Der verweigerte Handschlag

Eine Symbolhandlung und der Medienhype

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Der verweigerte Handschlag durch zwei muslimische Pubertierende gegenüber ihrer Lehrerin wurde zum Medienhype und zum nationalen Diskussionsthema. Da bleibt echte Reflektion zum Vorfall auf der Strecke.

Der Fall hat die Schweizer Medien übers Wochenende erregt: zwei muslimische Schüler, ein 14- und ein 15-jähriger, verweigern ihrer Lehrerin in der Sekundarschule Therwil BL den Handschlag bei der Begrüssung. Aus religiösen Gründen. Die Schulleiterin erteilt ihnen dafür Dispens, nachdem sie keine andere Möglichkeit gesehen hat, wie sie gegenüber dem Boulevard erklärt. Eine Busse für die Eltern oder ein Schulverweis hielt sie für unverhältnismässig. Eine andere Sanktion für die Schüler war offenbar kein Thema. Um die Frauendiskriminierung ein wenig zu mildern, wurde den beiden Schülern in einer Vereinbarung zugestanden, dass sie auch den Lehrern die Hand nicht mehr geben müssen ... Nun soll ein Gutachten des Kantons Klarheit schaffen. Stoff für die nächste Basler Fasnacht.

Zündstoff Genderdebatte

Der Fall ist schon deshalb brisant, weil er die permanente Genderdebatte tangiert. Eigenheiten aus der muslimischen Kultur sind vor allem dann anstössig, wenn es um den Umgang der Geschlechter miteinander geht, also wenn Frauen herabgesetzt werden.

Andere Probleme wie der verbreitete Antisemitismus oder der Christenhass unter Muslimen berühren unsere Gesellschaft vergleichsweise wenig. Es sei denn, wenn es darum geht, dass eine kulturell verankerte symbolträchtige Handlungen wie eine Weihnachtsfeier in der Schule für muslimische Kinder scheinbar unzumutbar wird. Hier sorgt die empörte Volksmeinung normalerweise dafür, dass die Kirche im Dorf bleibt. 

Nun gilt es, zwei Dinge auseinanderzuhalten. Zum einen darf es nicht sein, dass muslimische Migranten Sitten und Gebräuche in gesellschaftlichen Institutionen wie der Schule durchsetzen können, die nicht zum Kern ihres Glaubens gehören. Muslime, die sich wirklich als Gäste verstehen, werden Rechte und Pflichten sowie Konventionen ihres Gastlandes achten. 

Wo liegen die Grenzen obligatorischer Teilnahme?

Es geht aber auch um die Frage der Grenzen obligatorischer Teilnahme, die auch Christen nicht kalt lässt. Der freizügige Umgang der Geschlechter in unserer Kultur ist ein neuzeitliches Phänomen. Die Debatte um den obligatorischen Schwimmunterricht, an dem Knaben und Mädchen teilnehmen müssen, haben wir hinter uns. Für die evangelischen Christen ist er selbstverständlich. Aber wie ist es bei freizügigem Sexualunterricht? Dürfen sich Kinder hier verweigern, oder ihre Eltern einen Dispens erwirken? Eine Frage, die auch eine Annahme der Volksinitiative für einen späten Sexualunterricht nicht lösen würde. 

Wichtiger jüdisch-christlicher Beitrag

Der Fall zeigt im übrigen die Verunsicherung einer Gesellschaft auf, die nicht mehr in der Lage ist, ihre alltäglichen Regeln im Umgang miteinander auch von eingewanderten Menschen aus andern Kulturen zu verlangen. Sie schwankt zwischen unreflektierter Toleranz und ungezügelter Repression (siehe Durchsetzungsinitiative). Die alttestamentlichen Regeln im Umgang mit Einwanderern – Stichworte Gastfreundschaft und Integration – sind für eine gesellschaftliche Diskussion höchst aktuell.

Zum Thema:
Mehr als ein Rechenspiel?: Religionsforscher: 2070 werden Muslime Christen überholen
Kurt Beutler: Islamexperte zu Ehrenmorden vor unserer Haustür
Nicht schon wieder!: Wie reagieren wir auf islamistische Anschläge?

Datum: 04.04.2016
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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