Zwei Millennials philosophieren über das Miteinander in der SEA der
Zukunft: Jaël Binggeli und Beni Manig trafen sich eines Nachmittags, um das
diesjährige «Gottwärts» – ein ökumenischer Anlass für junge Erwachsene –
anzudenken.
Dabei kamen sie auf die Frage zu sprechen, wo die Schweizerische
Evangelische Allianz (SEA) an ihrem 200. Geburtstag in 25 Jahren stehen wird und
was ihnen als Millennials dann wichtig sein wird.
Beni Manig: In 25 Jahren sind wir beide um die 50 Jahre alt, also etwa so alt wie Marc
Jost oder Kuno (Matthias Kuhn) heute. Sie beide sind starke Leitungspersönlichkeiten,
die uns momentan vorangehen. Doch was wird künftig wichtig sein?
Gemeinsam näher zur Wahrheit
Jaël Binggeli: Ich glaube, dass das Miteinander der Christenmenschen noch
relevanter wird in Zukunft. Wenn die Christenheit schrumpft, zumindest wenn wir
die vielen Austritte aus der Kirche anschauen, müssen wir enger zusammenstehen
und uns als einen Leib sehen. Dass wir immer wieder voneinander lernen können
und einander brauchen, um die Vielfalt von Gott gemeinsam zu erforschen, soll
der Antrieb sein.
BM: Wie wird das aber organisiert? Eine Institution mit Mitgliedschaften
und regelmässigen Verpflichtungen – das ist doch nicht mehr attraktiv.
JB: Ich lege den Fokus auch nicht auf die Institution, sondern auf die Vision:
«gemeinsam besser». Die SEA ist das Mittel zum Zweck. Ich habe so viele
Meetings und Gespräche, in denen ich Kontakte herstelle und Brücken zu bauen
versuche. Das Bedürfnis nach einem Netzwerk und dem Miteinander scheint weiterhin
ein grosses Anliegen zu sein, ist aber auch selbstverständlicher geworden. Die
SEA als Ort der Begegnung hat Potenzial. Ich denke, dass wir die Wahrheit nur
in der Beziehung zueinander erkennen können. Mein Gegenüber hat von Gott
vielleicht etwas entdeckt, was ich mit meiner Perspektive nicht sehe. Deswegen braucht
es Orte der Begegnung von leitenden Personen, aber auch Anlässe, wie die
Allianzgebetswoche, welche die Christinnen und Christen zusammenführen und die
Vielfalt an Kirchen aufzeigen.
Meinungsvielfalt mit Fokus auf Jesus
BM: [lacht] Ich bin nicht überzeugt, dass Vielfalt an sich wertvoll ist.
Vielfalt klingt immer schön und wichtig, aber Vielfalt ist kein Wert an sich.
Es ist immer die Frage, wovon wir eine Vielfalt haben. Eine Vielfalt von
psychischen Krankheiten oder eine Vielfalt von leeren Kirchen will niemand.
Eine Vielfalt verschiedener Menschen, die Christus auf ihre Art nachfolgen, das
wünsche ich mir. Tatsächlich wird unsere Gesellschaft immer vielfältiger. Durch
das Internet und weil wir unser soziales Umfeld bewusst wählen können, sind wir
aber oft nur mit Gleichgesinnten unterwegs. Christinnen und Christen sind
leider oft gute Beispiele, wie man sich in einer Bubble abschotten kann. Da
wird unsere Gesellschaft noch viel mehr auseinanderdriften.
JB: Eine weitere Herausforderung stellt die Flut an Informationen dar, die
uns begegnet, auch im Glauben. Du findest jede Theologie, die du dir vorstellen
kannst, im Internet. Die Frage wird sein: Worauf legen wir den Fokus? Und der muss
auf Jesus liegen.
BM: Die SEA könnte genau hier Vermittlerin sein und im grossen Spektrum von
Evangelikalen bis Liberalen immer wieder daran erinnern: Legt euren Fokus auf Jesus.
Natürlich müssen wir um dieses Zentrum immer wieder ringen. Trotzdem sind wir
uns heute mehr denn je bewusst, dass unser Erkennen Stückwerk ist. Zum Beispiel
bin ich mir bewusst, dass ich reformierter Christ bin, auch weil ich so
aufgewachsen bin. Ich habe ein Herz für meine katholischen und freikirchlichen Geschwister,
aber die reformierte Kirche mit ihrer Freiheit und der Ortsgemeinde bleibt für
mich die primäre Heimat. Das hat nichts mit Wahrheit zu tun, sondern mit Prägung.
Wäre ich katholisch aufgewachsen, könnte ich wahrscheinlich mehr mit
geschmückten Kirchen anfangen. Ich kann deshalb nicht für eine bestimmte Tradition
argumentieren. Ich kann lediglich anerkennen, dass ich in einer bestimmten
Tradition Gott finde.
Vertrauen auf eine befähigte nächste Generation
JB: Nach uns kommt eine nächste Generation. In 25 Jahren sollten wir das
Zepter schon wieder weiterreichen. In allen Unklarheiten unserer Zeit glaube
ich: Klare Werte haben Bestand. Es lohnt sich, den eigenen Überzeugungen treu
zu bleiben, aber sich immer wieder auch auf das Gegenüber aufrichtig einzulassen.
BM: Alle haben ihre eigenen Überzeugungen. Ich hoffe, dass die Generation
nach uns, die Generation Alpha, wieder bessere Worte findet, um über Wahrheit
zu reden. Denn wir können uns immer an das Wort von Jesus halten: «Ich bin der Weg,
die Wahrheit und das Leben.»
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