Nach fataler Fehleinschätzung

Pastor John Ortberg legt sein Amt nieder

Der auch im deutschsprachigen Raum bekannte Pastor und Autor John Ortberg legt sein Amt in der Menlo Church zum 2. August nieder. Der Grund: Sein Sohn fühlt sich zu Kindern hingezogen – trotzdem liess er ihn wissentlich weiter mit ihnen arbeiten. Ortberg war die letzten 17 Jahre Pastor der Megachurch im Silicon Valley.

Zoom
John Ortberg (Bild: Flickr)
Anders als bei Bill Hybels sind es beim Pastor und Autor John Ortberg keine tatsächlichen, beziehungsweise mutmasslichen persönlichen sexuellen Grenzüberschreitungen, die zu seinem Rücktritt geführt haben. «Es ist die fehlende Initiative im falschen Moment und der daraus resultierende Vertrauensbruch», wie Jesus.de im Artikel vom 30.07.2020 treffend analysiert.

Was war geschehen?

Bereits im Juli 2018 soll der Pastor der Megakirche in der kalifornischen Bay-Area erfahren haben, dass sein jüngerer Sohn sich zu Kindern sexuell hingezogen fühlt. Ortberg betete für ihn, empfahl seinem Sohn Beratung. Doch sonst wurde er nicht aktiv. Weder informierte er den Ältestenrat oder die Gemeinde über das Geständnis, noch zog er seinen Sohn aus der ehrenamtlichen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zurück.

Bis November 2019 blieb dies unentdeckt. Dann meldete sich Daniel Lavery, ebenfalls ein Sohn Ortbergs, bei der Gemeinde. Er erzählt, ein Freiwilliger der Menlo Church habe ihm seine Anziehung zu Kindern gestanden. Auch sein Vater wisse davon, habe jedoch nichts unternommen. Dass dieser Ehrenamtler der jüngste Sohn des Pastors ist, bleibt der Öffentlichkeit zu dem Zeitpunkt noch verborgen. Nach internen Untersuchungen wird Ortberg im Frühling 2020 zuerst wieder in sein Amt berufen.

Öffentliche Enthüllung

Der Ältestenrat hielt die Information, dass es sich bei besagtem Mitarbeiter um einen Sohn von John Ortberg handelte weiter unter Verschluss. Doch Lavery hielt es diesen Sommer nicht mehr aus: Er meldete sich auf Twitter zu Wort und zweifelte öffentlich die Gründlichkeit der Untersuchungen an. Und er nennt auch den Namen des Ehrenamtlichen: seinen Bruder. Das Vertrauen ist endgültig gebrochen, worauf Pastor Ortberg nun seinen Rücktritt anbot.

Der deutsche Pastor Lothar Krauss schreibt dazu in seinem Leiterblog (der-leiterblog.de): «Wieder einmal sehen wir, wie schnell Vertrauen verspielt ist, auch wenn es über Jahrzehnte aufgebaut wurde. Kein Erfolg kann daran etwas ändern. Vergebung kann bei aufrichtiger Umkehr immer eine Tür öffnen; der Weg geht weiter durch die Gnade. Aber ein Miteinander ist oft erst nach langer Zeit und sehr vorsichtig möglich. So wie das in allen Beziehungen zu beobachten ist.»

Pikant sei auf alle Fälle, ergänzt Lothar Krauss zum Schluss seines Blogs, «dass John Ortberg einer der Leiter ist, der den Skandal um Bill Hybels ausgelöst hat, die zu seiner Ablösung bei Willow geführt haben». Ortberg selbst war einige Jahre Teaching-Pastor bei Willow und Sprecher auf dem Summit, der jedes Jahr Anfang August stattfindet.

Drei Gründe für Weggang

Jesus.de-Autor Nathanael Ullmann führt in seinem Artikel weiter aus, wieso der Ältestenrat Ortbergs Rücktritt angenommen hat. Dazu habe die Menlo Church folgende Gründe kommuniziert: Erstens habe sein schlechtes Urteilsvermögen zu Schmerz und Vertrauensbruch geführt. Zweitens würde die Zeit, die neuen Untersuchungen abzuschliessen und das Vertrauen zurückzugewinnen, die Mission von Menlo Church zeitlich verzögern. Drittens brauche der Pastor die kommende Zeit, sich auf Heilung und Versöhnung in der eigenen Familie zu konzentrieren. Man werde nun einen Übergangspastor einstellen, der vorübergehend als Senior Pastor dienen werde.

Die Menlo Church besuchen 6'000 Gemeindemitglieder an sechs Standorten in der Bay Area/Kalifornien. In den Kindergottesdiensten werden rund 1'000 Kinder und Jugendliche betreut.

Zum Thema:
«Kein persönlicher Konflikt»: John Ortberg: «Stimmen der Frauen müssen gehört werden»
Hope to the World: Mit Zorn und Ärger umgehen
Ostersamstag: Der Tag von Gottes Schweigen

Datum: 31.07.2020
Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet / der-leiterblog.de / Jesus.de

Kommentare

Es bleibt der schlechte Geschmack im Mund, dass Transmann Daniel Lavery, dessen Verhältnis zu Vater John Ortberg und seinem Bruder schon länger stark belastet bis zerrüttet ist, jetzt seinen Vater ans Messer geliefert und aus dem Amt gehebelt hat.

Glaubensfragen & Lebenshilfe

Diese Artikel könnten Sie interessieren

Livenet-Top 5
Hunderttausende Besucher haben im Jahr 2022 auf die Seiten von Livenet und Jesus.ch geklickt und eine Vielfalt von Artikeln gelesen. Wir haben die...
Sonntag der verfolgten Kirche
Am 20. November ist der «Sonntag der verfolgten Kirche». Blasphemie-Gesetze, dschihadistische Mobs, nationalistische Strömungen – Christen leiden...
Über 20 Gemeinden
Über 20 Kirchen und Werke haben sich zur Ev. Allianz Zürich zusammengeschlossen. «Gemeinsam träumen wir von Gottes Wirken in der Stadt Zürich, wir...
Begegnungs-Tour
Inspiriert durch die Encounter Tour 2021 in Deutschland, initiiert vom Evangelisten Chris Schuller, treffen sich seit April 2022 Christen...

Anzeige

Kommentar

Regula Lehmann: Empörung ist billig
Wir befinden uns inmitten der Fastenzeit vor Ostern. Livenet-Kolumnistin Regula Lehmann fastet...