Äthiopische Juden

Laut Rabbinern zeigen sie, dass der Messias bald kommt

Sie werden auf den biblischen Stamm Dan zurückgeführt, die «Falash Mura» oder «Beita Israel» genannten äthiopischen Juden. In den letzten Jahren wanderten Zehntausende von ihnen in Israel ein. Rabbis werten sie als ein Zeichen dafür, dass der Messias bald kommt. Livenet unterhielt sich mit dem Freund und Unterstützer von äthiopischen Juden, Gerald Gotzen.

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Gerald Gotzen (2.v.r.) mit äthiopischen Juden
In den letzten Jahrzehnten kamen äthiopische Juden in grosser Zahl zurück nach Israel, gesprochen wird von einer Erfolgsgeschichte. Unter anderem stammt sogar eine Miss Äthiopien aus dem Kreise der Falash Mura. Der Stamm Dan galt nach dem babylonischen Exil lange als verloren, bis er vor Jahrzehnten wiederentdeckt wurde. Über all die Jahrhunderte hatten die Nachkommen Israels ihre jüdischen Traditionen aufrecht erhalten. Dabei sind die «Falash Mura» Nachkommen, die sich dem Christentum zugewendet haben, die «Beita Israel» haben die jüdischen Traditionen (wie auch manche «Falash Mura») beibehalten.

Livenet: Gerald Gotzen, wie viele äthiopische Juden leben heute in Äthiopien?
Gerald Gotzen: Die Zahl der jüdischen Menschen, die sich «Beita Israel» nennen und die von der israelischen Regierung anerkannt sind, liegt bei rund 4'000. In der Hauptstadt Addis Abeba leben etwa 1'000 von ihnen und in Gondar rund 3'000.

Wie arbeiten Sie mit ihnen zusammen?
Seit über 27 Jahren gibt es einen Dienst, der «Beit Shalom» heisst. Zusammen mit Pastor Kassahun gehören wir zu den Gründern. Wir liefern praktische und geistliche Hilfe für rund 800 von ihnen in Addis Abeba und für 400 in Gondar.

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Äthiopische Juden in Israel
Unter welchen Umständen leben die Nachkommen des Stammes Dan heute?
Ihre Umstände sind schwierig. Sie werden von ihren Mitmenschen als suspekt angesehen, teils sogar angefeindet. Andere sind neidisch wegen ihrer Fähigkeit bei der Handarbeit, Stickerei, Töpferei, dem Herstellen von Werkzeugen für Bauern und den Kreuzen für die Orthodoxe Kirche.

Sind sie gut in die Gesellschaft integriert?
Auf dem Land sind sie nicht in die Gesellschaft integriert, sie leben isoliert und werden diskriminiert.

Wie leben sie ihren jüdischen Glauben heute?
Sehr ernsthaft und mit der Hoffnung, dass sie in Israel einwandern dürfen. Die «Beita Israel» haben die sieben Feste, die von Mose aufgetragen wurden, konstant gefeiert und der Sabbat wird strikt eingehalten. Sie kennen Purim und Channuka und sie folgen dem Tenach. Der Talmud ist ihnen aber unbekannt.

Gehen viele von ihnen zurück nach Israel?
In den letzten 35 Jahren sind die meisten «Beita Israel» ins verheissene Land ausgewandert. Heute leben rund 150'000 von ihnen in Israel, wovon 40'000 im Land geboren sind. Die «Falash Mura» werden von der israelischen Regierung anerkannt – es sind jene, die sich unter Druck zur Äthiopisch-Orthodoxen Kirche gewendet haben. Manche weil sie darin einen Vorteil sahen, andere weil sie vom Neuen Testament überzeugt wurden und weil sie das Evangelium gehört haben. Manche konvertierten offiziell, im Geheimen behielten sie aber die Praktiken des jüdischen Glaubens bei.

Sind sie auch ein Zeichen Gottes in der Gesellschaft?
Ja, auf besondere Weise. Zu Tausenden hatten sie in den Synagogen gebetet: «Der Hungrige sucht nach essen, der Durstige nach Wasser, ich aber will nach Jerusalem gehen.» Ihre Naturheilärzte – keine Zauberärzte! – leisten besonders auf dem Land einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft.

Was ist sonst noch wichtig über sie zu wissen?
Meistens heiraten sie untereinander. Die Rabbis in Israel sagen, dass die «Beita Israel» ein Zeichen dafür seien, dass der Messias bald kommt.

Was tun Sie neben Ihrer Arbeit für die äthiopischen Juden?
Durch die Gnade Gottes und die Leitung des Heiligen Geistes «entdeckte» ich die «Beita Abraham», die sich vor rund 350 Jahren von den «Beita Israel» getrennt haben. Nach aussen sind sie orthodoxe Christen, innerlich halten sie die Gesetze von Mose. Rabbis aus den USA und Israel haben ein echtes Interesse an ihnen. Es gibt in Äthiopien rund 50'000 von ihnen.

2010 «entdeckte» ich die «Gafat Community», die ebenfalls jüdische Vorfahren geltend macht. Ihre Mitglieder haben messianische Gemeinschaften gegründet. Sie zählen rund 200'000 Mitglieder.

2012 begegnete mir der «Yibir-Stamm», dieses Wort steht für «Hebräisch». Nach aussen sind sie Muslime aus Somaliland, im Herzen aber sind sie Juden. Und 2015 «entdeckte» ich die «Hidden Community», das sind rund 6'000 Juden, die in einer sehr abgelegenen Gegend leben.

Gerald Gotzen wirkt seit bald 30 Jahren in Äthiopien unter den Nachkommen des Stammes Dan. Er ist verbunden mit dem «International Gospel Outreach» aus Wales.

Zum Thema:
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Datum: 21.04.2018
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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