Einmal
mehr wird im November der verfolgten Christen gedacht. Angesichts der
zunehmenden Vorkommnisse in westlichen Ländern spricht Livenet mit
Fachpersonen unter anderem auch über Verfolgung bei uns.
In vielen Ländern wird an verschiedenen Sonntagen
im November der verfolgten Christen gedacht und im speziellen für sie gebetet.
Laut dem Weltverfolgungsindex der christlichen Organisation Open Doors sind 309
Millionen Christen an einem hohen bis extremen Mass an Verfolgung ausgesetzt.
Die Bandbreite geht von Diskriminierung, über Inhaftierung bis zum Tod. Auch in
Westeuropa, wo die Glaubensfreiheit in den Grundgesetzen verankert ist, ist
zunehmend Gegenwind spürbar. Und genau darüber spricht Rebekka Schmidt im
Livenet-Talk mit zwei interessanten Gästen.
Thomas Bucher, Europäische Evangelische Allianz
Einer der Gäste im Livenet-Talk ist Thomas
Bucher, Generalsekretär der Europäischen
Evangelischen Allianz. Die europäische evangelische Allianz wurde 1846
gegründet und schaltete sich bereits 1852 bezüglich Religionsfreiheit ein. «Es
ging darum, dass schwedische Frauen zum Katholizismus übergetreten sind, was im
lutherischen Umfeld gar nicht ankam, und in der Folge ihre Staatsbürgerschaft
verlieren sollten.» Die europäische evangelische Allianz hat sich damals
erfolgreich für die Religionsfreiheit dieser Frauen eingesetzt. «Glaubens- und
Gewissensfreiheit war für die evangelische Allianz schon immer ein wichtiges
Gut und wir setzen uns auch heute dafür ein.»
Sofia Hörder, Menschenrechtsorganisation ADF International
Sofia Hörder
Sofia
Hörder ist Kommunikationsbeauftragte der Menschenrechtsorganisation ADF
International. ADF steht für Alliance Defending Freedom (Allianz zur
Verteidigung der Freiheit) und ist eine weltweite Menschenrechtsorganisation.
«Die Hälfte unseres Personals sind Anwälte», berichtet Sofia Hörder. Zudem hat
ADF weltweit mehr als 3'400 Partneranwälte. Bei Glaubensfreiheit, Förderung und
Schutz des Lebens, Familienrecht, Meinungs- und Redefreiheit leisten sie
kostenlosen Rechtsbeistand. ADF bildet Anwälte auf diesen Themenbereichen aus. «Dabei
geht es darum, die Türen fürs Evangelium offen zu halten.»
Verfolgung unter Vorwand von Covid
Sofia Hörder berichtet, wie in Ländern wie
beispielsweise Pakistan die Rechtsprechung für Christen, unter dem Vorwand von
Covid, unnötig in die Länge gezogen wird. «Was wir in der Phase der Lockdowns
weltweit beobachtet haben, ist, dass Kirchgänger durch die Schliessungen
diskriminiert wurden.» Anfänglich hätte sie für die Regierenden noch
Verständnis gezeigt, da man über Risiken und sinnvolle Massnahmen noch wenig
wusste. Später wurden dann aber Benachteiligungen für Christen sichtbar. Sofia
Hörder berichtet aus verschiedensten Ländern, in welchen Kirchen, verglichen
mit Restaurants, Bars oder Kinos, viel strengere Auflagen zu erfüllen hatten.
«Wir hatten unter anderem Fälle in Schottland, Irland, Chile, den USA,
Südafrika, Uganda oder Kroatien.»
«Ich denke, es gibt ein Potential, dass sich die
Situation in Europa verschlechtern kann», sagt Thomas Bucher. «Regierungen haben
jetzt sehr viel Kompetenzen und könnten diese auch ausnützen.» Ob oder wie oft
dies tatsächlich der Fall sein wird, müsse sich erst zeigen.
Der (ab)normale Zustand der Christen
Warum ist es für Christen westlicher Länder
wichtig, an die Verfolgten zu denken und für sie zu beten? «Sich damit
auseinanderzusetzen ist für uns enorm wichtig», meint Thomas Bucher. Für uns
war in den letzten paar 100 Jahren Verfolgung weit weg. Das dürfen wir nicht
als selbstverständlich nehmen. Bucher bezeichnet unsere verfolgungsfreie Zeit
als «abnormal». «Auch bei uns ändern sich die Dinge jetzt langsam und werden
«normaler».
Thomas Bucher und Sofia Hörder stimmen überein:
Obwohl in westlichen Ländern die Glaubensfreiheit zunehmend unter Druck kommt, sind
wir noch ein gutes Stück von echter Verfolgung entfernt. Diese könnte aber durchaus
kommen. Der aktuell zunehmende Druck richte sich bei uns nicht gegen den Glauben an
sich, sondern gegen die damit verbundenen Werte. Weltanschauung und Werte des
Mainstream gelten zunehmend als absolut und Vertreter abweichender Meinungen
erfahren enormen Gegenwind. Aktuell wird dies besonders in der Gender-Thematik
sichtbar. Sofia Hörder erörtert das Beispiel einer finnischen Abgeordneten, die
sich für ihre Haltung in Bezug auf Sexualethik vor Gericht verantworten muss.
Mutig in die Zukunft
Thomas Bucher sagt, dass Christen lernen müssen,
sich einzubringen. «Christen müssen sich für Politik interessieren und sich
dafür einsetzen.» Sofia Hörder stimmt zu: «Man muss darauf achten, wie man
etwas sagt. Wir wollen uns aber nicht davon abhalten lassen, die Wahrheit in
Liebe auszusprechen.» Die aufkommenden Hassredegesetze, welche oft vage
formuliert sind, können zu Problemen für Menschen mit anderer Meinung führen.
Aufrufe zu Gewalt oder respektlose Äusserungen seien abzulehnen, eine Äusserung
der eigenen Meinung soll aber trotzdem möglich sein. Dass Menschen für ihre
Äusserungen verhaftet werden komme inzwischen auch in Westeuropa vor. «Das
trifft nicht nur Christen, sondern auch Kabarettisten. Wir müssen uns wirklich
hüten, dass dies nicht ausufert.»
«Wir müssen uns nicht auf schlimme Dinge
vorbereiten, sondern unseren Auftrag positiv wahrnehmen,» weist Bucher aufs
Wesentliche hin. «Das beinhaltet in erster Linie, die gute Nachricht zu
verbreiten, die gute Nachricht zu leben und Menschen Hoffnung zu bringen.» Hier
gebe es so viele Möglichkeiten, um aktiv zu sein. Und Sofia Hörder hält fest,
dass unterdrückte Christen Gottes Kraft oft in besonderem Masse erfahren.
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