«Therapieverbot verstösst gegen Recht auf Selbstbestimmung»
Homosexuell empfindenden Menschen muss es möglich
sein, ihre sexuelle Neigung zum Thema eines therapeutischen Prozesses zu
machen. Dies erklärte der Präses des Bundes freier evangelischer Gemeinden in
Deutschland (FeG), Ansgar Hörsting, gegenüber der Tageszeitung «Die Welt».
Ansgar Hörsting
Demgegenüber
will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn
(CDU) im Sommer eine Gesetzesregelung gegen Therapien für Homosexuelle in
Zusammenarbeit mit dem Justizministerium vorlegen. Spahn verkündete seine
Absicht bereits Mitte Februar in einem Interview mit der Tageszeitung «taz».
«Gott wird sich was dabei gedacht haben»
Spahn erläuterte seine Einschätzung: «Homosexualität ist keine Krankheit und deswegen ist
sie auch nicht therapiebedürftig. Deswegen bin ich für ein Verbot der
Konversionstherapie (gemeint ist eine Therapie, die zum Ziel hat, dass der Homosexuelle
seine homosexuelle Orientierung verliert). Ich halte nichts von diesen
Therapien, schon wegen meines eigenen Schwulseins. Ich sage immer, der liebe
Gott wird sich was dabei gedacht haben.»
Präses Hörsting: Respekt für Homo-Paare, die
Treue und Liebe leben
Jens Spahn
Hörsting betonte gegenüber der «Welt», dass die lebenslange Ehe
zwischen Mann und Frau das biblische Leitbild sei. Dennoch erkenne er «voller Respekt an, dass homosexuelle Paare, die in Treue
und Liebe für immer zusammenleben wollen, Tugenden leben».
Kritisch
von der «Welt» auf seine Position befragt, erklärte er weiter: «Wir verwenden nirgendwo den Ausdruck 'Heilung'. Wir bezeichnen Homosexualität nicht
als Krankheit oder als etwas, das wegtherapiert werden müsste. Damit würden
wir schweren Schaden anrichten.»
Früher
sei man der Meinung gewesen, dass sich eine sexuelle Neigung leicht verändern
lasse. «Wir haben
verstanden, dass das eine Fehleinschätzung war.»
Forschung gibt keine eindeutige Antwort auf
Ursache
Präses
Hörsting wies in dem «Welt»-Interview ausserdem darauf hin, dass die Forschung nicht
erklären könne, wie es zur Homosexualität komme und diese nicht eindeutig auf
eine Ursache zurückzuführen sei. «Nach heutigem Stand gibt es keine biologisch, gar genetisch
zwingende Kausalität. Sexuelle Orientierung scheint ja in den Augen moderner
Sexualforscher eher fluide und nicht fixiert zu sein.»
Hörsting zeigte kein Verstänndis dafür, dass es
Homosexuellen künftig nicht mehr möglich sein soll, auf eigenen Wunsch eine
Therapie in Anspruch zu nehmen.
«Aber wenn einem Menschen, der mit seiner sexuellen Neigung in
Konflikt lebt, verboten würde, sich auf einen ergebnisoffenen therapeutischen
Weg zu begeben – das träfe mich. Das verstiesse gegen das Recht jedes Menschen
auf ein selbstbestimmtes Leben. In fast jedem Lebensbereich wird das Recht auf
einen frei gewählten Lebensentwurf stark betont. Sogar sein Geschlecht darf
man per Operation wechseln. Da verstehe ich nicht, warum die Freiheit, an
seiner sexuellen Orientierung zu arbeiten, verschwinden soll.»
Orientierungshilfe des FeG zum Thema
Mitte
Januar gab der Bund freier evangelische Gemeinden (FeG) eine Orientierungshilfe
zum Thema «Homosexualität» heraus. Sie erschien unter dem Titel «Mit Spannungen
umgehen».
Darin wird die «lebenslange
Ehe zwischen einem Mann und einer Frau, sowie das Zusammenleben als Familie
(als) das Leitbild aus biblischer
Perspektive» vermittelt. Weiter heisst es hier: «Im Ergebnis aller Bibelauslegung ist homosexuelles
Verhalten nicht vereinbar mit diesem Leitbild.» Zu dem freikirchlichen Gemeindebund in
Deutschland gehören 479 Gemeinden.
Jens Spahn: Verletzung des Berufsrechts, keine
Vergütung und Straftat
Der CDU-Politiker und Bundesgesundheitsminister Jens
Spahn will die Therapie von Homosexuellen künftig auf verschiedenen Wegen
rechtlich unterbinden. Dabei sei es zu wenig, eine sogenannte
Konversionstherapie nur als Ordnungswidrigkeit anzusehen.
Eine
Zuwiderhandlung müsse stärker sanktioniert werden und dies müsse in
verschiedenen Rechtsbereichen erfolgen: «Das Berufsrecht sollte regeln, dass es Konsequenzen
für die Ausübung des Berufs hat, wenn jemand diese Therapien anbietet. Im
Sozialrecht sollte erklärt werden, dass es keine Vergütung für diese
Angebote geben darf. Für das Strafrecht ist noch fraglich, welches Strafmass
angemessen ist.»
Darauf
angesprochen, dass es unter den CDU-Wählern evangelikale Christen gebe, sagte
Spahn: «Ich kann mir nicht vorstellen,
dass es in der Unionsfraktion im Bundestag einen Anhänger von
Konversionstherapien gibt.»
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