Margrit Wahrstätter (links) und Christine Kaderli (Bild: Mirjam Fisch-Köhler)
Christine Kaderli
und Margrit Wahrstätter engagieren sich im Verein KISS in der Region Baden. Mit
Nachbarschaftshilfe kann man Zeitgutschriften sammeln und wieder einlösen.
«Lothar Späths
Buch ‚Der Generationen-Pakt‘ war der Auslöser für KISS», erzählt Christine Kaderli.
«Späth beschreibt, warum die Alten nicht das Problem, sondern die Lösung sind.»
Nach Späth müsse man neue Formen der Care-Arbeit finden, denn langfristig sei
sie sonst nicht mehr bezahlbar.
Nächstenliebe
wird praktisch
Die beiden alt
Grossrätinnen der EVP Aargau, Christine Kaderli (73) und Margrit Wahrstätter
(67), engagieren sich seit vielen Jahren für ihre Mitmenschen. Vor drei Jahren gründete
Kaderli zusammen mit Margrit Meier die Genossenschaft KISS Region Baden. KISS
steht für «keep it small and simple» (halte es klein und einfach). Wahrstätter
(67) ist heute Präsidentin. Beide wollen Nächstenliebe durch Taten ausdrücken.
«Jetzt kann ich mich noch einsetzen, später darf ich dann selber Hilfe annehmen»,
sagt Margrit Wahrstätter über die Idee von KISS.
Viele geben
lieber
«Nussbaumen hat
mit 26 Prozent einen sehr hohen Anteil an Senioren», sagt Christine Kaderli.
Der Durchschnitt liegt bei 16 Prozent. Kaderli gehört zur Alterskommission ihres
Dorfes. Das Konzept von KISS überzeugte sie: «Ziel ist, dass Menschen aller
Generationen möglichst lange zu Hause bleiben können.» Menschen, die einander vertrauen,
unterstützen sich gegenseitig, ohne grosse Bürokratie. So sammeln sie
Zeitgutschriften oder lösen solche ein.
Die KISS-Abteilungen in der Schweiz
sind als Genossenschaft organisiert. Mit dem einmaligen Beitrag von 100 Franken
erwirbt man sich das Recht, Dienstleistungen anzubieten oder anzufordern. Das kann zum
Beispiel Hilfe bei der Handhabung des Computers sein, während Abwesenheit die Pflanzen
giessen, Wäsche bügeln, kleine Reparaturarbeiten oder gemeinsames
Spazierengehen. Alles beruht auf Freiwilligkeit und darf Berufsleute nicht
konkurrieren. «Wenn wir niemanden haben, der das Gewünschte anbietet, sind wir nicht
verpflichtet, den Wunsch zu erfüllen», so Vereinspräsidentin Wahrstätter. «Viele
Leute geben lieber, als dass sie etwas annehmen. Sie machen etwas Sinnvolles
und fühlen sich gebraucht», beobachtet sie. Wer will, kann sein Guthaben daher
auch verschenken.
Entlastung für
Institutionen
Alle Angebote und
Anfragen laufen über eine Koordinatorin. Sie verwaltet die Zeitgutschriften. So
kann jede Person frei entscheiden, für wen und was sie sich einsetzen möchte.
Institutionen zahlen den etwas höheren Genossenschaftsanteil für ihre Bewohner,
dann müssen diese keine Gegenleistung erbringen. Auch wenn die Genossenschafter
vor einem Einkaufszentrum Abfall einsammeln, geschieht das freiwillig, als
Dienst an der Gemeinschaft. «Wir entlasten dadurch die Gemeinden», so Kaderli.
Für die entstehenden Administrationskosten bittet sie deshalb um
Sponsorengelder.
Inspiration
beim Kaffeetrinken
Einmal pro Monat
wird ein Kaffeetreff angeboten, der dem Austausch und der Vernetzung dient. Im Austausch
werden neue Ideen geboren. «Es fliesst in der Regel viel zurück, wenn man sich
für andere Menschen einsetzt», fasst Margrit Wahrstätter ihre Erfahrungen zusammen.
Nicht nur in Form von Zeitgutscheinen.
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