Gemeinschaften ausserhalb der Landeskirche anerkennen
Im Kanton St. Gallen sollen in Zukunft auch kleine Religionsgemeinschaften eine kantonale Anerkennung erhalten können. Der Kanton will damit auf die veränderte religiöse Landschaft reagieren.
Im Kanton St. Gallen sind vier Religionsgemeinschaften öffentlich-rechtlich anerkannt: Dazu gehören die Katholische Kirche, die Evangelisch-reformierte Kirche, die Christkatholische Kirche sowie die Jüdische Gemeinde. Die Regierung schickt nun einen Gesetzesentwurf in die Vernehmlassung, wonach auch kleinere Religionsgemeinschaften die Chance auf eine kantonale Anerkennung erhalten.
Das in Fachkreisen als «kleine Anerkennung» bezeichnete Instrument hat vor allem symbolischen Charakter und soll ein Zeichen der «Wertschätzung und Integration» sein, wie es in einer Mitteilung des Kantons heisst. Die neu anerkannten Gemeinschaften bleiben dabei weiterhin privatrechtlich organisiert.
«Massvolle» Erweiterung
Die Anpassung des bestehenden kirchenrechtlichen Systems wird mit der veränderten religiösen Zusammensetzung der Bevölkerung begründet: «Migrationsbedingt ist etwa der Anteil der Muslime gestiegen. Aber auch unter den Christen ist die Vielfalt an Kirchen und Gruppierungen grösser geworden». Damit stelle sich die Frage, inwieweit das bestehende System gegenüber den bisher nicht staatlich-anerkannten Religionen noch gerecht sei.
Der Kanton will dieses System deshalb «massvoll» erweitern. Die Erteilung der kantonalen Anerkennung soll dabei an mehrere Bedingungen geknüpft sein. So müsse die Religionsgemeinschaft die «hiesige Rechtsordnung und die verfassungsmässigen Rechte der Mitglieder achten.» Zudem wird eine Offenlegung von Herkunft und Verwendung der Finanzmittel vorgeschrieben. Ausgenommen von dem neuen Gesetz ist das Recht auf die Steuerhoheit und die Erteilung von Schulunterricht.
Kein Rechtsanspruch
Mit dem neuen Gesetz will der Kanton kleineren Religionsgemeinschaften einen Anreiz bieten, ihre Strukturen zu überprüfen und zu verbessern. Ein Rechtsanspruch auf eine kantonale Anerkennung besteht jedoch nicht, heisst es weiter. Der Kantonsrat soll zudem die Befugnis erhalten, eine gewährte Anerkennung auch wieder zu entziehen. Die Vernehmlassungsfrist dauert bis 1. Juni.
Gratwanderung
Die vorsichtigen Formulierungen schon in der Pressemitteilungen verraten, dass die Kantonsregierung sich auf einer Gratwanderung befindet. Das Gesetz dürfte daran gemessen werden, inwiefern es Muslimen bei der Integration hilft oder aber ihre Moscheevereine aufwertet und ihnen einen öffentlichen Status verschafft. Man darf damit rechnen, dass die Vernehmlassungsantworten ziemlich kontrovers ausfallen werden. Eine allfällige öffentliche Anerkennung von Freikirchen dürfte da eher eine Nebenrolle spielen.
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