Transgender boomt. Den eigenen Körper abzulehnen und ihn durch Hormontherapien oder Operationen an die gefühlte Geschlechtsidentität anzupassen, mutiert zunehmend zu einer Art Hype. Der neue Trend wird im Blick auf Minderjährige kritsch angeschaut.
Kinder und Jugendliche, die sich in ihrem Körper nicht wohlfühlen, sind
kein neues Phänomen. Laut dem «American College of Pediatricians» (ACP)
war die Häufigkeit von Geschlechtsdysphorie bei Minderjährigen jedoch
bis vor kurzem noch sehr tief, sie wurde vom ACP mit «schätzungsweise
unter einem Prozent» angegeben und betraf tendenziell mehr Jungen als
Mädchen.
Dies hat sich in jüngerer Zeit jedoch stark verändert: Die Anzahl der
Diagnosen von Geschlechtsdysphorie ist in den letzten zehn bis 14 Jahren
je nach Land um 1'000 bis 4'000 Prozent angestiegen und betrifft nun rund
80 Prozent Mädchen. Ungeachtet der Tatsache, dass mehr als 80 Prozent
der betroffenen Minderjährigen sich im Lauf des Erwachsenwerdens laut
Statistiken «von alleine» mit ihrem biologischen Körper versöhnen,
werden im deutschsprachigen Raum immer jüngeren Kindern
Pubertätsblocker, Hormontherapien oder operative Eingriffe verschrieben1.
Fachleute
sehen die Gründe für diese massive Zunahme massgeblich in «sozialer
Ansteckung». Der Jugendpsychiater Alexander Korte spricht in Bezug auf
die geschlechtliche Verunsicherung bei Minderjährigen von einem
Zeitgeistphänomen2.
Der Hype ...
Transgender
sein ist hip. Dieser Trend wird auf vielen medialen Plattformen sehr
offensiv thematisiert und als schnelle «Lösung» oder als Ausdruck von
Freiheit und Selbstverwirklichung beworben.
Dass es vor allem
Mädchen sind, die auf den «Trans-Zug» aufsteigen, erklärt sich die
Zürcher Psychologin Barbara Beckenbauer unter anderem damit, dass die
Veränderungen in der Pubertät Mädchen tendenziell mehr abverlangen als
Jungen. Dies vor allem deshalb, weil die Veränderungen von Östrogenen
sich negativer auf die Psyche auswirken als das Testosteron dies bei den
Jungen tut. Eine der grössten Herausforderungen für Mädchen besteht
laut der Zürcher Psychologin darin, auszuhalten, dass sich alles
verändert und in Bewegung ist. Gewichtszunahme, Brustwachstum und die
Veränderung der Körperformen können teils traumatisch erlebt werden und
bei den betroffenen Mädchen das Gefühl auslösen, die Kontrolle über
ihren Körper verloren zu haben. Vor allem sensible, intelligente und
introvertierte Mädchen, so Beckenbauer, erlebten die Auseinandersetzung
mit dieser «Verwandlung» als komplex und reagierten darauf teilweise mit
dem Empfinden, keiner der angebotenen Rollen anzugehören und der Folge,
diese abzulehnen.
... und die fehlende Identifikation mit Rollenbildern
Werden junge Frauen befragt, weshalb sie sich
in einer gewissen Phase ihres Lebens in ihrem Körper unwohl fühlten,
erklären viele, sie hätten sich nicht mit den durch ihr Umfeld
vorgegebenen Rollenbildern identifizieren können. Andere führen negative
Erfahrungen mit Jungen oder Männern als Grund für den Wunsch an, selbst
ein Mann zu werden. Werden diese Verunsicherungen oder Verletzungen in
einer Therapie aufgearbeitet, verschwindet bei vielen jungen Frauen der
Drang nach einem «anderen» Körper.
Nicht wenige von ihnen sind
erleichtert, keine hormonelle oder operative Geschlechtsumwandlung
vollzogen zu haben. Eine junge Ostschweizerin, die während mehrerer
Jahre als Junge gelebt hatte, heute jedoch froh ist, keine hormonelle
oder operative Transition vollzogen zu haben, erklärt in einem von
Pastor und Blogger Paul Bruderer anonym geführten Interview: «Ich habe
gemerkt, dass das Problem nicht mein Körper, sondern mein Selbsthass
war.» Seit sie diesen mit Hilfe einer Psychotherapie überwinden konnte,
lebt sie gerne als Frau. «Man kann sich nicht in eine andere Version des
eigenen Selbst hineinhassen», bringt sie ihre persönliche Erfahrung auf
den Punkt.
Liebe deinen Körper
Persönlich bin ich
überzeugt, dass Christen dem Trend zur Ablehnung des Körpers und des
Geschlechts vor allem mit der unverschämt leibfreundlichen, biblischen
Sicht auf den menschlichen Leib begegnen sollten3.
Die
biblische Aussage, dass Gott den Menschen in den beiden Geschlechtern
Mann und Frau als Ebenbild Gottes geschaffen hat, legt das Fundament für
genau die unbedingte und unverlierbare Würde des Menschen, die ich als
«Heilmittel» für die tiefsten, menschlichen Sehnsüchte nach Liebe,
Angenommensein und Ganzheit erlebe.
Weder das Problem
Diskriminierung noch das tiefe Unwohlsein vieler Menschen können durch
die Verleugnung wissenschaftlicher Fakten oder durch die Verdrehung
grundlegender Wahrheiten geheilt werden. Oliver O'Donovan schreibt in
«Begotten or made?»: «Christen sollten ihren Glauben an die natürliche
Ordnung als die gute Schöpfung Gottes bekennen. Wir müssen die Natur
schätzen, wir müssen uns an ihre immanenten Gesetze halten und unser
Handeln im Einklang mit ihnen planen.»
Gott schuf den Menschen als
Mann und Frau. Er schuf nicht eine Vielzahl von Geschlechtern. Wir
vertrauen der schöpferischen Sprache des Leibes und hören auf sie. Was
biologisch angelegt ist, ist kostbar und aussagekräftig. Wesentlich ist
dabei: Wir anerkennen, dass Gott Mann und Frau in grosser Kreativität
und Vielfalt geschaffen hat. Was wir als Kirche und als Gesellschaft
brauchen, ist nicht eine Vielzahl von Geschlechtern, sondern Vielfalt
innerhalb der Geschlechter Mann und Frau.
Dass es Menschen gibt,
deren geschlechtliche Zuordnung und Identitätsfindung aus körperlichen
Gründen oder aufgrund psychologischer Aspekte schwierig ist, anerkennen
wir. Betroffenen Menschen begegnen wir mit Achtung und suchen mit ihnen
zusammen nach biblisch gestützten, gangbaren Wegen. Ausnahmen bestätigen
jedoch auch hier die Regel und sollen nicht zur Regel gemacht werden.
Christen gehören nicht sich selbst
Transgender
als Ideologie ist unter anderem Ausdruck einer Lebenshaltung, die Gott
als übergeordnete Autorität ablehnt. Die Feministin und Historikerin
Camille Paglia schreibt in «Vamps and Tramps»: «Das Schicksal, nicht
Gott, hat uns dieses Fleisch gegeben. Wir haben absoluten Anspruch auf
unseren Körper und dürfen mit ihm machen, was wir für richtig halten.»
Eine
ganz andere Sicht vertritt Paulus, wenn er in 1. Korinther, Kapitel 6, Vers 19
schreibt: «Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch ist und den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört?» Für mich eine unendlich entlastende Botschaft. Ich muss
mich nicht selbst definieren, ich bin zugehörig, als Ebenbild Gottes
wertgeachtet. Ich bin als ganze Person, inklusive meines Körpers und
meiner Geschlechtlichkeit kostbar – und unendlich geliebt4.
3 Ich verwende hier bewusst den Begriff «Leib», weil er von der Wortwurzel «Leben» herrührt und den Menschen ganzheitlich, als Person umfasst.
4 Die Stiftung Zukunft CH hat zum Thema «Transgender bei Minderjährigen» eine sechsseitige Infobroschüre herausgegeben und eine Protestkarten-Aktion lanciert.
Datum:
30.11.2022 Autor: Regula Lehmann Quelle: Forum Integriertes Christsein
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