Kontroverse unter Evangelikalen

Parzany will neue Bekenntnisbewegung gründen

Ulrich Parzany, der bekannte evangelische Theologe und langjährige ProChrist-Redner, plant die Gründung einer neuen Bewegung «Bibel und Bekenntnis». Anlass ist die Auseinandersetzung mit dem Allianzvorsitzenden Michael Diener nach einem Zeitungsinterview.

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Ulrich Parzany
Michael Diener (53), Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes und ehrenamtlicher Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz, äusserte sich gegenüber der Zeitschrift «Die Welt» zu verschiedenen Themen, die innerhalb der Christenheit Spannungen erzeugen. Er betonte sein Festhalten an Mission und unterstrich, dass es durch unterschiedliche Biografien von Christen auch unterschiedliche Glaubensformen geben müsse. Und er äusserte sich dazu, dass er persönlich zwar keinen «Auftrag an die Kirche zur Segnung homosexueller Beziehungen und deren Gleichstellung mit der Ehe von Mann und Frau» sähe, gleichzeitig aber gelernt habe «anzuerkennen, dass Menschen bei dieser Frage die Bibel anders lesen».

Die mediale Auseinandersetzung

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Michael Diener, ehrenamtlicher Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz

Besonders mit dieser Äusserung stiess Diener auf deutliche Zustimmung und gleichzeitig heftige Gegenwehr vieler. Ulrich Parzany (74) antwortete auf sein Interview mit einem programmatischen offenen Brief. Wo Parzany und Diener von «Sorge» und «Selbstkritik» sprachen, wurden zahlreiche Kommentatoren in den sozialen Netzwerken deutlicher, unsachlicher, verletzender. Gewiss, manche Fragen müssen öffentlich diskutiert werden, doch diese Art Öffentlichkeit schadet definitiv beiden Positionen und ihren Vertretern.

Ein Netzwerk «Bibel und Bekenntnis»

Parzanys Lösungsansatz ist laut Nachrichtenmagazin idea «die Gründung eines deutschlandweiten 'Netzwerks Bibel und Bekenntnis'». Der Pfarrer im Ruhestand sieht darin «ein hilfreiches Instrument…, die biblische Orientierung der Christen zu fördern», denn «bestehende bundesweite Bewegungen [haben] ihre Integrationskraft verloren oder finden in den aktuellen kontroversen Themen nicht zu gemeinsamen Überzeugungen». Um die 60 bislang nicht genannte Wortführer aus der evangelikalen Bewegung hat er daher für den 23. Januar zu einem Treffen eingeladen. Kommen werden laut Interview des Medienmagazins pro mit Parzany diejenigen, «die mit mir der Meinung sind, dass wir als Evangelikale Klärungsbedarf haben». Ziel könnte eine inhaltliche Zuspitzung der Aktion «Zeit zum Aufstehen» sein oder gemeinsame Bekenntnistage, zum Beispiel beim Reformationsjubiläum am 3. Oktober 2017.

Kommentar: (K)eine Konkurrenz?

Auf Nachfrage von Pro versicherte Parzany: «Ich will keine Konkurrenz zur Evangelischen Allianz.» Er wolle die evangelikale Bewegung nicht spalten, sondern sie stärken. Wie dies geschehen soll, wenn man die Vertreter der eigenen Meinung ein- und diejenigen mit einer anderen Meinung auslädt, erklärte Parzany dabei nicht. Sowohl Michael Diener als auch Ulrich Parzany verstehen ihre Positionen als «Ruf zur Mitte». Doch die Mitte der christlichen Kirche ist kein Dogma, keine Meinung, sondern die Person Jesus Christus. In dem Masse, wie das Sendungsbewusstsein der Kritiker an Michael Diener wächst, steigt die Gefahr, dass am Ende eben doch eine Konkurrenzbewegung steht – die Geschichte der evangelikalen Bewegung liefert leider zahllose Vorbilder dafür.

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Redaktor Hauke Burgarth
Ich bin nicht in der Position, hier eine echte Lösung vorzuschlagen, doch mir geht etwas völlig Radikales durch den Kopf: Wie wäre es, wenn wir anfangen, mit- statt übereinander zu reden. Die Gemeinsamkeiten zu feiern und die Kontroversen zu diskutieren. Ich weiss, das kostet unendlich viel mehr Kraft, Demut und Geduld als ein medienwirksamer Schulterschluss mit Gleichgesinnten. Aber ich schätze, solch eine Begegnung hätte geradezu biblisches Potenzial: «An eurer Liebe zueinander wird jeder erkennen, dass ihr meine Jünger seid.» (Die Bibel, Johannesevangelium Kapitel 13, Vers 35)

Zum Thema:
Ulrich Parzany: «Der Kirche fehlt die Leidenschaft zur Evangelisation»Pro-Medienmagazin: Keine Konkurrenz zur Evangelischen Allianz
Michael Diener: «Keine Lust auf Schubladendenken»

Datum: 14.01.2016
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

Kommentare

Ich bin mir sicher, dass Ulrich Parzany auch schon oft und mit vielen über diese Fragen gesprochen hat. Aber es gibt den Punkt, wo man aufstehen muss und in der Öffentlichkeit sagen muss: Das geht nicht! - Zumal wenn Michael Diener auch ganz bewusst an die Öffentlichkeit getreten ist mir seiner Meinung. Der Streit muss sachlich und liebevoll bleiben - aber der Streit muss sein um der Wahrheit willen und damit letztlich um Christi willen.
Die eigentliche Verantwortung für die ganze Aufregung liegt nicht bei Michael Diener, sondern beim Wahlgremium, das ihn in diese leitende Stellung berufen hat. Diener vertritt nur seine Überzeugungen, die er schon immer hatte. Das Wahlgremium muss im Voraus die Kriterien festlegen, die ihm wichtig sind und diese beim Bewerbungsgespräch dann auch abfragen. Es sollte also nicht um Michael Diener gehen, sondern um die Wahlkriterien für dieses Amt.
Absolut einverstanden: Die Mitte ist und bleibt Jesus Christus. Aber die Liebe zu unserem gemeinsamen Herrn drückt sich bekanntlich nicht in schönen und frommen Worten aus, sondern darin, dass wir seine Gebote halten (Joh 14,15). Es bestehen mehr als nur Zweifel, ob Jesus praktizierte Sexualität ausserhalb der Ehe von Mann und Frau akzeptiert. Evangelikale haben leider die Unsitte, dass sie aus allen unangenehmen Themen ein Tabu machen, statt darüber zu streiten. Parzani hat diesen Streit entfacht - und das ist auch richtig, denn sonst entfernen wir uns immer weiter weg von den Geboten Gottes.

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