Jo Scharwächter

70 und weise – aber erst ein bisschen leise

Halleluja-Jo. Aus der Frankfurter Szene fand der frühere Zuhälter ins Alpenland Schweiz. Seine «Rolling Church» brachte ihn zu Hunderten von Menschen. 2014 feiert Jo Scharwächter gleich zweimal Geburtstag.

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Joachim Scharwächter
Manche Geschichten gleichen sich: Menschen geraten auf die schiefe Bahn, steigen auf und sahnen ab, bis das Gesetz hinter ihnen her ist. Joachim Scharwächter ist einer von ihnen. Dieses Jahr feiert er ein Doppeljubiläum: Am 27. März seinen 70. Geburtstag, am 27. Juni den 40. Jahrestag seiner «Wiedergeburt», wie er sagt, seiner Hinwendung zu Jesus Christus.

Ein einziger Trümmerhaufen

Jo Scharwächter wurde am 23. März 1944 im niederländischen Helmond geboren. Anderthalb Monate später kam sein Vater in Russland ums Leben. Der Junge wuchs im Nachkriegsdeutschland der Ruinen und Schutthaufen auf. Schon als Dreijähriger lief er zum ersten Mal von zu Hause weg, mit 12 lebte er kurzzeitig auf der Strasse. Nach einem Einbruch kam er in ein Jugendheim, mit 15 das erste Mal ins Gefängnis. Die Lehren als Orgelbauer und Schlosser brach er ab, teils aus gesundheitlichen Gründen, vor allem aber aus Unlust. Dann schlug sich der 17-Jährige nach Algerien durch, um der Fremdenlegion beizutreten. Weil er noch nicht volljährig war, wurde ihm das verwehrt. Mit 18 beschloss «Holländer-Jo», wie man ihn damals nannte, Berufsverbrecher zu werden. Wegen versuchten Mordes an einem Polizeibeamten verbüsste er eine langjährige Haftstrafe. Der 27. Juni 1974 bleibt Jo Scharwächter unvergessen: «Ich hatte mich im Gefängnis zu Jesus bekehrt. So begann mein neues Leben.» Zuhälter, Berufskrimineller, Offizier der Heilsarmee und Pastor: Jo Scharwächter hat eine grosse Wandlung erlebt.

Leben für und mit Randgruppen

Er nahm seine dunkle Vergangenheit als Auftrag von Gott wahr: im Rotlichtviertel, auf Bahnhöfen und Plätzen, mit Menschen am Rand der Gesellschaft – Dealer, Drogenabhängige, Prostituierte, Obdachlose, Zuhälter oder Alkoholiker. Ganz im Sinne seines Namens übernahm er eine Art Wächteramt für Scharen gescheiterte Existenzen. Menschen, die sich um Jo scharten, merkten: Dem sind wir nicht egal, der interessiert sich für uns. «So iss dat halt», sagt der Doppeljubilar. Halbe Sachen waren nie sein Ding. Jo Scharwächters Herz schlug für andere. Mit der «Rolling Church», einer «Kirche auf Rädern», setzte er sich vor zehn Jahren Richtung Osteuropa in Bewegung.
Im April 2013 musste sich Jo Scharwächter einer Herzoperation unterziehen. «Das war sehr, sehr hart. Aber: Ich darf weiterleben! Gott hat mich wiederhergestellt», bezeugt er heute dankbar. Nun will er alles etwas ruhiger angehen. «Früher war ich Tag und Nacht unterwegs. Heute brauche ich nach einem dreitägigen Einsatz einfach mal einen fixen Ruhetag», sagt Jo. Er engagiert sich weiterhin in der «Rolling Church», dazu in einer süddeutschen  Chrischonagemeinde, im Heilsarmeekorps Umiken AG sowie im EGW Burgdorf.

Seit elf Jahren wohnt Jo Scharwächter mit Gattin Rahel und zwei Kindern (elf und  dreizehn) in Elfingen AG. Die drei Kinder aus erster Ehe wohnen ganz in der Nähe; alle haben eine enge Verbindung zueinander. Versöhnte Vergangenheit, ganz im Sinne seines Lieblingsverses aus der Bibel: «Das Alte ist vergangen, eine neue Schöpfung ist geworden» (2. Korinther 5,17). Sein nächster Lebensabschnitt verläuft ruhiger. Aber so richtig still werden um den sympathischen «harten» Kerl mit dem weichen Herzen wird es ganz sicher noch nicht.

Kooperation Livenet und Rolling Church
Mit der Pensionierung von Jo Scharwächter kommt es zu einer Umstrukturierung bei der Rolling Church.
Der Verein Rolling Church hat die Geschäftsführung an Livenet übertragen, dies beinhaltet Administration, Fundraising und Mitarbeiterführung. Der Verein Rolling Church bleibt jedoch bestehen.

Zum Thema:
Kinder in Ungarn: «Rolling Church» für Einsatz ausgezeichnet
Vom Zuhälter zum Seelsorger
«Rolling Church»: Zwei Tonnen Kirche rollen durchs Land

Datum: 22.03.2014
Autor: Thomas Feuz
Quelle: Idea Spektrum Schweiz

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