Hausgemeinde in China

Enormer Druck erzeugt enorme Schönheit

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Das Pastorenpaar der «Golden Lampstand Church» (Bild: metanoiamusikal.com)
Die «Golden Lampstand Church», eine Untergrundkirche in China, hat in ihrer etwas mehr als 20-jährigen Geschichte grossen Druck und sehr schwierige Situationen durchgemacht. Seit einigen Tagen sind mehrere Leiter erneut im Gefängnis…

Wie viel Druck erträgt ein Mensch? Wie viel Schikane erträgt ein Christ für seinen Glauben? Für uns Christen im Westen ist es schwer vorstellbar, was Gläubige etwa im Iran oder in China ertragen müssen. Am 7. August wurden neun Gemeindeleiter der «Golden Lampstand Church», einer grossen Hausgemeinde aus Linfen im chinesischen Shandong, festgenommen, unter ihnen auch Hauptpastor Wang Xiaoguang und seine Frau, Pastorin Yang Rongli. Es geht ihnen ebenso wie vielen anderen Pastoren, die der aktuellen Regierungskampagne gegen christliche Kirchen und Institutionen zum Opfer fallen.

Doch der Fall von Pastor Wang ist besonders schlimm: Seitdem er und seine Frau die Hauskirche gegründet haben, hat die Schikane und Verfolgung seitens der Regierung praktisch nie nachgelassen. Zuvor hatte das Ehepaar an der Shanxi Normal University gearbeitet, erst 1998 widmeten sie sich vollzeitig dem Gemeindedienst. Aufgrund des Wachstums der Hausgemeinde wurde die Regierung bald auf sie aufmerksam. Doch die Leitung lehnte es ab, sich der Drei-Selbst-Bewegung anzuschliessen oder sich offiziell registrieren zu lassen. Ab 2004 begannen Beamte regelmässig, die Wasser- und Stromversorgung der Gemeinde abzustellen.

Die Verfolgung nimmt zu

Der Druck seitens der Regierung hielt an. Am 13. September 2009 machten 400 Polizisten in den frühen Morgenstunden eine Razzia auf dem Gemeindegelände und der dazugehörenden Schuhfabrik. Christen, die in ihren Wohnungen auf dem Gelände schliefen, wurden brutal geschlagen, 100 dabei verletzt. Zudem wurden Bulldozer und Bagger gemietet, um die Gebäude und ihren Inhalt zu zerstören. Noch am selben Nachmittag versammelten sich Tausende Christen vor dem Gebäude der Stadtverwaltung, um für die Beamten zu beten.

Wenige Tage später stimmte die Stadtregierung zu, für den Schaden an den zerstörten Gebäuden aufzukommen, verhaftete Christen, die Videos von der Zerstörung online gepostet hatten, sollten jedoch nicht freigelassen werden und Christen, die weiterhin die Kirche besuchten, würden ihren staatlichen Unterhaltszuschuss verlieren. Aufgrund dieser Einschränkungen lehnte die Kirche das Angebot der lokalen Regierung ab. Doch der Druck ging weiter: Zunächst wurde das Gelände erneut von Polizisten belagert, dann wurde Pastor Wang dazu gedrängt, das Kirchgebäude für umgerechnet etwa 1,5 Mio. USD zu verkaufen. Das wies er direkt zurück. Die Gemeindeglieder hätten für das Gebäude gezahlt, nicht er. Deshalb müssten die Behörden dies mit den Gemeindegliedern verhandeln, nicht mit ihm. Die Kirche war mit Spendengeldern der Mitglieder von umgerechnet über 2,6 Mio. USD gebaut worden.

Haftstrafen

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Die «Golden Lampstand Church» wurde in einer Explosion zerstört.
Ab sofort wurden die Gemeindeleiter rund um die Uhr überwacht und wenige Wochen später wurden mehrere Leiter und Mitglieder zu Haftstrafen verurteilt, darunter Pastor Wang zu drei Jahren und seine Frau zu sieben Jahren Haft. Danach wurden die mittlerweile 30 Tochtergemeinden der Kirche geschlossen. Pastor Wang wurde 2012 freigelassen, seine Frau 2016 – sie erklärte nach ihre Freilassung, sie würde trotzdem nicht aufhören, das Evangelium weiterzugeben. Am 9. Januar 2018 wurde das Kirchgebäude dann von Beamten durch eine Explosion komplett zerstört. Und seit wenigen Tagen sind neun Leiter erneut im Gefängnis…

Trotz allem enormes Wachstum

Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Wie viel Druck jeder Mensch standhalten kann, hängt von seiner Situation und psychischen Verfassung ab. Aber so, wie Diamanten unter extrem hohem Druck entstanden sind, so entsteht auch unter dem Druck der Verfolgung Unglaubliches und Wunderschönes: Die Hausgemeinde von Pastor Wang ist seit ihrer Entstehung in den 1990er Jahren von unter 100 Mitgliedern auf über 50'000 angewachsen, trotz oder gerade wegen der Verfolgung.

Zum Thema:
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Datum: 28.08.2021
Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet / China Aid

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