Extremismus und Corona

Christenverfolgung hat 2020 erneut zugenommen

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Der Weltverfolgungsindex 2021 zeigt: Der Druck auf christliche Minderheiten hat weltweit zugenommen. Unter anderem durch verstärkte staatliche Überwachung in China, einem sich radikalisierenden Hindu-Extremismus in Indien, Islamismus in der Sahelzone sowie durch die Corona-Pandemie. Vereinzelt wurden auch Verbesserungen registriert, namentlich im Sudan. In den Ländern der Top 50 werden über 309 Millionen Christen verfolgt.

Das Hilfswerk für verfolgte Christen Open Doors hat die neue Rangliste der 50 Länder veröffentlicht, in denen es für Christen besonders gefährlich ist, ihren Glauben zu leben. Der Weltverfolgungsindex 2021 zeigt, dass sich die Intensität der Christenverfolgung im letzten Jahr deutlich verschärft hat.

«Zum ersten Mal seit Bestehen des Weltverfolgungsindex in 1992 wird das Ausmass der Verfolgung in allen 50 Ländern, die auf dem Index ganz oben stehen, als 'extrem' oder 'sehr hoch' bewertet. Das zeigt leider, dass sich die Situation für Christen auf der ganzen Welt weiter verschlechtert», bilanziert Philippe Fonjallaz, Direktor von Open Doors Schweiz.

Morde und Angriffe zugenommen

Die Schliessung sowie Zerstörung von Kirchen und ihren Einrichtungen setzt sich in mehreren Ländern fort, besonders in China. Der religiöse Nationalismus in Ländern wie Indien und der Türkei droht alles kirchliche Leben zu ersticken. Die Anzahl der aufgrund ihres Glaubens getöteten Christen hat sich von 2'983 im Vorjahr auf aktuell mindestens 4'761 erhöht.

Angriffe islamistischer Gruppen auf Christen und ihre Kirchen haben insbesondere in Westafrika und der Sahelregion stark zugenommen. Nordkorea steht aktuell und seit 20 Jahren auf Rang 1 des Weltverfolgungsindex. Dahinter folgen Afghanistan, Somalia, Libyen, Pakistan, Eritrea, Jemen, Iran, Nigeria, Indien, Irak und Syrien. Der aktuelle Berichtszeitraum ist der 1. Oktober 2019 bis 30. September 2020.

Covid-19-Pandemie verschärft Verfolgung

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Weltverfolgungsindex
In einigen west- und zentralafrikanischen Ländern nutzten islamistische Gruppen die Lockdown-Massnahmen, um ihre Aktivitäten und Angriffe gegen Christen auszuweiten, da Sicherheitskräfte nur beschränkt handlungsfähig waren. In mehreren Ländern wurde die Pandemie zum Vorwand genommen, um Christen zu beschuldigen, sie bzw. ihr «falscher» Glaube seien die Ursache für die Krankheit. Zudem erhöhte sich während der Lockdowns die Verwundbarkeit von christlichen Konvertiten im häuslichen Umfeld, da sie keinen Kontakt zu anderen Christen hatten und noch mehr unter Überwachung und Druck ihrer Familie standen.

China: Gesichtserkennungssoftware in Kirchen

Das Regime in China (Weltverfolgungsindex 2021: Rang 17 / 2020: Rang 23) strebt die Kontrolle und Steuerung aller Bürger mittels eines «Social Scorings» an. Christen stehen im Fokus, weil sie Jesus anbeten, was der Doktrin der kommunistischen Partei zuwiderläuft. Die hat den Druck auf staatlich registrierte sowie nicht-registrierte Kirchen weiter verstärkt.

Kameras mit Gesichtserkennungssoftware in Gottesdiensten sind Vorschrift, Kindern und Jugendlichen ist die Teilnahme verboten. Kreuze und die biblischen Zehn Gebote müssen den Bildern von Xi Jinping und Propagandasprüchen der Partei weichen. Mindestens weitere 3'080 Kirchen und ihre Einrichtungen wurden geschlossen, attackiert oder zerstört. Seit 2013 sind dies rund 18'000. Funktionäre der Kommunistischen Partei haben in mehreren Provinzen damit gedroht, Sozialleistungen, einschliesslich Renten, zu streichen, wenn Christen sich weigern, christliche Symbole wie Kreuze durch Bilder von Präsident Xi Jinping zu ersetzen. Die Version einer nach sozialistischen Kernwerten «berichtigten» Bibel ist in Auftrag. Kirchen durften nach der Covid-19-Pandemie nur wieder öffnen, wenn sie den siegreichen Kampf der Regierung gegen das Virus rühmten. Unter Xi Jinping ist das Land seit 2018 von Rang 43 auf aktuell Rang 17 aufgestiegen.

Indien: Religiöser Nationalismus als Programm

Unter der hindunationalistischen Regierung von Indiens (Rang 10) Premierminister Modi bleibt die Gewalt gegen Christen extrem hoch, sie sind zudem in allen Lebensbereichen einem sehr hohen bis extremen Druck ausgesetzt. Mobs greifen immer wieder Kirchen und in Dörfern christliche Familien an. Die Anzahl der jährlich gemeldeten gewaltsamen Übergriffe gegen Christen hat sich seit 2014 verfünffacht. Die Regierung hat die Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen durch ausländische Geldgeber per Gesetz massiv eingeschränkt.

Da die meisten christlichen Organisationen und Kirchen mit Schulen und Krankenhäusern als NGO registriert sind und seit langem mit internationalen Kirchen und Organisationen zusammenarbeiten, können sie aufgrund fehlender Spenden ihre Tätigkeiten nicht oder nur sehr begrenzt weiterführen. Gemäss der Ideologie «Jeder Inder muss ein Hindu sein» sollen in Indien nur Hindus beheimatet sein. Die öffentliche Verbreitung des christlichen Glaubens wird in acht der 28 indischen Bundesstaaten bestraft, sie haben ein Anti-Konversionsgesetz; andere planen dessen Einführung.

Türkei: Ausweitung des türkischen politischen Islams

Unter der islamistischen Agenda von Präsident Erdogan hat die Türkei (neu Rang 25, bisher Rang 36) mit ihrer Militäroffensive im Nordirak genau die Christen in der Region Dohuk erneut vertrieben, die einst vor dem IS aus der Ninive Ebene dorthin geflohen waren. Das Erwachen des türkischen Polit-Islam zeigt sich zudem in der Umwandlung derHagia Sophia sowie der Chora-Kirche (auch sie ist ein UNESCO-Weltkulturerbe) in Moscheen.

Im Nordosten von Syrien siedelt die Türkei syrische Flüchtlinge an und vertreibt zusammen mit islamistischen Söldnern aus Syrien sowohl alteingesessene Christen als auch Konvertiten unter den Kurden. Laut UN-Bericht wurden dabei Häuser und Eigentum von Christen mit einem «N» (für Nasrani = Christen) gekennzeichnet; so wie 2014 bei der Vertreibung der Christen aus der Ninive Ebene durch den IS.

Visen für über 50 ausländische Christen, zumeist mit Leitungsfunktion in ihren Gemeinden, wurden in den beiden letzten Jahren nicht mehr verlängert, da sie eine «Bedrohung der nationalen Sicherheit» darstellten. Die Regierung schürt mit scharfer Rhetorik Misstrauen und Hass gegen die Christen im Land.

Subsahara Afrika: Morde und Kirchenzerstörung

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Massaker in Nigeria
Afrika verzeichnet die höchste Zahl ermordeter Christen. Tödliche Angriffe auf Christen haben insbesondere in Subsahara Afrika stark zugenommen. Islamistische Gruppen kooperieren länderübergreifend, um Christen zu vertreiben und sie und ihre Kirchen zu vernichten. Zu Weihnachten 2019 veröffentlichte der IS-Ableger Islamischer Staat Westafrikanische Provinz (ISWAP) ein Video mit der Enthauptung von zehn Christen, ein elfter wurde erschossen. Im Video wird gesagt, dies sei die Rache für den Tod des IS-Anführers Abu Bakr al-Baghdadi und «eine Botschaft an die Christen in der Welt». 

In Nigeria, zurück in den Top 10 auf Rang 9, wurden mit 3'530 Morden die meisten Christen getötet, der Grossteil von April bis August 2020, als das Land wegen der Covid-19-Pandemie abgeriegelt war. Seit 2013 wurden Berichten von Open Doors zufolge mehr als 18'430 Christen um ihres Glaubens willen ermordet und mehr als 1'600 Kirchen zerstört. Fulani-Viehhirten und Boko Haram sowie Ableger des IS und weitere islamistische Gruppen attackieren in Nigeria und auch in Burkina Faso, Mali, Niger und Kamerun Dörfer von Christen, um sie zu ermorden sowie ihre Kirchen und Häuser zu zerstören und zu plündern. Zuletzt zu Weihnachten 2020 (nicht im Berichtzeitraum des Weltverfolgungsindex) griffen am 24. Dezember Kämpfer von Boko Haram Christen im Dorf Pemi im Norden Nigerias an, sie töteten mindestens elf Menschen und entführten sieben weitere, darunter einen Pastor, und brannten die Kirche nieder. Wegen der seit Jahren zunehmenden Gewalt gegen Christen ist die Demokratische Republik Kongo (40) neu auf dem Weltverfolgungsindex, ebenso auch Mosambik (45).

Nur Länder mit extremer und sehr hoher Verfolgung

In den 50 Ländern des Weltverfolgungsindex (WVI) leben ca. 5,1 Milliarden Menschen, darunter über 760 Millionen Christen, von denen rund 309 Millionen einem sehr hohen bis extremen Mass an Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt sind. 

Mittels einer Indexpunktzahl werden die Länder den Verfolgungsrubriken «extrem» (81-100 Punkte), «sehr hoch» (61-80 Punkte) und «hoch» (41-60 Punkte) zugeordnet. Erstmals rangieren nur noch Länder mit extremer und sehr hoher Verfolgung auf dem WVI. 

In 24 weiteren Ländern, die nicht im Weltverfolgungsindex 2021 gelistet sind, leiden Christen unter einem zumindest hohen (41-60 Punkte) Mass an Verfolgung und Diskriminierung. Weltweit sind demnach mehr als 340 Millionen Christen, die oft nur eine kleine Minderheit sind, einem hohen bis extremen Mass an Verfolgung ausgesetzt.

Unterstützung christlicher Gemeinschaften verstärken

Philippe Fonjallaz, Direktor von Open Doors Schweiz, verbindet mit dem Weltverfolgungsindex dieses Anliegen: «Wir haben unsere Kommunikationskampagne 'Nicht alleine, nicht vergessen' betitelt. Trotz der Covid-Krise, die einen grossen Teil unserer Nachrichten in der Schweiz einnimmt, ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass zu viele Menschen auf der Welt unter Verfolgung, Gewalt, Diskriminierung und Isolation wegen ihrer Religion oder ihrer Meinung leiden. Besonders besorgniserregend ist die Situation der Christen, die weltweit am meisten betroffen sind. Es ist wichtig, dass unsere Behörden ihre Bemühungen zur Verteidigung der Religions- und Gewissensfreiheit in der Welt verstärken, wozu sie sich mit der Unterzeichnung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verpflichtet haben. Wir rufen auch alle Christen auf, sich durch Gebet und Unterstützung verfolgter Christen zu mobilisieren, damit sich die Betroffenen nicht allein fühlen, sondern die Solidarität des ganzen Leibes Christi erfahren.»

Zur Webseite:
Open Doors Schweiz

Zum Thema:
Gebet gegen Gewalt: Christen in Niger reagieren auf die Attacken der Islamisten
Nach Covid-19-Berichten: Christliche Bloggerin muss vier Jahre ins Gefängnis
Sonntag der verfolgten Kirche: Wo es gefährlich ist, Christ zu sein

Datum: 13.01.2021
Autor: Open Doors Schweiz
Quelle: Open Doors Schweiz

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