Das Postulat von EVP-Nationalrätin Marianne Streiff wirft Monate nach der Einreichung hohe Wellen. Aber auch die Gegnerschaft hat sich formiert.
Marianne Streiff
Gestern hat die «Schweiz am Sonntag» dem Postulat die Titelgeschichte und zwei Seiten reserviert, auf der Marianne Streiff ihr Anliegen erläutern konnte. Illustriert war der Text mit Bildern der Nationalrätin und aller 43 Ratskolleginnen und –kollegen, die das Postulat unterzeichnet haben. Unter ihnen sind prominente Köpfe wie FDP-Fraktionschefin Gaby Huber, BDP-Präsident Martin Landolt oder VCS-Präsidentin Franziska Teuscher (Grüne). Die Zeitung stellt dazu fest, dass sich in diesem Anliegen die wertorientierte Haltung vieler Parlamentarier mit der emanzipatorischen Seite verbinde, wie sie in der Forderung von Alice Schwarzer nach einem Prostitutionsverbot in Deutschland zum Ausdruck komme.
Kein Sonderfall Schweiz
Die Schweiz und Deutschland stehen mit ihrem Anliegen eines Verbots nicht alleine da, stellt die Zeitung fest. Auch in Frankreich, England und Österreich würden Verbote und restriktive Massnahmen gegen den käuflichen Sex vorbereitet oder bereits umgesetzt.
Streiff schwebt für die Schweiz das Modell Schweden vor. Dort gilt bereits seit 1999 das «Gesetz zum Verbot des käuflichen Erwerbs sexueller Dienstleistungen». Freier werden in dem skandinavischen Land mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten belegt. Das Verbot der Prostitution wurde damit begründet, dass diese mit der Würde der Frau nicht vereinbar sei. Prostituierte werden bei dem Modell nicht bestraft, sondern geschützt.
Die Gegner – und die Fakten
Die Forderung nach der Bestrafung der Freier hat aber auch die Gegnerschaft auf den Plan gerufen. FDP-Nationalrat Andrea Caroni aus dem Kanton Appenzell Ausserrhoden hat seinerseits ein Postulat eingereicht, das von 55 Nationalräten unterzeichnet wurde. «Ich bin klar gegen ein Prostitutionsverbot», sagte er der «Nordwestschweiz». Das wäre ein Eingriff in die persönliche wirtschaftliche Entfaltungsfreiheit. Sein Postulat fordert mehr Rechte für Sexarbeitende – etwa, dass Verträge mit Prostituierten nicht mehr als sittenwidrig betrachtet werden.
Die Liberalisierung der Prostitution im Sinne von Caroni hat aber in Deutschland zu einer Zunahme von Prostitution und Menschenhandel geführt. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue von der Europäischen Kommission finanzierte Studie. Forscher der Universitäten Göttingen und Heidelberg haben darin die Auswirkung legaler Prostitution auf den Menschenhandel untersucht und festgestellt, dass es in Ländern mit liberalen Prostitutionsgesetzen wie Deutschland generell mehr Menschenhandel gibt.