«Genozid»: Papst spricht Klartext

Türkischer Aussenminister: «Papst schürt Hass»

Seit Papst Franziskus in Rom erklärt hatte, die Armenier seien «Opfer des ersten Völkermordes des 20. Jahrhunderts», toben türkische Offizielle. Aussenminister Mevlüt Cavusoglu behauptet, die Erklärung des Papstes sei «weit von Geschichte und Recht entfernt.»

Zoom
Papst Franziskus
Der Apostolische Nuntius in Ankara, Erzbischof Antonio Lucibello, wurde nach der Papst-Rede ins Aussenministerium einbestellt. Dort soll ihm der türkische Staatssekretär Levent Murat Burhan erklärt haben, dass die Äusserung des Papstes die Türkei tief enttäuscht habe. Sie sei fern der historischen Tatsachen und einseitig.

Die Aussage des Papstes laufe seiner Botschaft von Frieden, Dialog und Verständigung entgegen, die er bei seinem Besuch in der Türkei (im November 2014) überbracht hatte. Burhan sprach von einem Vertrauensverlust und das werde «sicherlich» noch Folgen haben.

Türkei kämpfte gegen Begriff

Zoom
Dieses Armenier-Mahnmal in der Türkei, das von Erdogan entfernt wurde, erinnerte an den Völkermord an den Armeniern.
Gemäss «20 Minuten» sprechen Historiker von bis zu 1,5 Millionen Armeniern, die im Ottomanenreich zur Zeit des Ersten Weltkrieges umgebracht worden waren. Auch andere Minderheiten wie die Assyrer wurden Opfer der Vernichtung. Andere Quellen sprechen von 800'000 bis zu einer Million getöteten Menschen.

Die «NZZ» berichtete, dass die Türkei hinter den Kulissen versucht haben soll, den Papst  vom Verwenden des Wortes «Genozid» abzubringen. Ankara bestreitet das systematische Töten und bezeichnet die Opferzahl als übertrieben. Armenische Kreise zeigten sich dagegen dankbar für die Äusserung des katholischen Oberhaupts.

Türkei zürnt – Papst betet

Bereits 2013 sprach Franziskus auf einer Gedenkmesse von einem «Völkermord» und Johannes Paul II. verwendete ebenfalls diesen Begriff. Stets zürnte die Türkei. Sie sprach davon, dass dies irreparable Konsequenzen haben könnte, die Aussage sei inakzeptabel.

Während Ankara tobt, betet der Papst für eine Versöhnung zwischen dem armenischen und dem türkischen Volk, berichtet die «Frankfurter Allgemeine». Die deutsche Bundesregierung scheut sich bis heute, das Wort Völkermord zu verwenden, um den türkischen Präsidenten Erdogan nicht zu verärgern, erklärt die Zeitung «die Welt». Vorgesehen war, dass am offiziellen 100-Jahre-Gedenktag, dem 24. April, im Bundestag erstmals dieses Wort verwendet wird – vor kurzem folgte der Rückzieher, um die türkische Elite nicht zu verärgern.

Das türkische Volk sei dagegen offener, dort werde der Begriff verwendet.

Zum Thema:
100 Jahre nach dem Genozid: 1,5 Millionen armenische Völkermordopfer werden heiliggesprochen
Armenier-Gedenktag: Menschenrechtsaktivisten erinnerten an Tragödie
«Helfende Hände» als Antwort: Türkei lässt Versöhnungsdenkmal abreissen

Datum: 14.04.2015
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet / kath.ch / 20 Minuten

Kommentare

Ich weiss nicht, was in den Köpfen vieler Menschen vorgeht, wenn etwas schlimmes geschehen ist, einfach ignoriert oder Wegdiskutieren. Der Völkermord an den Armenier ist nun mal geschehen, so wie auch der Holocaust, oder andere schlimme Sachen. Mit wegdiskutieren oder ignorieren, kann man etwas geschehenes nicht mehr rückgängig machen. Sowie der Tod und Auferstehung von Jesus, ist für einige eine freudige Tatsache die auch geschehen ist und mit Wegdiskutieren ist sie dennoch wahr. Ich denke, das diese Menschen die was wegdiskutieren wollen vielleicht das schlechte Gewissen unterdrücken wollen.

Glaubensfragen & Lebenshilfe

Diese Artikel könnten Sie interessieren

In Mexiko und Bolivien
Die Gender-Ideologie wird auch in Lateinamerika immer stärker. In über 200 Kirchen Mexikos und Boliviens werden Sonntagsschul-Lehrer geschult, um die...
Regierung plant neue Regelung
Die niederländische Regierung hat vor kurzem ihre Pläne bekannt gegeben, Sterbehilfe für unheilbar kranke Kinder zwischen einem und zwölf Jahren zu...
Wunder am «The Chosen»-Set
Die Produzenten sagen, dass sie Gottes Hand am Set mehrfach am Werk gesehen haben. Gerade auch in Momenten, in denen die Darsteller und die Crew müde...
Der Holocaust
Am 09.11. findet zum 85. Mal der Gedenktag an die Novemberpogrome statt. Forscherin Susanna Kokkonen weiss: Die Wurzeln des Judenhasses reichen viel...

Anzeige

Kommentar

Regula Lehmann: Empörung ist billig
Wir befinden uns inmitten der Fastenzeit vor Ostern. Livenet-Kolumnistin Regula Lehmann fastet...