Die «Housy»-WG im Emmental

Mit 27 Mitbewohnerin unter einem Dach

Eine WG mit 28 Leuten, kann das funktionieren? Eine Frage, die die Bewohnerinnen und Bewohner des «Housy» in Rüegsau im Emmental immer wieder zu hören bekommen.

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Die Gross-WG «Housy»
Noemi Klopfenstein, eine junge Familienfrau, die mit ihrem Mann Beat und dem kleinen Elia im ehemaligen Landgasthof Sonne in Rüegsau zuhause ist, mag das Leben in der Gross-WG: «Ich wüsste nicht, wie ich ohne die Gemeinschaft auskommen sollte!»

Füreinander da sein

Vor drei Jahren ist die Gross- WG «Housy» – der Name ist vom englischen «house» abgeleitet – von Burgdorf hierhergezogen. Das vierstöckige Gebäude wurde sorgfältig renoviert und auf die Bedürfnisse der neuen Nutzer ausgelegt. Es gibt Einzelzimmer und komplette Wohnungen, schön eingerichtete Gemeinschaftsräume und einen grossen Aussenbereich. Das Herz der WG ist die moderne Wohnküche, die frühere Gaststube des Restaurants.

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Die «Housy»-WG von Aussen.
Jeder Bewohner kocht etwa einmal pro Woche entweder mittags oder abends für alle, die mitessen wollen, kann sich aber ansonsten an den gedeckten Tisch setzen. Für Noemi, die junge Mutter, eine grosse Entlastung. Es ist eine lebhafte, bunte, fröhliche Mischung von Leuten im Alter von ein bis knapp 40 Jahren: vier Ehepaare mit zusammen sechs Kindern und ein Dutzend Einzelpersonen – Lehrer, Pflegefachfrauen, Mechaniker, Buschauffeur, Ingenieur, aber auch drei eritreische Flüchtlingsfrauen – gehören zur Gemeinschaft, in deren Leitbild es heisst: «Wir teilen das Leben und sind füreinander da.» Auch Menschen in schwierigen Lebenssituationen haben Platz. Ein Ersatz für betreutes Wohnen ist die WG aber nicht, wie Sarah von Gunten, eine «Housyanerin» der ersten Stunde, erklärt.

Eigenverantwortung ist wichtig

Dass in einer so grossen Gruppe nicht alle gleich ticken, ist klar. Das ist bereichernd und erweitert den eigenen Horizont, kann aber auch zu Konflikten führen, etwa wenn einer immer das schmutzige Geschirr stehen lässt. Dann sind die Mitbewohner gefordert, den Kollegen respektvoll auf sein Versäumnis hinzuweisen. Denn einen «WG-Chef», an den man solche Probleme delegieren könnte, gibt es nicht. Eigenverantwortung zu übernehmen, die Bereitschaft, Fehler zu verzeihen und den anderen grundsätzlich so zu akzeptieren, wie er ist, gehören zu den christlichen Werten, die den Housy- Bewohnern als Richtschnur dienen.

Die Strukturen der Wohngemeinschaft sind bewusst knapp gehalten: Das «Handbuch» mit den Hausregeln kommt mit drei Seiten aus, und natürlich hat jeder sein Ämtli. Alles Wichtige wird am wöchentlichen WG-Abend besprochen. Dieser wird einmal im Monat als «geistlicher Abend» gestaltet, an dem Themen rund um den Glauben, gemeinsames Gebet und Gesang Platz finden. Der Glaube an Gott ist  ein verbindendes Element in der WG: Die meisten Bewohner besuchen eine Frei- oder Landeskirche in der Region.

Vieles ergibt sich spontan

Wichtig für die Kommunikation im weitläufigen Haus ist die WG-eigene Whatsapp-Gruppe: Wer etwa Lust auf einen gemeinsamen Film- oder Spielabend hat, tut dies im Chat kund und findet – anders als vielleicht in einer WG mit nur drei oder vier Leuten – bestimmt ein paar Gleichgesinnte. Bei vielerlei Alltagsfragen weiss angesichts der geballten Lebens- und Berufserfahrung der «Housy»-Bewohner bestimmt jemand guten Rat. Und wer mal kurzfristig einen Babysitter braucht, muss meist nicht lange suchen. Auch Gastfreundlichkeit wird grossgeschrieben, etwa beim jährlichen WG-Fest, zu dem alle Interessierten eingeladen sind oder beim Nachbarschaftsbrunch.

Aber wäre es manchmal nicht doch einfacher, seine eigenen vier Wände und mehr Privatsphäre zu haben? Sarah hat es ausprobiert: Als die Familiengründung anstand, zog sie mit ihrem Mann in eine eigene Wohnung. Doch schon nach wenigen Monaten war klar: «Wir wollen zurück ins ‹Housy›!»

Dieser Beitrag stammt aus der Verteilzeitung «Viertelstunde für den Glauben» der Schweizerischen Evangelischen Allianz. Informationen zur Bestellung finden Sie hier.

Zum Thema:
Bloomell Coffeehouse: «Ein Netz bauen, das trägt»
WG-Zimmer für Flüchtlinge: «Kein Mensch ist illegal»
«House of Peace»: Zufalls-Gemeinschaft - kann das funktionieren?

Datum: 04.12.2017
Autor: Mathias Rellstab
Quelle: SEA / Viertelstunde für den Glauben

Kommentare

... Als ich vor drei Jahren ins Housy gezogen bin, hätte ich mir nie gedacht, dass ich 2.5 Jahre bleiben werde. Von der 1 Zimmerwohnung in eine riesen WG. Jawohl und es hat funktioniert und sogar Spass gemacht. Von Herzen bin ich dankbar für alles was ich in dieser Zeit lernen durfte, sei es für 20 Personen zu kochen oder mit so unterschiedlichen Menschen zusammen zu leben. In der Zeit im Housy wurde meine Persönlichkeit geformt und eine tolle Grundlage gelegt für meine neue Rolle als Familienfrau.

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