Die Botschaft des Bauerndichters im 21. Jahrhundert
Beat Weber (Bild: Facebook)
Beat Weber ist im bernischen Linden durch seine
Gotthelf-Predigten bekannt geworden. Nun macht er – als pensionierter Pfarrer –
mit einem Buch auf die zeitlose Bedeutung des «Bauerndichters» aufmerksam.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte Gotthelf ein Revival in
Form von Hörspielen und Filmen. Seither ist es um ihn stiller geworden. Zu
Unrecht, fand Beat Weber, denn: «Gotthelfs Werke sind von schriftstellerischer
Brillanz und bleibender Bedeutung.» Er belegt das in seinem Buch mit dem Titel «Den
anderen Jeremias Gotthelf neu zu Wort kommen lassen». Und mit dem träfen
Gotthelf-Zitat auf dem Cover: «Wenn keine Religion mehr ist, da geht alles
auseinander.»
Ein Spiegel, in dem sich der Mensch erkennen soll
Jeremias Gotthelf
Auf rund 180 Seiten erlebt der Leser einen Querschnitt durch
die Werke Gotthelfs und staunt tatsächlich über die Aktualität seines Werkes.
Angefangen mit dem «Bauernspiegel», der Geschichte über den «Verdingbub» Mias,
der sich nach Liebe sehnt, immer wieder enttäuscht wird und schliesslich doch
als geachteter Erzieher endet. Und der Dichter hält darin nicht nur den Bauern
einen Spiegel vor, sondern auch unwürdigen Pfarrkollegen und eigennützigen
Beamten.
Starke Symbole
Weber weist dabei auf die Bedeutung des Namen des Dichters
hin, der eigentlich Albert Bitzius heisst. Er fühlt sich wie der
alttestamentliche Prophet Jeremias, der dem Volk eine unbequeme Botschaft
mitteilen muss. Mit «Gotthelf» bekennt er sich dazu, bei seiner Schriftstellerei
auf die Hilfe Gottes angewiesen zu sein, wenn er schonungslos Charaktere
schildert, mit denen sich Menschen auseinandersetzen müssen, die sich nach
Liebe und Frieden sehnen. Weber legt den Schwerpunkt darauf, diese
Charaktergestalten hervorzuheben und sie in die damaligen Verhältnisse
einzubetten: Christen, Anneli, Bänz, Schnitzfritz, Pfeffergret, Anne Bäbi
Jowäger… Ebenso haben die Hof- und Dorfnamen symbolische Bedeutung:
Dorngrüt, Blitzloch, Liebiwyl, Stritiwyl… LeserInnen erhalten mit der
Zusammenfassung der Erzählungen und Originaltexten gleichzeitig einen Überblick
über das ganze Schaffen des Bauerndichters.
Zeitlose Bedeutung
Er macht aber auch die Weltsicht des Dichters deutlich:
eine Gesellschaft, die sich an den Säulen des christlichen Glaubens, dem
Evangelium und den daraus hervorgehenden Werten orientiert. Typisch dafür ist
das von alt Bundesrat Adolf Ogi gerne zitierte Gotthelf-Wort: «Im Hause muss
beginnen, was leuchten soll im Vaterlande.» Weber sagt es so und begründet
damit, weshalb er vom «andern» Gotthelf spricht: Mit ihm soll «ein für uns
wichtiges, aber oft zu wenig beachtetes Anliegen ins Licht gestellt werden: Die
Religion, der gelebte christliche Glaube, erweist sich als Mitte und
lebensgestaltende Kraft des familiären und gesellschaftlichen Zusammenlebens…
Ohne diesen Glauben fehlt der Zusammenhalt in den Häusern und im öffentlichen
Leben.» Gotthelf habe seine Werke überwiegend in Zeiten grosser Umwälzungen
geschrieben habe. Das zeige seine zeitlose Bedeutung gerade für heute.
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