Dokudrama

Florence Nightingale: Epidemie trifft auf Krim-Krieg

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Florence Nightingale
Auf die Pandemie ist das Schreckensszenario des Russlandkriegs schwer ertragbar. Die Pionierin Florence Nightingale hatte im früheren Krimkrieg erlebt, wie sie Epidemien entgegenwirken konnte. Dies und weitere Seiten ihres Lebens zeigt der Film.

Der damalige Krieg (von 1853-56) liess unter all den Opfern schlimmste Epidemien wüten. Vom Ruf Gottes beflügelt, wollte die mutige Engländerin nur eines: Menschen retten. Mit viel Cleverness revolutionierte sie sogleich das ganze Pflegesystem – weltweit.

Von Gott gerufen, Menschen zu retten

Die 1820 geborene Florence Nightingale soll mit dem Spruch «Ärzte beschäftigen sich mit Krankheiten, Krankenschwestern beschäftigen sich mit Menschen» den Grundstein einer modernen Krankenpflege gelegt haben. Als gläubige Christin aus England hatte sie einen starken inneren Motor, der zum Helfen antrieb. Ihr Lebensziel war es, Kranke zu pflegen.

«Gott hat zu mir gesprochen, zu bitten, Gutes zu tun. Für ihn allein, ohne Eigennutz», wird die 16-Jährige im Dokudrama «Mutter aller Schwestern» zitiert. Von ihrem Schöpfer wurde sie auch mit aussergewöhnlichem Verstand und Intelligenz ausgestattet. So verwundert es nicht, dass sie stapelweise Mathematikbücher verschlang. Als grosse Inspiration studierte sie auch Charles Dickens und Victor Hugo.

Endlich lernen und 20 Pfund Jahreslohn

Die Lebensberufung, Menschen zu retten, erreichte ihren Höhepunkt, als Florence durch wundersame Umstände nach Kaiserswerth kam, wo Theodor Fliedner als gottesfürchtiger Vorsteher und Pionier die dortigen Häuser verschiedener Bedürfnisse leitete. Zum ersten Mal durfte sie offiziell ihrer Leidenschaft nachgehen, Bücher studieren und praktisch in der Pflege tätig sein. Wie ein Schwamm sog sie alle Beobachtungen auf. Die junge Lernende war glücklich.

Mit 33 Jahren wurde ihr die Leitung eines Frauenspitals übertragen, nachdem sie sich bewusst und gegen Widerstände ihrer Eltern dem bürgerlichen Leben abschwor und sich ganz der Pflege weihte. Zur Veranschaulichung der finanziellen Verhältnisse: Im Jahr 1853 hatte Leiterin Florence kein Gehalt, sondern lebte von den fünfhundert Pfund, die der Vater ihr als jährliche Rente zahlte. Eine Krankenschwester verdiente jährlich etwa 20 Pfund, eine Gouvernante bei freier Kost und Logis lediglich 10 Pfund.

Heroischer Hygienedienst im Krimkrieg

Die aktive Pflegerin wurde an den Fronteinsatz ins Militärkrankenhaus von Scutari berufen. Typisch für Florence Nightingale, rannte sie nicht kopflos drauflos, sondern erstellte zusätzlich zum praktischen Dienst erste zuverlässige Statistiken über zwei Jahre hinweg. Sie entdeckte, dass nur rund 61 Prozent der Eingerückten kampftüchtig waren und kam zum Schluss, dass es zwei Armeen brauche, auch eine gegen Krankheiten!

Vor allem investierte sie in die Hygiene der Kriegsopfer und erreichte innerhalb weniger Monate, die Sterblichkeitsrate deutlich zu senken. Denn Seuchen hatten viermal mehr Opfer gefordert als die direkten Kampfhandlungen. Im Zentrum stand die Wäscherei: Heisses Wasser, saubere Stoffe, das bekannte Händewaschen und andere Massnahmen unterbrachen die unsäglichen Ansteckungen und bescherten Gesundheit für Dutzende, ja Hunderte. «Nun bin ich Köchin, Pflegerin, Einkäuferin…», wird sie im Film zitiert. Charles Dickens selber kaufte einen Trockner, weil ihm die Wichtigkeit dieses Bereiches bewusst war.

Seelsorge und Schriftliches

Ebenso wichtig war der Krankenschwester auch die Pflege der Seele. Sie nahm sich Zeit für die Patienten. Und sie schrieb viele Briefe an die Angehörige und leitete die anderen Helfer an, dasselbe zu tun.

Als Leiter an diversen Fronten gibt es viel Widerstand. Zudem war auch das Mediale zweischneidig, die Berichte der Londoner Times verhalfen zu Geld, wurden aber von den Lesern teilweise kritisch oder falsch interpretiert. Gute Presse überwog dennoch, schlussendlich wurde die Bekanntheit von der «Lady mit der Lampe» (das ikonische Bild ihrer Krankenbesuche) einzig von Königin Victoria übertroffen. Die Queen wurde eine Verbündete und starke Unterstützerin.

Gefühlsgepäck, Gründer Dunant und Gelübde

Florence Nightingale kehrte als Letzte vom Krieg mit folgendem Gepäck nach England zurück: Hygiene, Desinfektion und Mitgefühl! So legte sie die Grundlagen professioneller Krankenpflege und einer starken Ganzheitlichkeit. «Ich will nichts beibringen, sie sollen selber lernen. Hie und da einen Ratschlag werde ich geben», gab die introvertierte Persönlichkeit von sich.

Auch Henry Dunant, der spätere Gründer des «Roten Kreuzes», wurde für seinen Dienst massgeblich von der emsigen Engländerin inspiriert. Jedoch goutierte sie nur mässig sein Engagement, da sie der Meinung war, die Dienste müssten vom Staat getragen und verantwortet sein und nicht durch private Organisationen.

Die «Moralische Hygiene» wurde ebenfalls hoch gewertet, was sich auch im sogenannten Nightingale-Gelübde für Pflegende ausdrückt: «Ich gelobe feierlich vor Gott und in Gegenwart dieser Versammlung, dass ich ein reines Leben führen und meinen Beruf in Treue ausüben will. Ich werde mich enthalten von allem, was schädlich und boshaft ist. Ich werde keine schädlichen Arzneien einnehmen oder wissentlich verabreichen.»

Pflegeschulen werden eingeläutet

1860 wurde in London die erste Pflegeschule der Welt gegründet. Ein besonderes Anliegen war die Volksgesundheit, vor allem in den Armenvierteln von London. Es waren enorme Errungenschaften für Frauen. Damals durften beispielsweise nur Ärzte Fiebermessen, wobei sich der Lehrgang für Frauen so entwickelte, dass in Frankreich männliche Ärzte als Ausbildner ausgeschlossen wurden. 1873 zog Amerika nach. In Frankreich wurde die staatliche Anerkennung des Berufes erst im Jahr 1978 ausgesprochen.

Ihre Stimme verstummt nicht

Ans Bett gefesselt und mit chronischem Fieber, wie sie selber schrieb, entschlief sie 1910 zurückgezogen und doch weltweit präsent. In Japan wurde sie sogar auf eine Stufe mit der buddhistischen Göttin des Mitgefühls gestellt, was der Bescheidenheit Florence Nightingales kaum gefallen hätte.
So endet das Dokudrama bei den Gräbern des Krim-Krieges und der Stimme der Mutter aller Schwestern – mit schlichten und berührenden Worten (es sei hier nicht alles verraten).

Kommentar

Leider gibt es permanent Kriege auf dieser Weltenkugel. Dienste und Persönlichkeiten einer Florence Nightingale bringen Licht in diese Dunkelheiten. Die Menschenströme von Opfern werden auch zukünftig in Bewegung sein und Hilfe und menschliche Wärme suchen; in einer Welt, in der vermehrt von Grenzen und Rückschaffung gesprochen wurde. Und doch dürfen wir aktuell eine immense Dynamik von Unterstützung erleben, Herzen wollen helfen. Schlussendlich sollten immer Menschlichkeit und Nächstenliebe siegen.

Deutschsprachige Fassung von «Mutter aller Schwestern» auf Youtube

Zum Thema:
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Datum: 10.03.2022
Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet

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