Ägyptische Gegenrevolution

Christen am Nil dürfen wieder hoffen

In Ägypten sind die Würfel gefallen. Präsident Mursi ist abgesetzt und in «Schutzhaft» genommen. Vorbei der Spuk der Muslimbrüder, gescheitert ihr Versuch, am Nil eine zweite «Islamische Republik» aufzurichten, so wie im Iran.

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Feiern auf dem Tahrir-Platz
Mit dem Volksaufstand der Tamarud-Rebellion und dem Eingreifen des Militärs ist in Kairo die erste Gegenrevolution zur Beseitigung eines politislamischen Regimes gelungen, das den Demokratisierungsschub des Arabischen Frühlings für seine eigenen Ziele missbraucht hat. Das ägyptische Beispiel könnte bald in Tunesien Nachahmung finden und vor allem auf den Bürgerkrieg in Syrien Auswirkungen haben. Auch dort ist die Muslimbruderschaft stärkste Kraft gegen Assad, die auf ihre eigene Machtergreifung in Damaskus hinarbeitet. Jetzt haben die syrischen «Brüder» den für sie extrem wichtigen Rückhalt aus Ägypten verloren.

Christen atmen auf

Dort können die koptischen Christen endlich aufatmen. Sie waren die Haupt-Leidtragenden der einjährigen Herrschaft des Muslimbruders Muhammad Mursi. Der neue militärische Machthaber Abdel Fattah al-Sisi ist kein zweiter Nasser, der sich am Nil als neuer Pharao etablieren möchte. Der 58-jährige Generaloberst zeichnet sich durch hohes Offiziersethos und tiefe Gläubigkeit aus. So wollte er als Mursis Verteidigungsminister den Muslimbrüdern zunächst durchaus eine Chance geben, ihre Vision von einem modernen, wenn auch allzu strikten Islam zu verwirklichen. Bald musste Sisi aber erkennen, dass es sich bei der Bruderschaft um «fanatische Dummköpfe» handelte, wie er jetzt bei seiner Machtergreifung sagte.

Der Rat des Koptenpatriarchen

An seiner Seite standen bei der Erklärung von Mursis Absetzung nicht nur der Gross-Scheich des Azhar Ahmad at-Tajjib als Vertreter der moderaten Muslime und der demokratische Oppositionsführer, Friedensnobelpreisträger Muhammed al-Baradei, zur Seite. Im TV zu sehen war vor allem auch Koptenpatriarch Tawadros II. Mit ihm hatte sich Sisi während der letzten dramatischen Tage mehrfach beraten.

Hamas belagert Katharinenkloster

Ausserhalb von Kairo ist das Ringen mit den Muslimbrüdern aber noch nicht ausgestanden. Sie halten nach wie vor die westliche Hafenstadt Marsa Matruh und einige ihrer Hochburgen im Nildelta. Auf den Sinai eilen ihnen Kampfgruppen der Hamas aus dem Gazastreifen zu Hilfe. Akut gefährdet von ihrer Intervention ist das berühmte Katharinenkloster im Süden der Halbinsel. Die Hamas belagert den griechisch-orthodoxen Konvent und will ihn mit Mönchen, Touristen, Kunst- und Bibliotheksschätzen als Geisel nehmen, um die Freilassung Mursis zu erpressen.

Zum Thema:
Nur Arme, Kranke und Alte sind geblieben
Rohani und die Zukunft der Christen im Iran
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Datum: 04.07.2013
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet

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