Kinder- und Jugendorganisationen gegen Pädophilie-Initiative
Als unzureichend und verfassungswidrig lehnen die Schweizer
Jugendverbände die Volksinitiative «Pädophile sollen nicht mehr mit
Kindern arbeiten dürfen» ab, über die in der Schweiz am 18. Mai
abgestimmt wird.
Der Schutz der Kinder vor jeglicher Gewalt habe bereits höchste Priorität.
Das eidgenössische Parlament habe Ende 2013
bereits wirksame, verfassungskonforme und umfassendere Massnahmen zum
Schutz von Kindern und Jugendlichen gegenüber der Wiederholung von
Gewalttaten verabschiedet, schreiben die Schweizerische
Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände (SAJV), Jungwacht Blauring,
Pfadibewegung Schweiz (PBS), Satus Schweiz und die Stiftung Kinderschutz
Schweiz in ihrem Communiqué von Dienstag, 8. April.
Das Parlament
habe das Tätigkeitsverbot für die Straftäter auf den ausserberuflichen
und freiwilligen Bereich ausgeweitet und ein allgemeines Kontakt- und
Rayonverbot ermöglicht. Damit wurde das Anliegen der Initiative und von
darüber hinaus gehenden Massnahmen auf gesetzlicher Ebene unter
Berücksichtigung der rechtsstaatlichen Grundsätze verankert, betonen die
Verbände.
Missachtete «Einzelfallgerechtigkeit»
Als
besonders heikel erachten die Jugendverbände die Missachtung der
«Einzelfallgerechtigkeit» der Initiative und die dadurch «weiter
vorangetriebene Tendenz zur Abschaffung des richterlichen Ermessens».
Pädokriminelle Straftaten müssten geahndet werden. Im Fall von
sogenannter Jugendliebe wäre ein Urteil aber «höchst stigmatisierend».
Die Verbände lehnen es ab, wenn bei einem beidseitig gewollten sexuellen
Kontakt zwischen knapp 16- und 20-jährigen Jugendlichen die volljährige
Person so bestraft würde, dass diese lebenslänglich nicht mehr mit
Kindern, Jugendlichen und besonders schutzbedürftigen Personen arbeiten
dürfte.
Das Verhalten dieser Person sei korrekterweise verboten.
Mit der Initiative würde sie jedoch strafrechtlich gleich behandelt wie
Personen, die beispielsweise mehrere sexuelle Übergriffe auf Kinder oder
Jugendliche verübt haben.
Prävention und Schutzmassnahmen im Mittelpunkt
Die
Initiative erwecke den Anschein, dass sie durch den geforderten
Automatismus zu einem vollständigen Schutz vor Sexualstraftätern führe.
Das sei aber nur eine scheinbare Sicherheit. Ersttäter würden nicht
erfasst. Zudem sei es eine «tragische Realität», dass nur fünf Prozent
der Taten in einem Schuldspruch endeten.
Dementsprechend würden
sowohl die Initiative als auch die vom Parlament verabschiedeten
gesetzlichen Massnahmen zu spät ansetzen. Um alle sexuellen und
gewalttätigen Übergriffe zu verhindern, müsse zwingend vermehrt in
Präventionsarbeit und Schutzmassnahmen investiert werden. Solche
gehörten seit jeher zur täglichen Arbeit in den Kinder- und
Jugendorganisationen, betonen die Verbände.
Zahlreiche
Organisationen hätten bereits Richtlinien zur Thematik verfasst,
Meldestellen eingerichtet und sich der Fachstelle Mira angeschlossen.
«Die Kinder- und Jugendorganisationen räumen dem Schutz der Kinder und
Jugendlichen vor jeglicher Form von Gewalt bereits heute höchste
Priorität ein», zitiert das Communiqué die Co-Präsidentin der
Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände (SAJV), Kathrin
Balmer.