Das «Wunder» von Elazig

Alte evangelische Kirche hielt Erdbeben stand

Die evangelischen Christen der Türkei sind überzeugt, dass der Herr mit der Bewahrung ihrer missbrauchten Kirche in Elazig ein Zeichen für die Verkündigung unter den türkischen Nichtchristen gesetzt hat.

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Die alte evangelische Kirche in der Türkei, welche das Erdbeben stand hielt.
In der Nacht auf den 25. Januar, bei klirrender Kälte, Schnee und Eis öffnen sich im osttürkischen Elazig die Pforten der Hölle: Der Boden hebt und senkt sich, Risse klaffen auf, verschlingen Mensch und Tier, stürzen Wände und Dächer über sie.

Alte armenische Kirche bietet Schutz

Zwar ist die Türkei ein Land häufiger Erdbeben, doch diese seismischen Erschütterungen bis zu einer Stärke von 6,8 haben es in sich. Nirgendwo scheint es Schutz und Rettung zu geben – nur die Wände der alten evangelischen Kirche halten stand, bieten aufrecht Schutz und jenen das Überleben, die in diese Zuflucht gerannt sind. Ausserhalb davon sind gegen 40 Tote und 2000 Verletzte zu beklagen.

Gibt es noch Christen hier?

«Das war die Hand Gottes», bekennt der Elektriker Yusuf, gläubiger Muslim und den Christen bisher nicht besonders wohlgesinnt. «Wir müssen unsere Dankbarkeit zeigen, die Kirchenruine darf nicht länger als Abstellort für Lastwagen und andere Autos missbraucht werden. Aber gibt es noch Christen in Elazig?» – Ein bisher schweigsamer Alter mit Hakennase im markanten Gesicht, dessen Augen trotz der Katastrophe froh leuchten, mischt sich ins Gespräch: «Das weiss ich nicht. Früher jedoch gab es gerade in unserer Stadt besonders viele evangelische Armenier. Meine Grossmutter gehörte zu ihnen. Sie und unsere Familie haben im Verborgenen die Massaker überlebt. Aber nach dem Wunder dieser Nacht bekenne ich vor unserer alten Kirche ohne Angst: Ja, ich bin evangelischer Christ!»

Eine Folge der Reformation

Die Armenisch-Apostolische Kirche ist mit den orthodoxen Bulgaren eine der wenigen, die sich in ihrer Gesamtheit der Reformation geöffnet hatte. Waren es in Bulgarien Methodisten, die dieser Hoffnung ganz nahe kamen, so ging die Erneuerung bei den Armeniern von amerikanischen Missionaren aus. Es entstand eine «pietistische Bewegung», die sich als Ecclesiola (deutsch: Kirchlein) verstand und innerhalb der armenischen Orthodoxie als Sauerteig der Verinnerlichung wirken wollte. Die Kirchenführung stiess sie jedoch aus. 1841 entstand die eigene Armenische Evangelische Kirche, die bald auch vom Sultan anerkannt wurde.

Nach dem Genozid zur Toilette umfunktioniert

Im Hauptverbreitungsgebiet der Armenier – unter asiatischen Türken und zum Teil fanatischen Kurden – blieb diese Anerkennung jedoch ziemlich wirkungslos. Erst als der Reformsultan Abdül Aziz 1866 die neue Musterstadt Mamuretül-Aziz gründete, konnte dort die nach Konstantinopel erste und grösste evangelische Kirche im Osmanischen Reich errichtet werden. Nach den politischen Umbrüchen im frühen 20. Jahrhundert wurde die Stadt in Elazig umbenannt. Und aus der armenischen Kirche im Genozid-Jahr 1915 wurde eine öffentliche Bedürfnisanstalt. Später nistete sich darin eine Mehlfabrik ein, bis seit den 1970er Jahren im Inneren und rundum der zentrale Parkplatz entstand.

Ein Zeichen Gottes

Das soll er nun aber nicht mehr bleiben. Die lokale türkische Presse, und vor allem die gesamttürkische armenische Wochenzeitung «Agos» (Furche) haben das Erbeben-Wunder von Elazig schon weithin bekannt gemacht. In der Stadt bildete sich sofort eine Bürgerinitiative, die eine Wiederherstellung des Gotteshauses, seine Rückgabe an die Armenische Evangelische Kirche und Offenheit für alle Glaubenden als Dankesstätte für Gottes Schutz und Schirm in dieser Erdbebennot erreichen will. Die evangelischen Christen der Türkei sind überzeugt, dass der Herr selbst in Elazig ein Zeichen für die Verkündigung seines Evangeliums unter den türkischen Nichtchristen gesetzt hat. Und dies zur Erfüllung eines Anliegens, das schon die ersten armenischen «Pietisten» in Punkt 12 ihres Glaubensbekenntnisses vom 1. Juli 1846 zu ihrem Auftrag erklärt hatten.

Zum Thema:
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Datum: 29.01.2020
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet

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