Guiseppe Gracia schreibt über «das therapeutische Kalifat»
Im
Namen des Kampfes gegen Intoleranz, Rassismus und Sexismus ist eine
Meinungsdiktatur entstanden, die Fortschritt, Toleranz und Vielfalt propagiert
– keinesfalls aber die Vielfalt des Denkens und der Ideen. Die Meinungsdiktatur
ist ein aktuelles Phänomen unserer Gesellschaft. Giuseppe Gracia nennt es «Das
therapeutische Kalifat».
Giuseppe Gracia
Der Ausdruck des «therapeutischen Kalifats» stammt vom Schweizer Philosophen Michael Rüegg. Dazu schreibt Fontis-Autor Giuseppe Gracia in seinem kleinen, knapp 60-seitigen Büchlein: «Gemeint ist eine neue
Form von Herrschaft, nicht im Sinne einer Diktatur wie in China oder Nordkorea.
Sondern im Sinne einer gewissermassen sanften Gesellschaftstherapie. Die
Therapie einer politisch-kulturellen Elite, welche die christlichen Wurzeln des
Abendlandes abschneidet und uns befreien möchte von veralteten religiösen,
nationalen oder geschlechtlicher Identitäten.»
Führung zur Unmündigkeit
Hier gehe es um eine Art Elite, die
sich über die Bürger erhebt und das gute Leben für sie kennt. Es gehe nicht
mehr um die Führung eines Staates, sondern um die Führung seiner Bürger zur
Unmündigkeit.
Mit
welchen Massnahmen soll also der kritische Bürger zum beeinflussbaren Bürger
«therapiert» werden?
· Die richtigen
Narrative
Narrative sind erzählerische Interpretationen der
Wirklichkeit. Journalisten erzählen uns, was in der Welt passiert, und
interpretieren damit zugleich die Welt. Diese Narrative werden zur Erziehung
der Bürger eingesetzt.
· Political
Correctness
Cover von «Das therapeutische Kalifat»
Für eine öffentliche Diskussion bedeute die politische
Korrektheit zum Beispiel: Es darf nicht mehr um gute oder schlechte Argumente
gehen, sondern um gute oder schlechte Menschen. Die Folge: Niemand sagt etwas
Authentisches mehr, weil sich immer jemand verletzt fühlen könnte.
· Management von
Volks-Emotionen
Zahlen, Fakten und Studien werden therapie-sensibel gefiltert. Verbrechen,
Geburtenrate, Arbeitslosigkeit, Sozialhilfebezug: Alle diese Informationen
müssen so aufbereitet werden, dass niemand sie für gefährliche Gefühle
missbrauchen kann. Statt Bereitschaft für die Wahrheit dominiert ein
öffentliches Gefühls-Management. Statt Reife zum Konflikt zelebriert man Überempfindlichkeit
und Rechthaberei.
Giuseppe
Gracia öffnet in diesem Buch die Augen für staatliche Bevormundung und plädiert
auf kurzweilige und feinsinnige Art für zivilen Ungehorsam.
Zur Person
Giuseppe
Gracia (50) ist Schriftsteller und Medienbeauftragter des
Bistums Chur. Unter anderem schreibt er eine regelmässige Kolumne für die
Schweizer Tageszeitung «Blick». Er ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.
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