In der Wintersession rückt der abtretende SEA-Generalsekretär Marc Jost in den Nationalrat nach und tritt in die Fussstapfen von Nationalrätin Marianne Streiff-Feller. Er erklärt im Livenet-Talk, was das für ihn bedeutet.
Im Talk bekennt Marc Jost, dass er mit einer gewissen
inneren Spannung in die neue Aufgabe einsteigen wird. Und dies, obwohl er als
ehemaliger Grossrat und Grossratspräsident des Kantons Bern gut vorbereitet
ist. Zudem bringt er auch als ehemaliger Generalsekretär der Schweizerischen
Evangelischen Allianz (SEA) Erfahrungen mit gesellschaftspolitischen Fragen
mit. Er will diese in die neue Aufgabe zugunsten der gesamten Gesellschaft
einbringen, wie er gegenüber Moderator Florian Wüthrich erklärt. «Ich möchte
allen Menschen im Land dienen», so Jost, nicht allein den Christen. In Liebe zu
Gott dem Schöpfer und zum Nächsten, zum Wohl aller Menschen.
Geprägt von Einsatz in Südamerika
Vor 20 Jahren absolvierte Marc Jost, frisch verheiratet, ein
Praktikum in Südamerika, wie er kürzlich gegenüber dem Tagesanzeiger verriet, eine
Zeit, die ihn sehr geprägt habe. Er erlebte Krieg, Ungerechtigkeiten, Leiden
und Gewalt vor Ort. Dabei wurde ihm auch die Kluft zwischen Ländern des Südens
und der sicheren und wohlhabenden Schweiz bewusster. «Das hat etwas mit uns
gemacht», erinnert sich Marc Jost. Er erhielt dort den entscheidenden Impuls,
sich auch in der Heimat – und darüber hinaus für andere Länder – für Rechtsstaatlichkeit
und Menschenrechte einzusetzen. Es war auch ein Impuls, sich für die interkulturelle
Verständigung einzusetzen, was zum Beispiel in der Weiterentwicklung der
Arbeitsgemeinschaft Interkulturell der SEA ihren Niederschlag fand. Ebenso in
seinem Engagement für die Leitung des Verbandes evangelischer Hilfswerke,
Interaction.
Marc Jost war später auch persönlicher Mitarbeiter von
Nationalrat Heiner Studer. Dies habe ihn zusätzlich für die politische Arbeit
motiviert. Er erlebte dabei auch, wie Studer junge Leute für die politische
Arbeit begeisterte, indem er sie beteiligte und ihnen Einblick in die Arbeit
verschaffte. Diese Erfahrung hat auch ihn für die Teamarbeit motiviert, die in
der politischen Arbeit unentbehrlich sei, so Marc Jost.
Ist das ein Statement gegen den politischen Egotrip?
Durchaus, aber Jost sieht dabei vor allem auch die Chance, vom Wissen Anderer
zu profitieren, dort, wo er mit seinem Wissen und seiner Erfahrung an Grenzen
stösst. Sei es durch Engagierte in der Partei, einen persönlichen Mitarbeiter
oder Mitarbeitende von Fachorganisationen. «Ich möchte diese Chancen nutzen!»
Kompetenter Mitarbeiter an der Seite
Konkret unterstützt wird Marc Jost zukünftig durch Michael
Mutzner, der viele Jahre mit der SEA in der Deutschschweiz zusammenarbeitete
und gemeinsam mit Jost Projekte aufgegleist hat. Er bringt Wissen aus Recht,
Politologie und seinem Engagement im Menschenrechtsrat der UNO mit, wo er sich für
Religionsfreiheit stark gemacht hat. Zudem ist Mutzner als Leiter von Christian
Public Affairs bereits gut im Bundeshaus vernetzt. Davon werde er sehr
profitieren können, sagt Marc Jost. Gerade auch wenn es um den Schutz von
Minderheiten gehe. Zudem will er eine Stimme vieler Christen in diesem Land
sein, die sich in zahlreichen Organisationen und Bewegungen engagieren.
Schliesslich sei ja auch die Evangelische Volkspartei (EVP), für die Jost
politisiert, aus solchen Bewegungen, insbesondere der Evangelischen Allianz, entstanden,
um die Anliegen evangelischer Christen zur Sprache zu bringen. Er werde auch
von der Vorarbeit von Marianne Streiff in den Bereichen, Menschenrechte,
Menschenhandel oder Asylwesen, oder für Menschen mit Beeinträchtigung
profitieren. Hier gelte es, Anliegen aus dem Evangelium in praktische Politik
umzusetzen. Zusammen mit den beiden andern Nationalratsmitgliedern der EVP und
der Mitte-Fraktion.
Zwei politische Schwerpunkte
Marc Jost hat bereits reichlich Erfahrungen in der
öffentlichen Auseinandersetzung mit Brennpunktthemen wie «Ehe für alle»
gesammelt. Wo will er seine künftigen Schwerpunkte setzten? «Ich will zuerst
mal behutsam einsteigen, zuhören, beobachten und die Strukturen kennenlernen»,
so Jost. Er sieht sein Engagement einerseits als «sozialkonservativ», also für
den Einsatz gegen Ungerechtigkeit und Armut, aber auch als
«gesellschaftskonservativ», was den Einsatz für Themen wie Palliative Care, den
Anfang des Lebens und den Schutz von ungewollt Schwangeren betrifft. Er will
dabei gut darauf achten, was diesbezüglich bereits gelaufen ist. Zudem stehen
in einem Jahr die Nationalratswahlen bevor, auf die er sich gut vorbereiten
möchte. Dasa er bereits bei den kommenden Bundesratswahlen zwei
Bundesratsmitglieder mitwählen darf, freut ihn: «Eine ganz besonderer Moment,
den man nicht so erwarten konnte», stellt Marc Jost fest. Er freut sich auch,
die Diskussionskultur im Blick auf diese Wahlen kennenzulernen.
Wird es dabei zu vielen «sehr menschlichen» Erfahrungen
kommen, wie Wüthrich vermutet? Man merke immer wieder, wie auch politisch
exponierte Menschen in hohen Positionen letztlich normale Menschen seien, hat
Jost bereits erfahren. Menschen wie du und ich. Es gelte, Vertrauen aufzubauen,
mit möglichst vielen zusammenzuarbeiten und gute Lösungen für unsere
Gesellschaft zu finden. Moderator Florian Wüthrich wünscht Marc Jost dazu
Gottes Segen.