«Wir begegnen Menschen auf Augenhöhe und geben jeder
Person Würde und Wert, unabhängig der Herkunft, Status oder Ethnie», sagt
Deborah Schenker, Geschäftsleiterin von Hope Baden, im Interview mit Livenet.
Randständige rücken ins Zentrum.
Deborah Schenker, was sind gegenwärtig die
Haupttätigkeiten von Hope Baden?
Deborah Schenker: «HOPE gibt Hoffnung mittendrin»
und ist einzigartig als Sozialwerk in Baden. Das Christliche Sozialwerk HOPE
feiert nächstes Jahr sein 40-jähriges Jubiläum. Die Gründung erfolgte in den
80er-Jahren, während der Zeit der damals grossen Drogenbewegung in der Schweiz
und wurde zur sozialen Anlaufstelle für viele Betroffene. Bis heute ist HOPE
seiner Mission treu geblieben und bietet Menschen, die in eine Notlage geraten
sind, niederschwellige und unbürokratische Soforthilfe an. Über 40 individuell
den Bedürfnissen angepasste Dienstleistungen werden von dem 20-köpfigen Kernteam
und 70 Freiwilligen, Lernenden und Zivildienstleistenden täglich erbracht.
Im
Auftrag des Vereins Notschlafstelle Aargau betreibt HOPE die einzige
Notschlafstelle im Kanton Aargau. Im Übergangswohnen erhalten Menschen wieder
eine Tagesstruktur und können im öffentlichen Restaurant mitarbeiten oder an
den Treffpunkten teilnehmen. Die interne Sozialberatung unterstützt bei den
Formalitäten und hilft zum Beispiel bei der Wohnungssuche. Viele begleiten wir
in der Tagesstruktur in familiärer Atmosphäre über Jahre hinweg. Im Rahmen des
Geschäftsführungswechsel bestand die Herausforderung darin, die bewährten
Angebote zu erhalten und gleichzeitig den mit Corona zusätzlich beschleunigten
Wandel einzuleiten. Es freut uns, dass sämtliche Angebote im gewohnten Rahmen
weitergeführt und weiterentwickelt werden konnten, obwohl sich auch die
Zusammenstellung des Kernteams geändert hat. Wir möchten unsere Vision
umsetzen, dass jeder Mensch im HOPE ein VIP ist und miteinander in der
Gemeinschaft leben.
Team von HOPE (Bild: zVg)
Was sind die Grundanliegen der Menschen, denen Sie
helfen können – beispielsweise nach den drei schwierigen Jahren, unter anderem
mit Corona?
Einsamkeit war auch schon vor Corona ein grosses
Thema. Während der Coronazeit konnte das HOPE-Restaurant bis auf eine Woche und
ohne Zertifikatspflicht immer geöffnet haben. Dadurch sind die Stammgäste mehr
zusammengewachsen. Es ist jedoch schön zu sehen, dass im Laufe dieses Jahres
auch wieder mehr externe Gäste ins HOPE-Restaurant zurückkehrten. Wir haben den
Eindruck, dass die Auswirkungen der Weltlage armutsbetroffene Menschen stärker
trifft und dass es schwieriger geworden ist, zahlbare Wohnungen zu finden und
mehr Menschen nach Lebensmitteln fragen. Einen Vorteil sehen wir darin, dass Klientinnen und Klienten aktuell eher eine Chance bekommen, im ersten
Arbeitsmarkt eine Beschäftigung zum Beispiel in der Gastronomie zu erhalten.
Die Plätze im nichtabstinenzorientierten Übergangswohnen sind sehr gefragt, da
die Betroffenen oft aufgrund ihrer Suchterkrankung keinen anderen Wohnort
finden und sonst auf der Strasse leben müssten.
Welche Aufbrüche erleben Sie bei Ihrer Arbeit?
Wenn Menschen unter der Wertschätzung aufblühen, ist
das unser grösster Lohn. Wir begegnen Menschen auf Augenhöhe und geben jeder
Person Würde und Wert, unabhängig der Herkunft, Status oder Ethnie. Dabei
brauchen wir oft einen sehr langen Atem und nicht immer ist es eine
Erfolgsgeschichte.
Können Sie ein, zwei Lebensgeschichten mit uns teilen,
bei denen Menschen durch Ihre Arbeit verändert worden sind?
Es sind viele oft ganz kleine Geschichten und wenn wir
uns Zeit nehmen zu reflektieren, erleben wir täglich immer wieder Wunder. Eine
sehr schöne Begebenheit veröffentlichte die «Aargauer Zeitung» letzten Monat.
Der etwa dreissigjährige Franky lebte vor zwei Jahren in der Notschlafstelle
und erinnerte sich an HOPE bei der Räumung eines Badener Restaurants, wo er als
Hilfskoch arbeitete. Er initiierte, dass wir sehr viele wertvolle Lebensmittel,
darunter Rehrücken und einen Flammkuchenofen geschenkt erhielten. In der
Zwischenzeit hat er auch wieder einen Job gefunden.
Gibt es neue Projekte, die bei Hope Baden anstehen?
Ideen gibt es viele, welche aus den Bedürfnissen
unserer Klientinnen und Klienten fortlaufend entwickelt werden. Zum Beispiel
ist die Nachfrage gross nach günstigen Wohnstudios in der Region oder wir haben
Kunst- und Sportprojekte als Antiaggressionstraining geplant. Auch benötigen
wir Räumlichkeiten mit mehr Tagesaufenthaltsmöglichkeiten für Menschen ohne
Obdach. Wir stellen jedoch dieses Jahr – wie andere Hilfswerke auch – einen
Spendenrückgang fest und müssen uns leider mit neuen Projekten noch etwas
gedulden.
Was bewegt Sie persönlich bei Ihrer Arbeit besonders?
Menschen mit einer Suchtproblematik oder psychischen
Erkrankungen, welche im Alter meiner erwachsenen Kinder Anfang zwanzig sind,
berühren mein Herz zutiefst. Oft erlebten sie Traumatisches und wurden nicht
bedingungslos geliebt. Sie haben wenig emotionale Stabilität und finden in
Drogen Ersatz und Ablenkung. Diese Geschichten motivieren mich, einen sicheren
Platz zu schaffen, an dem sie ankommen und sich neu orientieren dürfen und
Menschen zu begegnen, die auf einen Gott vertrauen, für den es keine
hoffnungslosen Fälle gibt.
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