Sexualerziehung: Just do it

Die eigene Biografie bearbeiten

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Wer wir (geworden) sind, prägt Kinder weit mehr als das, was wir als Eltern sagen oder tun. Ein Blick auf die eigene sexuelle Biografie und die daraus gewachsenen Einstellungen und Prägungen lohnt sich deshalb unbedingt.

Eltern geben weiter, was sie in ihrer eigenen Biografie erfahren, gelernt und verinnerlicht haben. Auch und gerade, wenn es um den sensiblen Lebensbereich Sexualität geht. Wie wir unsere eigene Aufklärung erlebt haben, wirkt sich darauf aus, wie wir mit unseren Kindern über Körper, Liebe und Sexualität sprechen. Welchen Zugang wir zu unserem Leib und zu unserer eigenen Geschlechtlichkeit gefunden haben und wie wir als Paar sexuelle Intimität leben prägt das, was wir unseren Kindern vermitteln. Ob wir uns in unserem Mann- oder Frausein wohlfühlen, hat Auswirkungen darauf, ob wir unsere Kinder von Herzen in ihrem Mädchen- oder Junge sein annehmen und wertschätzen können.

Verletzende Erfahrungen und seelische Wunden

Nur wenige Eltern haben in Bezug auf den verletzlichen Lebensbereich Sexualität  eine «heile» Biografie. Sexistische Äusserungen, anzügliche Blicke, verstörende Bilder und erlebte oder beobachtete Grenzüberschreitungen hinterliessen ihre Spuren und es besteht die Gefahr, dass die eigenen Kinder die Folgen zu spüren bekommen. Dass Mütter beispielsweise Mühe haben, ihre Söhne in ihrem Mann-werden zu bestätigen oder dass Väter ihre Töchter unbewusst ablehnen, weil diese schmerzhafte Erfahrungen mit Frauen «abrufen». Die eigene sexuelle Lerngeschichte prägt die bewusste und die unbewusste Kommunikation mit unseren Kindern. Manche Eltern sprechen nie über Sexualität, weil das Thema mit tiefen Ängsten und Scham besetzt oder durch traumatische Erfahrungen belastet ist. Oder weil sie finden, sie hätten es «selber nicht gut gemacht» und könnten deshalb auch ihren Kindern und Teenagern keine Hilfe sein. Was einfach nur schade ist und junge Menschen mit ihren Anliegen und Fragen allein lässt.

Die eigene sexuelle Biografie bearbeiten

Wie auch immer unsere eigene sexuelle Lerngeschichte aussieht: Als Eltern können wir Kindern einen wertschätzenden Zugang zu Sexualität eröffnen, wenn wir unsere eigene Geschichte anschauen und bearbeiten. Wo Fehler passiert sind, dürfen wir Vergebung in Anspruch nehmen und werden frei unseren Nachwuchs zu ermutigen, einen anderen Weg zu gehen. Kinder freizusetzen, es «besser» machen zu dürfen als wir Eltern, ist ein göttliches Prinzip. Weil Jesus unsere Schmerzen, destruktive Prägungen und Schuld auf sich genommen hat, müssen diese nicht mehr von Generation zu Generation weitergegeben werden. Insbesondere bei schwerwiegenden Erfahrungen kann es notwendig sein, dass wir als Eltern kompetente Hilfe in Anspruch nehmen. Nicht immer ein leichter, aber ein unendlich wichtiger Schritt: Wer die eigene Geschichte anschaut, setzt die nächste Generation frei. Auch und gerade für einen liebevollen, beziehungsstärkenden und wertschätzenden Umgang mit Intimität und Sexualität.

Zur Autorin:

Regula Lehmann ist verheiratet und Mutter von vier erwachsenen Kindern. Die gelernte Familienhelferin leitet die Ehe-und Familienprojekte der Stiftung Zukunft CH und arbeitet daneben freiberuflich als Referentin, Kursleiterin, Elterncoach und Autorin. Ihr Ratgeber «Sexualerziehung? Familiensache!» erschien 2011 im fontis-verlag.

Zum Thema:
Dossier Sexualerziehung
Sexualerziehung: Just do it: Welterforscher und Doktorspiele
Sexualerziehung: Just do it: Wer sind die Experten?
Sexualerziehung: Just do it: Der richtige Zeitpunkt

Datum: 07.08.2019
Autor: Regula Lehmann
Quelle: Livenet

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