Livenet-Talk mit Lara Scherrer, Jaël Binggeli, Rebecca Watta und Silke Sieber (Bild: Livenet)
Was
bedeutet Frausein in unserer heutigen Gesellschaft? Was ist meine Berufung,
meine Vision – und wie kann ich das als Frau mit meiner Lebenssituation
vereinbaren? Um diese und andere spannende Fragen geht es in diesem Livenet-Talk, der
von der SEA-Jugendbeauftragten Jaël Binggeli moderiert wird.
Talk-Gäste sind
Silke Sieber (Redakteurin und Referentin beim Bibellesebund, Mit-Leiterin vom Gemeindegründungsprojekt precious.ch, Mutter von drei Kindern), Lara Scherrer
(Teamerin bei Campus für Christus, startet dort im Sommer mit einer Graphikerlehre)
und Rebecca Watta (Sängerin und Songwriterin, momentan Hausfrau, Mutter von vier
Kindern).
Lebenspläne
– geträumt, gelebt, durchkreuzt?
Silke Sieber
hat sich immer Familie und einen Beruf gewünscht. Ihre Mutter war ihr in dieser
Hinsicht ein gutes Vorbild, da sie beides vereinbaren konnte. Silke verrät: «Es
ist mir zwar gelungen, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, aber den
Weg dorthin habe ich unterschätzt.»
Rebecca
Watta hatte ganz anderes Lebenspläne: Sie wollte auf jeden Fall Musik
studieren, aber nicht unbedingt heiraten und Familie haben… «Es ist ein grosses
Wunder, dass ich einen Ehemann und vier Kinder habe – und das auch noch
wunderschön finde!», gesteht sie lachend.
Lara
Scherrer möchte sich in ihrem jungen Alter keinen festen Lebensplan machen. Sie
habe mehrfach erlebt, dass sie Pläne gemacht habe und Gott dann viel bessere
Pläne für sie gehabt habe. Beispielsweise hätte sie eigentlich nicht vorgehabt,
eine Lehre zu machen. «Ich möchte schauen, was Gott mit mir vorhat.» Sie könne
sich vorstellen, eine Familie zu haben, aber sie wolle sich nicht darauf
festlegen. Sie habe bei anderen erlebt, dass feste Lebenspläne eher zu
Enttäuschungen geführt hätten.
Herausforderungen
und Schönes im Prozess der Lebensgestaltung
Silke Sieber
wollte eigentlich Ärztin werden, habe aber dann zu Theologie gewechselt: «Ich
wollte immer predigen und von Gott erzählen!» In ihrer Gemeinde sei es üblich
gewesen, dass auch Frauen gepredigt hätten, aber später habe sie realisiert,
dass dies nicht für alle Gemeinden selbstverständlich sei. Es sei manchmal ein
harter Kampf gewesen, das habe sie unterschätzt. Um so mehr freue es sie, dass sie
in den letzten fünf Jahren einen grossen Aufbruch wahrgenommen habe und immer mehr Frauen
predigen würden. Diese Entwicklung fasziniere sie.
«Ich wollte
einfach Musik machen, da war Familie kein Thema», gesteht Rebecca Watta. Dann habe
sie aber bereits im Studium ihren 13 Jahre älteren Mann kennengelernt. Sie habe
zunächst Angst gehabt, dass bald Heirat ein Thema sein würde, da sie aufgrund
von schlechten Erfahrungen und Verletzungen zunächst keine Ehe wollte. Sie
durchlebte dann aber einen Prozess, eine Art Heilungsweg, der sie veränderte.
So habe sie bereits mit 24 Jahren geheiratet. Heute sagt sie: «Heiraten ist die
beste Entscheidung, die ich jemals getroffen habe!»
Zusammen mit ihrem Ehemann
haben sie sich auf einen gemeinsamen musikalischen Weg gemacht, dies sei sehr
verbindend gewesen. Der Wunsch nach Kindern sei erst innerhalb der Ehe gekommen.
Es sei der Gedanke entstanden: «Wie wäre es, wenn aus unserer Zweisamkeit etwas
Sichtbares kommt?» Ihr erster Sohn sei so cool gewesen, er habe so Spass
gemacht, dass sie dann noch ein zweites Kind gewollt hätten… Ihre Kinder seien
jeweils so schöne, spannende Menschen gewesen, dass sie schliesslich vier
Kinder bekommen hätten.
Rollenverständnis
von Mann und Frau
«Mann und
Frau sollten im Miteinander auf Augenhöhe agieren. Es sollte sich nicht einer
über den anderen stellen», meint Lara Scherrer.
«Für mich
ist der Teamgedanke ganz wichtig. Ich verstehe Mann und Frau in der Ehe als Team,
wo man sich ergänzt. Der Schlüssel für ein gutes Miteinander ist die
Wertschätzung des anderen in seiner Andersartigkeit», erklärt Silke Sieber. Sie
stelle einen Umbruch in der Gesellschaft fest: Früher wäre es so gewesen, dass
man als Frau in einer Männerdomäne eher versucht habe, als Frau typisch
männliche Eigenschaften anzunehmen, heute schätze man eher typisch weibliche
Eigenschaften wie z.B. emotionale Intelligenz. Bei ihrer Arbeit beim
Bibellesebund erlebe sie, dass die Stimmen von Frauen wertgeschätzt würden.
Rebecca
Watta hat den Musikbereich eher als Männerwelt erlebt. Sie war zwölf Jahre lang Lobpreisleiterin
bei der Schleife in Winterthur. Diese Aufgabe habe sie im letzten Jahr an ihren
Mann abgegeben. Ihr sei wichtig, dass Mann und Frau einander auf Augenhöhe
begegnen und respektieren, wie der andere ist, dass der andere anders fühlt und
Dinge anders macht. Auch wenn sie jetzt offiziell nicht mehr leite, sondern
Hausfrau und Mutter sei (wo man auch leitet!) und zu Hause an einer CD arbeite,
sei sie doch immer noch Leiterin, auch wenn sie dies im Moment nicht ausführe.
Es gäbe Phasen im Leben von Frauen oder Müttern, in denen man weniger Zeit für den
Beruf habe und mehr im Verborgenen arbeite: «Das ist eine schöne
Herausforderung, eine ganz besonders heilige Zeit, wo ich vor Gott bin. Ich
weiss, dass das, was ich im Verborgenen arbeite, noch ans Licht kommt – so wie
bei einem Bach das Wasser auch mal unterirdisch weiterläuft und dann wieder
sichtbar wird.»
Frauen in
Beruf und Leiterschaft
Lara
Scherrer nimmt wahr, dass es viele verschiedene Meinungen dazu gibt – je
nachdem, in welchen Kreisen man sich bewege. In eher feministischen Kreisen lege
man den Fokus auf die eigene Karriere und weniger auf Familie. Sie selbst meint:
«Ich finde es cool, wenn man Familie und Beruf kombinieren kann!»
Silke Sieber
ist sich sicher: «Frauen gehören in Leiterschaft! Das ist kein Gegensatz zum
biblischen Verständnis.» Im Neuen Testament gebe es revolutionäre Gedanken dazu, wo Mann und
Frau auf die gleiche Ebene gestellt und als gleichwertig gelten würden. Daraus
ergebe sich eine grosse Freiheit.
Rebecca
Watta erzählt: «Ich habe viel Gunst erlebt, nicht Kampf, sondern Wohlwollen.»
Augenzwinkernd meint sie: «Ich wollte als Kind immer Papst werden…» Sie sei in
einer katholischen charismatischen Gemeinschaft aufgewachsen, wo es
selbstverständlich gewesen sei, dass Frauen predigen. So habe sie erlebt, dass
andere Frauen bereits Vorreiterinnen gewesen wären und sie selbst diese Kämpfe
nicht mehr hätte ausfechten müssen. Für sie stelle sich eher die Frage: «Was
ist meine Art zu leiten? Wie bin ich authentisch als Leiterin – und als
Mutter?»
Wünsche
für die Frauen in unserer Gesellschaft
Lara
Scherrer ist es ein Anliegen, dass Frauen erkennen, wo ihre Begabungen und
Stärken liegen: «Ich glaube, wenn jeder einfach das macht, was er am
allerbesten kann und was Gott ihm als Begabung gegeben hat, dann kommt etwas
Megagutes dabei heraus. Ob man dabei in Leiterschaft ist oder nicht, spielt
keine Rolle.»
«Es ist
wichtig, um den Wert und die Würde als Frau zu wissen und dies anzunehmen und unsere
Berufung zu leben», meint Rebecca Watta. Sie wünscht sich, dass wir als Frauen
uns selbst und anderen gegenüber ehrlicher und authentischer werden, unsere Grenzen
spüren und unsere Gaben mutig einsetzen.
Silke Sieber
wünscht sich, dass Frauen sich individuell entfalten können und sich nicht
entmutigen lassen: «Jede Frau muss ihre eigene Begabung finden, die zu ihr
passt. Ich wünsche mir, dass wir auf die Stimme der Ermutigung hören. Es gibt
immer andere Stimmen, die uns zweifeln lassen, aber wir sollten auf die Stimmen
hören, die uns ermutigen und uns in unsere Berufung führen.»
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