Vorbild der Barmherzigkeit

Mutter Teresa wird heiliggesprochen

Die unscheinbare kleine Frau war eine der ganz Grossen. Ihr Einsatz für die Ärmsten der Armen im indischen Kalkutta machte Mutter Teresa weltberühmt. Wie der Vatikan in dieser Woche bekanntgab, wird Papst Franziskus sie am 4. September heiligsprechen.

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Mutter Teresa
Die aus Albanien stammende Ordensgründerin und Friedensnobelpreisträgerin wurde auf Betreiben von Papst Johannes Paul II. bereits 2003, nur sechs Jahre nach ihrem Tod, seliggesprochen. 13 Jahre später bezeichnet die katholische Kirche den «Engel der Armen» nun als Heilige. Der Vatikan setzt damit einen der Höhepunkte im laufenden «Heiligen Jahr der Barmherzigkeit».

Vorbild für christliche Nächstenliebe

Die bekannteste Nonne der Welt kam am 27. August 1910 als Agnes Bojaxhiu in Albanien zur Welt. Mit 18 Jahren trat sie dem katholischen Orden der Loreto-Schwestern bei. Im Noviziat und ihren ersten Jahren als Nonne engagierte sie sich als Lehrerin und später Direktorin einer indischen Klosterschule. Nach fast 20 Jahren änderte sich das scheinbar vorgezeichnete Leben der Nonne jedoch grundlegend. Sie hatte den Ruf Gottes gehört – und der berief sie weg von den Reichen, hin zu den Ärmsten in die Slums von Kalkutta.

Es dauerte Jahre, bis sie ihren Leitern diese Berufung deutlich machen konnte, doch 1950 durfte Mutter Teresa den Orden der «Missionarinnen der Nächstenliebe» gründen. Seit dieser Zeit kümmerte sie sich um Menschen am unteren Rand der Gesellschaft bis hin zu Todkranken. Dieses Engagement brachte ihr den Beinamen «Engel der Armen» und 1979 den Friedensnobelpreis ein. In einer Zeit, in der die Grosskirchen zunehmend als unglaubwürdig eingeschätzt wurden, entwickelte sie sich zu einem Vorbild für Gläubige und Nicht-Gläubige auf der ganzen Welt.

Engagement für die Ärmsten und Kritik

Mutter Teresas Einsatz für Arme, Obdachlose, Hungrige und Kranke zog nicht nur diese an. Aus der ganzen Welt kamen Menschen zu ihr nach Kalkutta, um sie zu unterstützen. Im Laufe der Jahre gründeten die «Missionarinnen der Nächstenliebe» über 350 Niederlassungen in rund 80 Staaten weltweit. Schon früh waren auch sogenannte geschlossene Länder der kommunistischen Welt dabei. Die unpolitische Haltung und der engagierte Einsatz der Nonnen überzeugten selbst diese Regimes.

Trotz ihrer wachsenden Bekanntheit ging Mutter Teresa inhaltlich keine Kompromisse ein. Vehement trat sie ihr Leben lang für ein Recht auf Leben und gegen Abtreibung ein. Papst Franziskus erklärte in seinem Votum für ihre Heiligsprechung, dass er sie als eine Frau kennengelernt habe, die «immer das sagte, was sie sagen wollte». Auch ihr missionarischer Einsatz erntete zum Teil harsche Kritik, denn ewiges Leben war der Ordensfrau stets wichtiger als äussere Gesundheit. «Gott hat uns nicht gerufen, um erfolgreich, sondern um gläubig zu sein», stellte sie einmal fest. Mutter Teresa starb 1997 im Alter von 87 Jahren.

Die dunkle Nacht der Seele

Eine ganze Weile nach ihrem Tod wurden die Tagebücher von Mutter Teresa auszugsweise veröffentlicht. Diese warfen ein ganz neues Licht auf das Leben der tiefgläubigen Nonne. Klar und deutlich hatte sie ihre Berufung erlebt und enthusiastisch ihren Dienst begonnen, doch von dem Moment an war quasi «Funkstille». Mutter Teresa hörte Gott nicht mehr, hatte im Gegenteil den Eindruck, dass er sich von ihr zurückgezogen hätte. Ihrem Beichtvater schrieb sie: «Ich fühle, dass Gott mich nicht will und dass Gott nicht Gott ist und dass es ihn nicht wirklich gibt.» Und dieser Zustand war keineswegs vorübergehend – die Dunkelheit und Leere in ihr dauerten Jahrzehnte. Vergeblich versuchte man einen Exorzismus bei ihr. Ihre Depressionen und Glaubenskämpfe blieben. Umso höher ist Mutter Teresas ungebrochener Einsatz zu bewerten, der trotz ihrer Probleme nie so etwas wie «Show» wurde.

Vorbild und Heilige

Das katholische Verständnis einer «Heiligen» unterscheidet sich deutlich von dem, was die Bibel selbst darunter versteht. Hier sind es weder gute Taten noch Wunder, die Menschen nach ihrem Ableben als Heilige auszeichnen, vielmehr ist es Gottes Herausrufen zu sich selber hin, welches Menschen bereits zu Lebzeiten heiligt. Unabhängig davon ist und bleibt Agnes Bojaxhiu ein Vorbild im Glauben und in der tätigen Nächstenliebe. Nicht umsonst ist sie bis heute ein Beispiel für Jung und Alt. Ihre Depressionen lassen sie zwar «menschlicher» erscheinen, gleichzeitig ist Mutter Teresa dadurch in der Achtung vieler eher noch gestiegen. Deshalb soll sie am Sonntag, den 4. September, in Rom heiliggesprochen werden, einen Tag vor ihrem 19. Todestag.

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Datum: 17.03.2016
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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