Konvertierte Muslimin sorgt für Schlagzeilen

In den USA beherrscht derzeit ein Name die Schlagzeilen: Rifqa Bary. Seit die 17-jährige Christin aus ihrem muslimischen Elternhaus geflohen ist und behauptet, ihre Eltern wollten sie wegen ihres Glauben umbringen, debattieren Muslime, Christen und Medien über die Frage: Ist Rifqa Bary ein Opfer fanatischer Muslime, oder wird sie von konservativen Christen benutzt, um antiislamische Stimmung zu machen?

Rifqa Bary trägt ein silbernes Kreuz um den Hals. Dieses Kreuz ist ihre Geschichte. In den vergangenen Wochen erzählte sie diese einem Fernsehsender in Florida und löste damit einen Sturm der Entrüstung aus. Rifqa Bary kämpft für ihre Freiheit, sagt sie. Und für ihren Glauben. Traut man ihren Worten, so könnte sie bald Opfer eines sogenannten "Ehrenmordes" werden. Denn die 17-Jährige war einst Muslimin, lebte in Ohio und besuchte regelmässig die Moschee.

Medien glauben ihr nicht

Heute trägt sie dieses Kreuz und lebt in Florida. Sie ist von zu Hause geflohen – aus Angst vor ihren Eltern, sagt sie. "In 150 Generationen meiner Familie hat niemand Jesus gekannt. Ich bin die erste – stellen Sie sich die Ehrungen für den Mord an mir vor." Rifqa Barys Stimme bricht bei dem knapp siebenminütigen Interview immer wieder. Wenn sie sich erinnert, reisst sie die Augen oft erschreckt auf. Sie sagt, dass sie niemand versteht – und tatsächlich glauben ihr die Medien nicht. Um zu verstehen warum, muss man mehr wissen über Rifqa Bary, sich durch die zahlreichen Medienberichte der vergangenen Tage wühlen und die lange Geschichte um das silberne Kreuz um ihren Hals und den Glauben in ihrem Herzen rekonstruieren.

Heimlich Christin geworden

Schon mit 13 Jahren wusste Rifqa Bary, dass sie nicht in die streng gläubige Tradition ihrer Familie aus Sri Lanka passt. Ihr Vater Mohamed, ihre Mutter Aysha und ihre Geschwister besuchen regelmässig eine Moschee namens "Noor Islamic Center", der Kontakte zu Hamas und Al Qaida nachgesagt werden, auch wenn es dafür keine eindeutigen Belege gibt.

Im Jahr 2007 entschliesst sich Rifqa Bary dazu, die "Korea United Methodist Church" zu besuchen. Sie beginnt die Bibel zu lesen, zu beten – und lässt sich taufen. All das geschieht heimlich. Nur engste Vertraute wissen von ihrer Bekehrung. Sie tritt Gebetsgruppen an ihrer Schule bei, ist Cheerleaderin und besucht die Kirche – das ganz normale amerikanische Leben, könnte man meinen. Wäre da nicht dieses Geheimnis.

Schon früh bekommen auch die Eltern eine Vorahnung von den Veränderungen, die in ihrer Tochter vorgehen. 2007 finden sie das Buch "Leben mit Vision" des weltbekannten Pastors Rick Warren in ihrem Zimmer. Doch sie lassen ihre Tochter gewähren – bis 2009. Als Mohamed Bary erfährt, dass seine Tochter in der Schule eine Bibel mit sich führt, stellt er seine Tochter zur Rede. Sie solle erst einmal die eigene Religion studieren, bevor sie sich mit anderen Glaubensrichtungen beschäftige, soll er gefordert haben. Das sei schliesslich ihre Pflicht als Muslimin.

„Du bist du für mich gestorben“

Doch es bleibt nicht bei der Bibel. Rifqa ist Mitglied christlicher Gruppen im Internet-Netzwerk "Facebook". Auch das entdeckt ihr Vater und hier beginnt der Teil der Geschichte, den Muslime bestreiten, Christen als Indiz für die Gefährlichkeit des Islam und Medien als Hetzjagd gegen friedliebende amerikanische Bürger deuten: "Wenn du diesen Jesus in deinem Herzen trägst, bist du für mich gestorben", soll Mohamed Bary zu seiner Tochter gesagt haben. Wie sie selbst erklärt, fürchtete sie seitdem mehr denn je um ihr Leben." Er sagte, er würde mich umbringen oder zurück nach Sri Lanka schicken, wo sie Heime haben, in die sie Leute wie mich stecken", sagt Rifqa im Interview. Daraufhin sei sie geflohen.

Mitte Juli stieg das Mädchen in den nächsten Bus nach Florida - ihre einzige Zuflucht, denn dort lebt Familie Lorenz. Blake und seine Frau Beverly sind gläubige Christen und hatten das Mädchen ebenfalls durch "Facebook" kennengelernt. Blake Lorenz ist es auch, der seinen Schützling bei dem Fernsehinterview begleitet und tröstend im Arm hält.

Rifqas Eltern: Niemals mit Tod gedroht

Doch die Geschichte hat noch eine andere Seite. Die Barys bestreiten die Berichte ihrer Tochter. Es sei "gänzlich falsch", dass sie Rifqa jemals wegen ihrer Bekehrung mit dem Tod gedroht hätten, zitiert die Nachrichtenagentur "Associated Press": "Wir lieben sie; wir wollen sie zurück. Sie ist frei die Religion auszuüben, an die sie glaubt. Das ist in Ordnung." Craig McCarthey, der Anwalt der Familie. Er vermutet gar, dass Rifqa von konservativen Christen für ihre Zwecke benutzt wird.

Der Zeitung "Time" sagt er: "Es gibt einen grossen, grossen Unterschied zwischen nicht begeistert sein, dass Ihr Kind nicht Ihren Glauben angenommen hat, und dieses Kind töten zu wollen. Das ist eine Familie mit westlich erzogenen Kindern. Ihre Tochter ist eine Cheerleaderin." Weiter sagt er: "Man fragt sich, ob Menschen diese Angst in ihrem [Rifqas] Kopf geschürt haben, indem sie ihr gesagt haben: Das ist, was laut Koran mit dir passieren wird." Laut "Time" beobachtet die Polizei Rifqas Familie seit den Anschuldigungen intensiv, habe aber bisher keine Beweise für die Gewaltbereitschaft der Barys finden können.

Der Präsident der "Islamischen Gesellschaft von Zentralflorida", Imam Muhammad Musri, erklärte in der Fernsehsendung "Wesh 2 News", Rifqa werde von der politischen Rechten benutzt. Der Islam sei nicht barbarisch und Anschuldigungen in diese Richtung nicht wahr.

Wurde sie geschlagen?

Dennoch stehen die Anschuldigungen des Mädchens im Raum: "Ich werde innerhalb einer Woche tot sein, wenn ich zurückgehe." In Internetblogs werden Gerüchte laut, Mohamed Bary könne planen, sich mit seiner Familie nach Sri Lanka abzusetzen, sobald er seine Tochter wieder habe. Er soll sein Juweliergeschäft am 29. Juli aufgelöst haben. Der Nachrichtendienst "Newssite.com" berichtet von Freunden Rifqa Barys, die von Misshandlungen des Mädchens durch ihre Eltern gewusst und sie in Gefahr gewähnt hätten. Immer wieder sei sie mit blauen Flecken in die Schule gekommen.

Asyl in Florida

Rifqas Anwalt, John Stemberger, erklärte: "Es gibt viele friedliebende, gesetzestreue Muslime in diesem Land und sie sollten willkommen geheissen werden. Hier geht es nicht um Christentum gegen Islam. Es geht darum, was das beste Interesse für Rifqa Bary ist, ob die Bedrohung in dieser bestimmten Gesellschaft real ist und sie dort am Ende einfach in der Nacht verschwinden könnte. Normalerweise bin ich ein Verfechter der Elternrechte, aber nicht in diesem Fall." Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, hat sich mittlerweile sogar der TV-Sender "Fox News" dafür eingesetzt, dass Rifqa Bary in Florida bleiben kann und seine Zuschauer aufgefordert, E-Mails und Faxe an Gouverneur Charlie Crist zu schreiben.

Datum: 10.09.2009
Quelle: PRO Medienmagazin

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