Spannung in Brasilien

Ringen um Präsidentin zeigt wachsenden Einfluss der Evangelikalen

Die Kampagne zur Absetzung der brasilianischen Präsidentin Dilma Roussef wird von einem pfingstlichen Christen und dem Sprecher des Repräsentantenhauses, Eduardo Cunha, angeführt. Beobachter sehen dahinter auch den wachsenden Einfluss evangelikaler Christen in dem traditionell katholischen Land.

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Dilma Rousseff, Brasiliens Präsidentin
Die brasilianische Historikerin Karina Bellotti hielt gegenüber dem «Christian Science Monitor» fest, dass während der letzten Abstimmung über die Fortsetzung des Amtsenthebungsverfahrens im Unterhaus verschiedene Politiker ihre Stimme «für Gott» abgegeben hätten. «Einige davon waren katholisch, aber die meisten aus evangelikal-pfingstlichen Gemeinden», fügte sie hinzu. Schätzungen zufolge beträgt die Anzahl der Pfingstler in Brasilien etwa 45 Millionen.

«Brasilien ist der Vorreiter des globalen Trends der Pentecostalisierung (Verpfingstlichung) der Christenheit» und das «Epizentrum der Weltchristenheit, mit der grössten Anzahl an Pfingstlern», berichtet Andrew Chesnut, Autor von «Born Again in Brazil».

Gegen illegale Tricks

Das Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff stammt aus Vorwürfen, dass illegale Buchhaltungstricks es ihrer Regierung ermöglicht haben, die Staatsausgaben ständig zu erhöhen. Ihre Kritiker werfen ihr auch vor, die Defizite versteckt zu haben, die zur schlimmsten Rezession im Lande seit den 1930er-Jahren führten. Rousseff hat diese fiskalen Manöver als «normale Praxis» in Brasilien verteidigt. Ihrer Meinung nach sind die Vorwürfe eine schwache Entschuldigung von Seiten der traditionellen herrschenden Elite, die Macht von Rousseffs linksorientierten Arbeiterpartei zurückzugewinnen, die seit 13 Jahren regiert. Das Unterhaus schloss sich ihrer Argumentation nicht an und stimmte für eine Amtsenthebung. Die Entscheidung liegt nun beim Senat, der voraussichtlich Mitte Mai entscheiden wird, ob die Präsidentin angeklagt wird.

Für ein Ja zum Prozess ist eine einfache Mehrheit des Senats nötig; in diesem Fall würde Rousseff bis zu 180 Tagen von allen Amtsgeschäften entbunden, während das Verfahren läuft. In dieser Zeit würde Vizepräsident Michel Temer, ein libanesisch-brasilianischer maronitischer Christ, die Regierung übernehmen. Der Leiter der Kampagne, Cunha, ist allerdings auch unter einer drohenden Wolke, tauchte sein Name doch in den kürzlich offengelegten Panama-Papieren auf. In Meinungsumfragen forderten denn auch 77 Prozent der Befragten, dass er ebenfalls abgesetzt werden solle.

Zum Thema:
Brasilien: Religiöse Landschaft im Umbruch
Gottes unheimliche Macht?: «Der Spiegel» warnt vor Missbrauch der Religion
Kampf für Gerechtigkeit: Brasiliens Präsidentin ruft «Nationalen Evangelisationstag» aus
Brasiliens Korruptionskrise: Evangelische Christen werden aktiv

Datum: 01.05.2016
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / pte

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