Wegen seines Glaubens

Türkischer Schauprozess gegen Pastor Brunson

In der Türkei bleibt ein Presbyterianer-Pfarrer aus den USA weiter als Spionage- und Umsturzverdächtiger im Gefängnis. Dabei hat er schon 18 Monate in Untersuchungshaft verbracht, ohne dass gegen ihn ordnungsgemäss Anklage erhoben wurde.

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Andrew Brunson
Als er jetzt aus dem Gericht erneut in seinen Kerker gebracht wurde, fand Andrew Brunson dennoch eines Christen würdige Worte: «Ich habe nie etwas gegen die Türkei verbrochen. Ich liebe die Türken, bete schon über 20 Jahre mit ihnen und werde weiter für sie beten!», sagte er im Gerichtsaal von Aliaga bei Izmir.

Andrew Brunson ist seit 1995 Prediger der evangelischen Auferstehungsgemeinde. Er und seine Frau  waren nicht nur bei ihrer Gemeinde, sondern in der ganzen Stadt beliebt. Niemand hätte ihnen etwas Schlechtes oder gar Böses zugetraut. Doch dann kamen sie unter die Räder der sich fortwährend verschlimmernden Diktatur von Präsident Recep Tayyip Erdogan: Im Oktober 2016 wurde dem Missionarsehepaar zunächst die Ausweisung mitgeteilt, dann Pfarrer Andrew in Haft genommen. Lange Zeit ohne Angabe von Gründen, dann mit dem Vorwurf, gegen die Türkei spioniert, ihre Sicherheit  und territoriale Integrität untergraben zu haben.

Wie im früheren Ostblock

Derartige Vorwürfe gegen christliche Glaubensboten waren und sind aus atheistischen Staaten im ehemaligen Ostblock, dem heutigen China und Nordkorea an der Tagesordnung. Bei einer Türkei, die nach wie vor in die EU drängt und sich den angeblich so islamophoben Europäern gegenüber als Land der Toleranz aufspielt, darf ein Vorgehen wie jetzt gegen Pastor Brunson aber nicht einfach hingenommen werden. Zwar hatte sich dort in den letzten zwei Jahrzehnten mit der grausamen Ermordung eines deutschen Missionars und seiner türkischen Mitarbeiter in Malatya, der Ermordung eines Pfarrers in Trabzon am Schwarzen und des Bischofs von Iskenderun am Mittelländischen Meer schon viel Schlimmeres abgespielt. Doch war es nie der Staat als solcher, der gegen christliche Persönlichkeiten vorging.

Die USA haben immerhin diese Woche ihren höchsten Verantwortlichen in Sachen weltweiter Religionsfreiheit, Sam Brownback, zur Gerichtsverhandlung entsandt. Doch auch seine Anwesenheit konnte Brunson nicht vor einer Verlängerung seiner Haft und Aufrechterhaltung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe bewahren.

Man schlägt den Sack ...

Diese betreffen einerseits sein gutes persönliches Verhältnis zu Vertretern der Gülen-Bewegung, einer islamischen Reformgruppe. Als Brunson in den 1990er-Jahren in die Türkei kam, stand diese Gruppe im besten Verhältnis zu den einheimischen Christen. «Gülenisten» besuchten regelmässig Gemeinden und wurden in kirchlichen Publikationen hoch gelobt. Auch ihre Beziehungen zur türkischen Obrigkeit waren damals ausgesprochen gut. Das änderte sich schlagartig in den letzten Jahren mit dem Zerwürfnis zwischen Staatschef Erdogan und Fethullah Gülen, dem Gründer und Leiter der nach ihm benannten Bewegung. Brunsons Verbrechen bestand nun darin, dass er seine alte Freundschaft mit Gülens Vertrautem in Izmir, Bekir Baz, nicht opportunistisch aufgeben wollte.

... und meint den Esel

Weniger vor Gericht als in den türkischen Presseberichten vom Beginn des Brunson-Prozesses ist von einer Verwicklung des Pfarrers in kurdische Umtriebe gegen die Einheit der Türkei und für die Schaffung eines eigenen Kurdenstaates die Rede. Tatsächlich hatte sich der Pastor in Izmir der landflüchtigen, in Not lebenden Kurden aus der Osttürkei angenommen und für sie eine eigene Gemeindestruktur aufgebaut.

Als Christ exponiert – und als Geisel missbraucht

Seine religiösen Beziehungen zu Gülen-Leuten und Kurden boten den Vorwand für Brunsons Verhaftung und das endlose Verfahren gegen ihn. Wie aber sein Anwalt Ismail Cem Halavurt nun vor Gericht ausführte, «ist der Prediger einzig und allein wegen seines Glaubens in Haft».

Was ausserdem dahintersteht, dürfte die Absicht Erdogans sein, den Presbyterianer als Geisel zu missbrauchen, um von den Amerikanern die Auslieferung Fethullah Gülens zu erpressen, der sich rechtzeitig in die USA gerettet hat.

Zum Thema:
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Datum: 18.04.2018
Autor: Heinz Gstrein / Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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