts-links-Schemas stellen sie viele Narrative
unserer Gesellschaft in Frage und bieten lebbare Gegenentwürfe an. «Fürchtet
euch nicht» ist ihre Haltung – und ihr Angebot. Ihr Symbol ist nicht die Faust,
sondern eher die gefalteten Hände. Und wer sagt, dass es dabei auf die Menge
ankommt?
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