Proteste auf Stellungnahme

Erst Homo-Ehe, dann auch Inzest oder Polygamie legalisiert?

In einem Interview hat die Ministerpräsidentin des deutschen Bundeslandes Saarland, Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), die rhetorische Frage gestellt, ob nach der Homo-Ehe nicht auch Befürworter von Inzest oder Polygamie ihre Rechte einfordern könnten. Trotz wütender Proteste bleibt sie bei ihrer Aussage.

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Annegret Kramp-Karrenbauer von der CDU hat eine klare Meinung zur Homo-Ehe.
In den sozialen Medien wurden in den Tagen nach ihrem Interview in der Saarbrücker Zeitung vom 3. Juni ihre Äusserungen von Hunderten empört kommentiert. Auch die Generalsekretärinnen von SPD und FDP reagierten gereizt und bezeichneten die Aussagen als «Schlag ins Gesicht» und «Entgleisung». Worum ging es?

Adoptionsrecht

Im Interview hatte sich Kramp-Karrenbauer zunächst gegen das Adoptionsrecht von homosexuellen Paaren gewandt: «Seit Jahren heisst es, dass für die Entwicklung von Kindern Vater und Mutter die beste Konstellation ist. In der Kita oder in der Grundschule beklagen wir, dass es zu wenige männliche Vorbilder gibt. Mir will nicht ganz einleuchten, dass das im engsten Umfeld, in dem Kinder geprägt werden, gar keine Rolle spielen soll. Gerade diese Frage dürfen wir nicht daran festmachen, ob sich jemand diskriminiert fühlt oder nicht – sondern allein am Kindeswohl.»

Grundlegende Definitionen verändern?

Dann ging es um mögliche legale Folgen einer Öffnung der Ehe. In der CDU melden sich immer mehr Befürworter einer Gleichstellung von eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe. Auf die Rückfrage, ob es dann nicht nur noch eine «symbolische Frage» sei, jede verbindliche Lebenspartnerschaft als Ehe zu bezeichnen, entgegnete Kramp-Knarrenbauer: «Das ist mehr als Symbolik. Es stellt sich die Frage, ob wir grundlegende Definitionen unserer Gesellschaft verändern wollen, und zwar mit womöglich weitreichenden Folgen. Wir haben in der Bundesrepublik bisher eine klare Definition der Ehe als Gemeinschaft von Mann und Frau. Wenn wir diese Definition öffnen in eine auf Dauer angelegte Verantwortungspartnerschaft zweier erwachsener Menschen, sind andere Forderungen nicht auszuschliessen: etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen. Wollen wir das wirklich?»

«Die Mehrheit meint, sie sei die Minderheit – und schweigt»

Wie die «Frankfurter Allgemeine» berichtet, stellte sich die Landesleitung der CDU hinter die Aussagen der Ministerpräsidentin: «Dem Interview ist nichts hinzuzufügen.» CDU-Generalsekretär Roland Theis bezeichnete es als «bösartige Missinterpretation», Kramp-Karrenbauer vorzuwerfen, sie setze gleichgeschlechtliche Partnerschaften mit Polygamie oder Inzest gleich. Sie habe nur auf die möglichen legalen Folgen einer Öffnung der Ehe aufmerksam gemacht.

Aus CDU-Parteikreisen hiess es weiter, man habe auf das Interview hin zahlreiche Rückmeldungen erhalten – sowohl Zustimmung als auch Ablehnung. Generell habe es viele Bürger gegeben, die ihre Genugtuung darüber ausgedrückt hätten, dass wenigstens Kramp-Karrenbauer eine zentrale Position der Partei nicht aufgeben wolle. «In der Debatte um die Homo-Ehe komme ich mir vor wie in der Schweigespirale von Noelle-Neumann», sagte jemand aus Kramp-Karrenbauers Umfeld. «Die Mehrheit glaubt, sie sei die Minderheit und schweigt.»

Zum Thema:
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Datum: 11.06.2015
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Saarbrückner Zeitung / Frankfurter Allgemeine

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