Beatrice Käufeler und Markus Baumgartner (Bild: Livenet)
Im
Livenet-Talk berichten Beatrice Käufeler und Markus Baumgartner von den
Missständen moderner Sklaverei in der Schweiz und stellen die Kampagne vor, mit
welcher sie dagegen kämpfen.
Für den 24. September ist auf dem Berner
Bundesplatz eine Grosskundgebung gegen Menschenhandel angesagt. Beatrice Käufeler
von der Christlichen Ostmission und Mediensprecher Markus Baumgartner erzählen
im Livenet-Talk von der Kampagne «Gegen Menschenhandel».
Menschenhandel gibt es nicht nur im
Rotlichtmilieu
Beatrice Käufeler beschäftigt sich seit über 20
Jahren mit Menschenhandel und entwickelte sich dabei zur Expertin. Sie ist mit
dem Geschehen in der Schweiz und anderen Ländern vertraut. «Es ist uns
gelungen, die Not der Opfer sichtbar zu machen», sagt sie über den Videoclip,
welcher im Schweizer Fernsehen ausgestrahlt wird. Tränen, Worte und Musik bringen
die nötigen Emotionen in den kurzen Clip, welchen Tausende von Menschen zu
sehen kriegen und der auch im Livenet-Talk eingespielt wird.
Es gilt, die Öffentlichkeit auf die Missstände in
der Schweiz hinzuweisen. «Das Thema Menschenhandel ist vielschichtig», erklärt
Markus Baumgartner. Das bekannteste Feld sei das Rotlichtmilieu, doch auch in
der Reinigungs- und der Baubranche seien in der Schweiz schon Fälle moderner Sklaverei
bekannt. Mit der Kampagne «Gegen Menschenhandel» soll die Schweizer Bevölkerung
sensibilisiert werden. «Ich glaube, dass die Bevölkerung eine sehr wichtige
Rolle bei der Identifizierung spielt», sagt Beatrice Käufeler. «Die Polizei ist
auf deren Hinweise angewiesen.»
Wenig Beteiligte leisten enormem Einsatz
«Wir träumen von 10'000 Leuten auf dem
Bundesplatz», legt Markus Baumgartner offen. «Wenn nur 5'000 kämen, wären wir
enttäuscht.» Er ist sich aber bewusst, dass Menschen mit unzähligen
Informationen überflutet werden. «Lassen sich Christen
überhaupt mobilisieren?», fragt er. «Erheben sie sich von ihrem Sofa, um in Bern
zu demonstrieren?» Dass es in unserem Land einen aktiven, modernen
Sklavenhandel gibt, sei nicht akzeptabel. «Das darf nicht sein! Da müssen wir
aufstehen!»
Die Kampagne richtet sich nicht nur an Christen,
das Anliegen der Menschenwürde ist aber ein zutiefst christlicher Wert. «Wir
haben eine Kampagne gegen Menschenhandel und viele säkulare und christlichen
Organisationen mit entsprechender Ausrichtung machen nicht mit.» Markus
Baumgartner ist enttäuscht. «Wir haben zehn christliche Organisationen, die auf
das Unrecht aufmerksam machen.» Da wäre mehr möglich gewesen.
Das Engagement der Beteiligten beeindruckt Markus
Baumgartner aber sehr. Es wurde sogar ein Song komponiert und dazu ein
Videoclip produziert (Livenet berichtete), welches im Livenet-Talk abgespielt wird. Auch Medienkampagnen,
Flyer und anderes weisen auf das Anliegen hin. Da hätten sich Leute mächtig ins
Zeug gelegt – darunter auch grosszügige Sponsoren.
Der moderne Sklavenhandel kann jeden treffen
«Meistens schnappen sich Händler Leute in
existenziellen Nöten», beschreibt Beatrice Käufeler, wie es zu modernem
Sklavenhandel kommt. «Das klassische Beispiel ist, dass mit einer Arbeitsstelle
geködert wird und Betroffene in ein anderes Land gebracht werden, wo sie vor
neue Tatsachen gestellt werden.» Von da an sind sie in den Klauen der
Menschenhändler. «Diese Stelle gibt es nicht», wird ihnen dann plötzlich gesagt.
«Du musst aber deine Schulden abbezahlen.» So wird deren Verletzlichkeit
ausgenützt und die Leute werden in der Zwangsprostitution oder als billige
Arbeitskräfte ausgebeutet. Auch der Organhandel sei ein Thema.
Heute werden Opfer zunehmend übers Internet für
das riesige Geschäft rekrutiert. Opfer von Menschenhandel sind längst nicht
mehr nur Leute aus armen Ländern. Die Entwicklung geht in eine andere Richtung.
Es kann jeden treffen. Eine junge Person kann einen Strohhalm ergreifen, um ihren
schlechten Familienverhältnissen zu entkommen.
Warum eine Grosskundgebung auf dem Bundesplatz?
Die Kampagne will auch aufzeigen, dass die
Schweiz Strukturen duldet, die Menschenhandel begünstigen. Das ist ein Appell
an die Politik. «Man darf aber nicht unterschätzen, dass in der Schweiz schon
vieles gemacht wird», beschwichtigt Beatrice Käufeler etwas. «Es gibt viel
Engagement und Bemühungen. Zwei nationale Aktionspläne wurden gemacht und ein
dritter ist in Bearbeitung.» Das Fazit ist aber klar: Es ist zu wenig!
International sei die Schweiz für den Menschenhandel sogar attraktiv. «Wir
spielen den Händlern in die Hand, denn in der Schweiz wird zu wenig gemacht. Es
fehlen dazu die Ressourcen.» Solange nicht mehr Opfer identifiziert werden,
wird der Menschenhandel zu wenig wahrgenommen und weiterhin zu wenig in die
Bekämpfung investiert. Und solange die Bestrafung für überführte
Menschenhändler so milde sei, wie es in der Schweiz aktuell der Fall ist,
bleibe das «Geschäft» in der Schweiz attraktiv.
Öfters hat Beatrice Käufeler mit Polizisten
gesprochen, die in Bezug auf Menschenhandel sehr engagiert sind. «Immer wieder
sagen sie, dass ihnen die Hände gebunden sind. Es fehlen Leute, es fehlen
Ressourcen.» Selbst an den Grenzen laufe es so. «Bei Hinweisen auf
Menschenhandel fehlen die Mittel für weitere Ermittlungen.»
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