In
Griechenlands ultra-orthodoxen Kreisen herrscht grosse Aufregung über eine
evangelistische Sommeraktion evangelischer Christen.
Jugendlicher überreicht einem älteren Griechen ein Bibelpäckchen.
Dabei geht es um eine Verteilung des Neuen
Testaments an alle Haushalte unter dem Motto «Das Evangelium in jedes Haus» im nordgriechischen
Grossraum zwischen Ionischem und Ägäischem Meer. Bis vor wenigen Jahren wären
solche Aktivitäten einfach von der Polizei unterbunden worden. Während 500
Jahren Türkenherrschaft am Balkan durfte nur der vorherrschende Islam für sich
werben. Christen, Juden und andere waren auf gottesdienstliche Handlungen in
ihren – wenigen – Gotteshäusern beschränkt.
Mehr Freiheit unter Regierung Tsipras
Das moderne Griechenland behielt dieses
System bei, setzte aber die orthodoxe Kirche an die Stelle des zuvor
dominierenden Islams. Evangelische und katholische Christen mussten sich in
unauffällige Bethäuser zurückziehen und durften nicht öffentlich auftreten. Das
wurde als «Proselytismus» bestraft. Erst die säkulare Linksregierung von Alexis
Tsipras begann ab 2015, die Privilegien der Orthodoxen und die Diskriminierung
aller Andersgläubigen abzubauen.
«Ketzerische Bibeln» austauschen
Somit kann die Orthodoxe Kirche nicht mehr
mit der Beihilfe staatlicher Gewalt rechnen. Einzelne Bischöfe begannen daher,
die Bibelverteilungen zu verketzern und jenen Familien, die «Evangeliums-Pakete» behielten, mit Höllenstrafen zu drohen. Zu der
Verteilaktion, die von der «Griechischen Missionsvereinigung» gemeinsam mit «Operation Joshua» vom 3. bis 12. Juli in den Landkreisen Ioannina, Thesprotia,
Preveza, Grevena und Trikkala durchgeführt werden soll, hat jetzt sogar der
Bischofssynode der Kirche von Griechenland Stellung genommen. Er wies alle
Haushaltsvorstände an, diese «ketzerischen» Ausgaben des Neuen Testaments ihrem
Pfarrer abzuliefern und gegen ein «orthodoxes Evangelium» einzutauschen.
Bei den Orthodoxen Griechenlands und
überhaupt in der ganzen orthodoxen Welt finden sich wohl Ikonen, Gebetbücher
und Heiligenlegenden bei jeder Familie. Das Neue Testament oder gar eine
komplette Bibel haben aber Seltenheitswert.
Bibel
in modernem Griechisch gilt als ketzerisch
Die Ketzerei in den zur Verteilung
vorgesehenen Neuen Testamenten besteht darin, dass sie in die heutige,
allgemein verständliche griechische Volkssprache übersetzt sind. Die Orthodoxie
betrachtet hingegen die altgriechische Urfassung der neutestamentlichen
Schriften als allein gültig. Zwar gibt es alte Übersetzungen ins
Kirchenslawische oder Georgische und seit dem 20. Jahrhundert auch in neue Sprachen.
Doch müssen diese von orthodoxen Philologen und Theologen erarbeitet und von
den kirchlichen Autoritäten genehmigt sein.
Die Feindseligkeit von Griechenlands
orthodoxer Kirchenführung richtet sich aber weniger gegen die Neuen Testamente
als solche, als gegen die Urheber der Aktion «Das Evangelium in jedes Haus».
Aktion
gegen biblische Unwissenheit
Die «Griechische Missionsvereinigung» wurde vom ehemaligen Neu-Guinea-Missionar Kostas Makris gegründet, der 1981 nach
Griechenland zurückkehrte. Die Bewegung wird dort allgemein als «neoprotestantisch» betrachtet. Der «Sektenbeauftragte» der griechischen
Kirche, Antonios Alevizopoulos, wirft Makris sogar vor, die Orthodoxen nicht
als wahre Christen anzuerkennen und ihre Missionierung zu betreiben.
Die «Operation Joshua»
ist eine internationale Bewegung, die auch ein «Greek Ministry» unterhält.
Obwohl Griechenland das erste Land Europas war, in dem mit dem Apostel Paulus
das Christentum Fuss fasste, habe es heute eine Neuevangelisation nötig, so die
Operation Joshua. Die grosse Mehrheit der Bevölkerung lebe in Unwissenheit über
die wahre Botschaft des Evangeliums.